Derzeit arbeitet eine Schreinerei in Gründau-Lieblos an rund 800 Fenstern, die einmal die Frankfurter Altstadt zieren sollen. Doch wie baut man Fenster nach historischer Optik und modernem Standard?
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Gleich am Ortseingang von Gründau-Lieblos, rund 42 Kilometer von Frankfurt entfernt, liegt das 20.000 Quadratmeter große Gelände der Bau- und Möbelschreinerei Ost. Vor 72 Jahren hat der Vater von Karlheinz Ost (Foto) das Unternehmen gegründet und schon früh streckte man die Fühler nach Frankfurt aus, wo potenzielle Kunden wohnten. In der Frankenallee unterhält die Firma daher auch ein Büro, und im Auftrag der Stadt wurden schon zahlreiche Projekte realisiert. Etwa kunstvolle Fenster im Art Déco-Stil für das Alte Klärwerk Niederrad oder Fenster für das Museum der Weltkulturen. Die Rahmen wurden jeweils aus heimischen Hölzern gefertigt, diese Nachhaltigkeit sei Ost ganz wichtig. Mit diesen und weiteren Referenzobjekten überzeugte der Schreiner dann auch die DomRömer GmbH, die derzeit Frankfurts Altstadt wieder auferstehen lässt mit 35 Altstadthäuschen, davon sind 15 Rekonstruktionen. Für insgesamt 28 von 35 Parzellen soll die Schreinerei die Fenster erstellen. „Das sind rund 800 Fenster und ungefähr acht Monate Arbeit“, sagt Karlheinz Ost.
Mitte Dezember soll die Rekonstruktion des Hauses „Zur Flechte“, am Markt 20, ihre Fenster eingesetzt bekommen. Wir haben bei einem Werkstattbesuch schon mal zugeschaut, wie die Rahmen entstehen. Altstadtfenster, da denkt man gleich an Eisblumen, die sich romantisch an den Scheiben bilden. Lässt man den Anflug von Nostalgie weg, dann wird man sich des Umstands bewusst, dass es in den windschiefen Altstadthäuschen früher bestimmt sehr zugig gewesen sein muss. So würde heute kaum einer wohnen wollen. Karlheinz Ost berichtet aber, dass sein Auftrag lautet, dafür zu sorgen, dass die Fenster dem Passivhausstandard entsprechen. Doch wie passt das zur Altstadtoptik? Des Rätsels Lösung sind insgesamt 17 Kastenfenster. Von außen bestehen sie aus wetterbeständiger Eiche und bestechen durch ihre Sprossen, von innen aber handelt es sich um ein rückwärtig versetztes Fenster mit einem Rahmen aus günstiger und wärmeisolierenderer Kiefer und einer Dreifachverglasung. Den Zwischenraum der beiden Rahmen könnte man zu dekorativen Zwecken nutzen oder gar als Kühlschrank.
Die Rahmen werden von außen mit Leinölfarbe gestrichen, erfahren wir. Diese würde zwar nach einiger Zeit verwittern, sei aber besser zu pflegen als Acrylfarbe, weil man zur Auffrischung einfach nur noch mal darüber zu streichen brauche ohne die alte Farbe abzuschleifen. Leinölfarbe habe eine mehr als 500 Jahre alte Tradition und werde gerne für Fachwerkhäuser verwendet, sagt Peter Meyer, der mit einem Schweineborstelpinsel weiße Farbe auf das Holz streicht.
Das Holz, das Ost für die Altstadtfenster benutzt wird, stammt aus dem Langener und Neu-Isenburger Forst. Die Kiefern sind durchschnittlich zwischen 90 und 120 Jahre alt, die Eichen sogar bis zu 250 Jahre alt. Die schweren Stämme werden angeliefert, in das Sägewerk befördert, wo täglich dreißig Festmeter gesägt werden, erklärt Karlheinz Ost. Es duftet überall auf dem Gelände würzig nach Holz. In einer beheizten Trockenkammer lagern die zu Brettern geschnittenen Eichenstämme bis zu zwei Monaten. In einer Werkshalle steht ein Mann mit Ohrenschützern vor einem Monitor. Von hier aus betätigt er die hochmodern erscheinende Säge- und Fräsanlage, die eckige Leisten anhebt, weiterbefördert und vollautomatisch in Form sägt, so dass die einzelnen Holzstücke in einem weiteren Arbeitsschritt manuell per Schlitz und passendem Zapfen zu einem Rahmen montiert werden können. Dann fehlen nur noch die Glasscheiben, die – anders als man es meinen könnte – dem Rahmen die Festigkeit geben und nicht umgekehrt, so Karlheinz Ost. Am 15. Dezember sollen die Kastenfenster in das Haus „Zur Flechte“ eingebaut werden.