Die geplante Architektur am Eschenheimer Turm passt nicht zu ihrer Umgebung, kritisiert der Architekt und Stadtplaner Christoph Mäckler. Auf dem Areal neben dem PalaisQuartier entstehe ein Fremdkörper.
Christoph Mäckler /
Alles was privat gebaut wird, hat auch etwas Öffentliches, denn jedes Gebäude steht im städtischen Raum. Dieser Raum wird von allen Bürgern genutzt. Er ist Allgemeingut. Dieses Allgemeingut aber muss von unseren Politikern bewahrt und geschützt werden! Einmal getroffene Entscheidungen dürfen nicht auf wackligen Beinen stehen und einfach über den Haufen geschmissen werden. Eine nachhaltige Stadtpolitik muss Qualität in unseren Stadträumen durchzusetzen, um der Allgemeinheit zu dienen.
Diese Qualität ist im Fall des ehemaligen Rundschau-Areals jedoch nicht gegeben. Politisch wurde hier ein riesiger Fehler gemacht. Man findet dort den Eschenheimer Turm, eines der ältesten Bauwerke der Stadt, Gebäude aus dem Ende des 19. Jahrhunderts und wunderschöne 50er-Jahre-Bauten – allesamt mit heller Stein- oder Putzfassade. Diesem Ensemble entgegengesetzt wird nun ein Gebäude mit einer Glas-Blech-Fassade, das die Geschichte des Ortes verleugnet, seine Maßstäblichkeit sprengt und wie ein Fremdköper im städtischen Raum zu stehen kommt. Das Haus kommt autonom daher und sagt: hier bin ich, schaut mich an. Jedoch könnte es genauso gut in Hamburg, München oder Berlin stehen, denn es nimmt keinerlei Bezug auf seine Umgebung. Ist es wirklich das, was wir heute noch wollen?
Visualisierung: Hadi Teherani
Ob eine Architektur unserer Gesellschaft angemessen ist, das ist die Frage, die wir uns stellen sollten. Das Bauwerk ist nicht einer pseudointellektuellen Argumentation eines Bauwerke sind nicht einer pseudointellektuellen Argumentation eines Architekten, sondern als Bauteile der Stadt, dem Ort und seiner kulturellen Bedeutung verpflichtet. Doch es gibt Kollegen, die bauen überall gleich, entweder mit geknautschtem Blech, ausschließlich in Glas, in Stein oder immer nur in der gleichen Farbe – doch jeder Ort hat seine eigene Geschichte. Schon 1921 schrieb A.E. Brinckmann: „Es ist notwendig, dass Architektur und Publikum aufhören, den einzelnen Bau als ein in sich geschlossenes Gebäude zu betrachten. Jedes Bau hat seine Verpflichtung gegen seine Umgebung.“ Hätte er sehen können, wie Architekten heute bauen, wäre das Zitat sicher heftiger ausgefallen.
Es ist jedoch kein Zeichen von Fortschrittsmüdigkeit oder gesellschaftlichem Konservatismus, wenn wir uns wünschen, in unserer schnelllebigen Gesellschaft an örtliche Traditionen anzuknüpfen. Ganz im Gegenteil, es ist der größte Fortschritt überhaupt, wenn es gelingt, in unserer Ich-bezogenen Gesellschaft wieder etwas Gemeinsames zu schaffen, das an örtliche Traditionen anknüpft und auch in Zukunft Bestand haben wird.
Wenn dem Investor keine Auflagen gemacht werden, kann man das als Versagen der politischen Vertreter einer Stadt betrachten. In dem Moment, in dem man versteht, dass der öffentliche Raum allen gehört, muss klar sein, dass alle Beteiligten – der Architekt, der Bauherr, die Politik – eine Verantwortung haben und nicht machen können, was sie wollen.
Der Autor gründete das Dortmunder Institut für Stadtbaukunst (DIS), das sich kritisch mit den Stadtbildern auseinandersetzt. Sein Architekturbüro befindet sich in Frankfurt am Platz der Republik.