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Debatte über Enteignungen: Kritik an Robert Habeck

„Bauen, bauen, bauen“

Am Wochenende sagte der Bundesvorsitzende der Grünen Robert Habeck in einem Interview, dass Enteignungen grundsätzlich ein denkbares Mittel im Kampf gegen die Wohnungsnot seien. Der Vorstoß stößt auf Kritik – auch in Frankfurt, wo der Wohnraummangel besonders akut ist.
Die Debatte um die zunehmende Wohnungsnot in Deutschland hat vor wenigen Tagen einen neuen Höhepunkt erreicht: In einem Interview mit der Welt am Sonntag hatte Robert Habeck, Bundesvorsitzender der Grünen, Enteignungen als eine Möglichkeit im Kampf gegen den Wohnraummangel angesprochen. Wohnen sei ein Grundrecht, sagte Habeck der Zeitung, der Wohnungsmarkt versage jedoch bereits seit Jahren und diene nicht mehr dem Gemeinwohl. Daher müsse die Politik eingreifen. „Das Grundgesetz sieht solche Enteignungen zum Allgemeinwohl ausdrücklich vor. Es wäre doch absurd, wenn wir das nur anwenden, um neue Autobahnen zu bauen, aber nicht, um gegen die grassierende Wohnungsnot vorzugehen“, sagte der Grünen-Politiker.

Habeck sieht dabei insbesondere Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) in der Pflicht. Dieser solle anordnen, alle Grundstücke der Bundesimmobiliengesellschaft zu moderaten Preisen an die Kommunen abzugeben, damit diese darauf Sozialwohnungen errichten können. Der Aufschrei ließ nicht lange auf sich warten, Kritiker befürchten den Ausbruch des Sozialismus. Gegenwind kommt von CDU, SPD und FDP. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich zu diesem Vorstoß Habecks. Die Enteignung von Wohnungskonzernen sei kein geeignetes Mittel zur Linderung der Wohnungsnot, heißt es aus dem Kanzleramt.

„Vorreiter des Sozialismus“

Auch in Frankfurt, wo der Wohnungsmangel bekanntermaßen besonders stark spürbar ist, stößt Robert Habecks Vorschlag auf Unverständnis. „Enteignungen schaffen keinen Wohnraum, sondern verhindern den Bau neuer Wohnungen, da das Schreckgespenst der staatlichen Pranke Unternehmen und Investoren davon abhalten wird, neue Wohngebäude zu errichten“, sagt Bürgermeister und Stadtkämmerer Uwe Becker (CDU). „Wenn Hausbauer die Sorge haben müssen, dass Ihnen anschließend die Wohnungen weggenommen oder gleich die ganze Firma verstaatlicht wird, werden sie nicht mehr bauen. Dass die Grünen jetzt zum Vorreiter des Sozialismus in der Wohnungspolitik werden, ist erschreckend.“

Bei der SPD sieht man das ähnlich. Nicht Enteignungen würden den Markt entspannen, sondern neuer Wohnraum. „Bauen, bauen, bauen“, sei die Lösung, sagt Thorsten Schäfer-Gümbel, stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD und Vorsitzender der hessischen Landtagsfraktion. Darauf müsse man sich konzentrieren, wenn man bezahlbare Wohnungen schaffen möchte. Außerdem benötige man einen Mietenstopp, wie ihn die SPD im vergangenen Jahr vorgeschlagen habe. Es brauche „eine Atempause für die Mieterinnen und Mieter, die aber gleichzeitig zum Bauen genutzt wird.“ Schäfer-Gümbel sieht in dem Vorstoß Habecks den Beweis für das „Versagen“ der schwarzgrünen Landesregierungen in Hessen und Schleswig-Holstein: „Wenn grüne Spitzenfunktionäre jetzt über Enteignung reden, geschieht das nur, weil sie über das Bauen und Mietenstopp nicht reden wollen. Sonst müssten sie ihre eigenen schwarzgrünen Regierungen in Schleswig-Holstein und Hessen wegen erwiesenem Versagen in den Senkel stellen.“

Enteignungen sind Einzelfälle

Stadtplanungsdezernent Mike Josef (SPD) betont, dass die Situation in Frankfurt eine andere sei als in Berlin. Die ABG Frankfurt Holding wurde nicht privatisiert und die SPD habe bereits 2012 die Privatisierung der Nassauischen Heimstätte durch das Land Hessen verhindert. „Damit haben wir unseren Einfluss auf den lokalen Wohnungsmarkt gesichert“, sagt Josef. In Frankfurt verfolge man eine Gesamtstrategie, um die Wohnungsbestände bezahlbar zu halten, so der Planungsdezernent. Enteignungen seien Einzelfälle, ein letztes Mittel bei städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen.

Josef erinnert aber auch daran, dass Enteignungen in Deutschland nie entschädigungslos seien. Robert Habeck hatte in dem Gespräch mit der Welt am Sonntag gesagt, dass auch immer gefragt werden müsse, ob Gelder, die zur Entschädigung bei einer Enteignung eingesetzt werden müssten, nicht mit größerem Effekt anders verwendet werden könnten. Laut Mike Josef sei es wichtig zu fragen, wie hoch eine angemessene Entschädigung sein sollte: „Ich meine, der Ertragswert sollte auf Basis der derzeitigen Mieten zu Grunde gelegt werden. Es kann nicht sein, dass ein Unternehmen Riesenbestände kauft, kaum investiert und nur spekulativ vom Steigen des Marktwertes bei anhaltend niedrigen Zinsen profitiert. Wie heißt es in Artikel 14 des Grundgesetzes so schön: Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen.“
 
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9. April 2019, 12.10 Uhr
Ronja Merkel
 
Ronja Merkel
Jahrgang 1989, Kunsthistorikerin, von Mai 2014 bis Oktober 2015 leitende Kunstredakteurin des JOURNAL FRANKFURT, von September 2018 bis Juni 2021 Chefredakteurin. – Mehr von Ronja Merkel >>
 
 
 
 
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