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Tugce-Prozess: drei Jahre Jugendhaft für Sanel M.
Ist das Urteil gerecht?
Ein Mensch ist tot und der Schuldige muss für drei Jahre hinter Gitter: Das Urteil beim Prozess um den Tod von Tuğçe sorgt für geteilte Meinungen. Und die Familie des Verurteilten sorgt weiterhin für Aufregung.
Drei Jahre Jugendhaft: So lautet das Urteil für Sanel. M. Richter Jens Aßling hatte den 18-Jährigen, der den Tod der Studentin Tuğçe verschuldet hat, am Dienstag nach Jugendstrafrecht verurteilt. Denn die Biografie des Angeklagten sei die "eines jungen, unausgereiften Menschen“, begründete Aßling die Entscheidung, nicht das Erwachsenenstrafrecht angewendet zu haben. Er folgte bei dem Urteil fast genau dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die drei Jahre und drei Monate Haft gefordert hatte.
Etliche Zuschauer versuchten, zur Urteilsverkündung in den Gerichtssaal zu kommen. Da aber nur wenige Plätze zur Verfügung standen, kam es zu hitzigen Diskussionen. Am frühen Morgen sollen sich hier auch Angehörige von Tuğçe und von Sanel M. in die Haare bekommen haben, berichtete die Offenbach Post. Vor dem Darmstädter Landgericht hatten sich wie beim Prozessauftakt auch wieder einige Menschen zu einer Mahnwache versammelt. Aus Windlichtern hatten sie den Namen Tuğçe gelegt. Hier herrschte überwiegend Unverständnis über das scheinbar milde Urteil. „Drei Jahre für das Leben eines Menschen. Das kann nicht angemessen sein“, so eine Frau, die ihren Namen nicht nennen wollte. „Sanel M. ist ein junger Mann, wenn er raus kommt, hat er noch sein ganzes Leben vor sich. Die Familie von Tuğçe muss für immer mit ihrem Tod leben.“ Bei der Mahnwache soll es auch zu einer hässlichen Szene gekommen sein: Die Mutter des Verurteilten habe auf Fotos der Verstorbenen gespuckt, berichteten mehrere Medien. Das wirft ein weiteres schlechtes Bild auf die Familie – es laufen momentan auch Ermittlungen gegen den Bruder von Sanel M. Er soll ein junges Mädchen, wohl die Ex-Freundin in von Sanel M., geschlagen haben.
„Wir wollen mit diesem Urteil in keiner Weise ihre Tochter herabwürdigen“, versicherte der Richter den Eltern der Verstorbenen. Jedoch habe sich das Gericht die Frage stellen müssen, wie die Zukunft von Sanel M. aussehen solle. Darüber hinaus hätten auch Punkte zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden müssen. Da sei zum einen die Vorverurteilung durch die Presse gewesen – Sanel M. war schon kurz nach der Tat in vielen Medien unverpixelt gezeigt und als 'Komaschläger' bezeichnet worden. Dadurch würden sowohl der Aufenthalt im Gefängnis als auch das Leben nach dem Vollzug für den jungen Mann härter als für andere Straftäter werden. Zum anderen sei die Beweisaufnahme besonders kompliziert gewesen, da so gut wie keine Zeugenaussage glaubhaft gewesen sei. Durch die Berichterstattung in den Medien und ein Video von der Tat seien allen Angaben verfälscht gewesen. „Es war extrem schwer, aus den Aussagen das herauszufiltern, was brauchbar war“, so Aßling. Die Darstellungen einiger Freunde von Sanel M. seien „absurd falsch“ gewesen.
Die Verteidigung des 18-Jährigen hatte eine Bewährungsstrafe gefordert und inzwischen auch schon Berufung angekündigt. Das sei aber aufgrund der Vorgeschichte des Angeklagten undenkbar, so Aßling. Denn bereits dreimal saß Sanel M. im Arrest, das letzte Mal nur zwei Monate vor der Tat. Der Grund für die Strafen waren unter anderem auch Körperverletzung. „Er weist eindeutig schädliche Neigungen auf. Er ist bereit, seine Interessen auch mit Gewalt durchzusetzen.“ Außerdem habe der Verurteilte damit rechnen müssen, dass Tuğçe schwer stürzt und mit dem Kopf aufschlägt. „Das war keine Ohrfeige, sondern ein ausholender Schlag“, so der Richter.
Staatsanwalt Alexander Homm zeigte sich zufrieden mit dem Urteil. „Der Richter hat sehr ausgewogen die Gründe dargelegt – und war damit voll auf der Linie der Staatsanwaltschaft.“ Der Anwalt von Tuğçes Familie, Macit Karaahmetoğlu, machte klar, dass im Fall der Familie das Wort „zufrieden“ zwar völlig unangebracht sei. „Aber es herrscht schon Erleichterung, dass das Gericht das Verbrechen nicht bagatellisiert hat“, so der Anwalt. Das Strafmaß sei zu erwarten gewesen.
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„Wir wollen mit diesem Urteil in keiner Weise ihre Tochter herabwürdigen“, versicherte der Richter den Eltern der Verstorbenen. Jedoch habe sich das Gericht die Frage stellen müssen, wie die Zukunft von Sanel M. aussehen solle. Darüber hinaus hätten auch Punkte zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden müssen. Da sei zum einen die Vorverurteilung durch die Presse gewesen – Sanel M. war schon kurz nach der Tat in vielen Medien unverpixelt gezeigt und als 'Komaschläger' bezeichnet worden. Dadurch würden sowohl der Aufenthalt im Gefängnis als auch das Leben nach dem Vollzug für den jungen Mann härter als für andere Straftäter werden. Zum anderen sei die Beweisaufnahme besonders kompliziert gewesen, da so gut wie keine Zeugenaussage glaubhaft gewesen sei. Durch die Berichterstattung in den Medien und ein Video von der Tat seien allen Angaben verfälscht gewesen. „Es war extrem schwer, aus den Aussagen das herauszufiltern, was brauchbar war“, so Aßling. Die Darstellungen einiger Freunde von Sanel M. seien „absurd falsch“ gewesen.
Die Verteidigung des 18-Jährigen hatte eine Bewährungsstrafe gefordert und inzwischen auch schon Berufung angekündigt. Das sei aber aufgrund der Vorgeschichte des Angeklagten undenkbar, so Aßling. Denn bereits dreimal saß Sanel M. im Arrest, das letzte Mal nur zwei Monate vor der Tat. Der Grund für die Strafen waren unter anderem auch Körperverletzung. „Er weist eindeutig schädliche Neigungen auf. Er ist bereit, seine Interessen auch mit Gewalt durchzusetzen.“ Außerdem habe der Verurteilte damit rechnen müssen, dass Tuğçe schwer stürzt und mit dem Kopf aufschlägt. „Das war keine Ohrfeige, sondern ein ausholender Schlag“, so der Richter.
Staatsanwalt Alexander Homm zeigte sich zufrieden mit dem Urteil. „Der Richter hat sehr ausgewogen die Gründe dargelegt – und war damit voll auf der Linie der Staatsanwaltschaft.“ Der Anwalt von Tuğçes Familie, Macit Karaahmetoğlu, machte klar, dass im Fall der Familie das Wort „zufrieden“ zwar völlig unangebracht sei. „Aber es herrscht schon Erleichterung, dass das Gericht das Verbrechen nicht bagatellisiert hat“, so der Anwalt. Das Strafmaß sei zu erwarten gewesen.
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17. Juni 2015, 08.00 Uhr
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24. November 2024
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