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Mit einem Spagat zwischen stressigem Arbeitsalltag und Charity, wird es Zeit für den Ruhestand © Harald Schröder
Peter Wirth geht in Rente
Stabiler Ruhestand für Frankfurts Bahnbabo
Deutschlands bekanntester Straßenbahnfahrer, Peter Wirth alias Bahnbabo, geht in Rente. Berühmt für Showeinlagen und Gedichte, bleibt er sozial engagiert und aktiv in der Jugendarbeit und Politik.
Deutschlands bekanntester Straßenbahnfahrer geht in Rente. Die Rede ist von Peter Wirth, alias der Bahnbabo. Sein Pseudonym entstand durch ein Gespräch mit Jugendlichen, die vom Fitnessstudio kamen, in seine Straßenbahn stiegen und ihn für seine breite Statur bewunderten. Wirth ist nicht nur in der Mainmetropole bekannt, sondern auch darüber hinaus. Seine Showeinlagen während seiner Schicht haben vielen Fahrgästen eine Freude bereitet. Wir treffen ihn in der Frankfurter Innenstadt.
Vom Frankfurter Taxifahrer zu Deutschlands bekanntestem Straßenbahnfahrer
Wirth ist auch Kraftsportler, Dichter, Buchautor, ehemaliger Oberbürgermeister-Kandidat und engagiert sich sozial. Er wurde vor 62 Jahren in Frankfurt geboren. Familiäre Schwierigkeiten hätten ihm einen schweren Start in das Leben bereitet. Eine entscheidende Wende kam mit der Ausbildung zum Elektroanlageninstallateur und mehreren Jahren im Beruf. Mit 17 Jahren lernte Wirth seine spätere Frau in einer Frankfurter Tanzschule kennen. Nach dem Grundwehrdienst gründete er ein Taxiunternehmen und fuhr drei Jahre lang Taxi. Seine Frau bewarb sich damals bei den Stadtwerken (heute Verkehrsgesellschaft Frankfurt) und wurde Straßenbahnfahrerin. Wirth folgte ihr sechs Monate später.
Wer in eine von Bahnbabos Linien einsteigt, hat Gelegenheit, seine Gedichte über die Lautsprecher zu hören. Diese handeln oft von der Liebe zur Stadt, vom Füreinander, von Empathie oder aktuellen Geschehnissen. Was ihm im Ruhestand besonders fehlen wird, sei nicht leicht zu beantworten. „Ich glaube, es ist die Kommunikation mit meinen Fahrgästen. Egal wie es mir geht, selbst wenn ich down bin, will ich versuchen, den Fahrgästen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern“, sagt Wirth. Er sieht in ihnen mehr: „Ich halte es für wichtig, den Fahrgast als das zu begreifen, was er ist, nämlich mein Arbeitgeber. Ich bin da vorne, um die Fahrgäste von A nach B zu bringen.“
Arbeitsalltag zwischen Fahrplanwechsel und Adrenalinschock
Wirth blickt auch auf zehrende Momente zurück. Dazu gehören tödliche Unfälle, ständiger Zeitdruck und ein gestörter Schlafrhythmus durch den Schichtdienst. Die Arbeit ist durch den Berufsverkehr extrem stressig: „Ich dürfte 50 km/h fahren und fahre 25 km/h. Da kann ich nicht den Fahrplan einhalten.“ Zusätzlich gäbe es immer Autofahrer, die spontan seitlich rausfahren. „Mit der Straßenbahn kannst du nicht ausweichen und nicht gut bremsen. Jedes Mal kriegst du einen Adrenalinschock.“ Er wünscht sich mehr Wertschätzung für den Beruf. Außerdem ruft er junge Menschen dazu auf, den Job des Straßenbahnfahrers in Betracht zu ziehen: „Wir brauchen mehr Fahrpersonal.“
Soziales Engagement im Verein und Glück im Stellwerk des Lebens
Wirth ist immer wieder in der Öffentlichkeit präsent, besonders wenn es um Charity-Events geht. Vor allem ist er aktiv im MainLichtblick e.V. in Sachsenhausen. Sein Engagement fing mit einer Einladung zu „Das große Hessenquiz“ vom Hessischen Rundfunk an. Er nahm teil, gewann eine Reise und verschenkte sie an eine Mutter mit Kind. „Mit dieser nie gemachten Reise hat dann meine Reise in die Welt des Helfens bei diesem Verein angefangen.“ Aktiv ist er auch in der Hilfe für Obdachlose und in der Drogenszene. Dies sei auch mit persönlichen Gründen verbunden.
„All das mache ich auch vor dem Hintergrund, dass ich ziemlich viel Glück gehabt habe. In dem Stellwerk des Lebens hat jemand die Weichen gestellt und dafür gesorgt, dass ich jetzt so ein Leben führe. Wenn etwas schiefgelaufen wäre, dann wäre ich straight gegen den Prellbock oder das Abstell-gleis gefahren und dort entgleist. Ich säße dort, wo die sitzen, die ich heute unterstütze“, sagt Wirth. Er und seine Frau würden bescheiden leben, dafür aber mehr helfen können. „Ich bin Arbeiter, ich führe kein Luxusleben und wohne mit meiner Frau seit fast 20 Jahren in einer Ein-Zimmer-Wohnung, und wir sind glücklich damit.“
Wenn Wirth am 30. Oktober zum letzten Mal Straßenbahn fährt, wird er sich danach noch nicht ganz zur Ruhe setzen. Er will sich weiterhin einbringen und steht mit OB Mike Josef (SPD) in engem Austausch. Ehrenamtliche Aufgaben in der Jugend- und Drogenarbeit könnte er sich vorstellen.
Ein erneuter Antritt zur Oberbürgermeisterwahl?
Zur Oberbürgermeisterwahl im vergangenen Jahr ließ sich Wirth aufstellen und bekam mehr Stimmen als die Linken, FDP und die AfD. Der Einsatz: 420 Euro Budget und 64 Wahlplakate. Ob er wieder antreten werde, habe er bereits mit seiner Frau besprochen. Die befürchtet, er könne „den Biden machen“. Wirth sagt: „Es wäre sehr lustig, nochmal anzutreten. Ausschließen will ich es nicht.“
Mit dem Renteneintritt gilt für Wirth erst mal: „Chillen, grillen, Kiste killen!“ Seine Frau und er seien seit vielen Jahren nicht mehr im Urlaub gewesen. „Wir brauchen Ruhe, und ich kann nicht mehr nach der Uhr leben.“ Das Ehepaar reist deshalb im Winter auf die kanarischen Inseln.
Auch „Resozialisierung“ sei nötig: „Wer nur alle fünf Wochen am Wochenende frei hat, der desozialisiert“, sagt er. „Mein Arbeitsleben neigt sich nun langsam seinem Ende zu, und der Bahnbabo geht im Herbst in seine wohlverdiente Rente. Nach 36 Jahren und Millionen von Kilometern steige ich aus der Kabine aus und überlasse sie jüngeren Vertretern. Doch ihr müsst nicht traurig sein. Ich bin ein Kind dieser Stadt. Ihr werdet mich immer wieder sehen, entweder in der Politik oder irgendeinem Nachrichtenblatt“, sagt Wirth zum Schluss.
Wirth ist auch Kraftsportler, Dichter, Buchautor, ehemaliger Oberbürgermeister-Kandidat und engagiert sich sozial. Er wurde vor 62 Jahren in Frankfurt geboren. Familiäre Schwierigkeiten hätten ihm einen schweren Start in das Leben bereitet. Eine entscheidende Wende kam mit der Ausbildung zum Elektroanlageninstallateur und mehreren Jahren im Beruf. Mit 17 Jahren lernte Wirth seine spätere Frau in einer Frankfurter Tanzschule kennen. Nach dem Grundwehrdienst gründete er ein Taxiunternehmen und fuhr drei Jahre lang Taxi. Seine Frau bewarb sich damals bei den Stadtwerken (heute Verkehrsgesellschaft Frankfurt) und wurde Straßenbahnfahrerin. Wirth folgte ihr sechs Monate später.
Wer in eine von Bahnbabos Linien einsteigt, hat Gelegenheit, seine Gedichte über die Lautsprecher zu hören. Diese handeln oft von der Liebe zur Stadt, vom Füreinander, von Empathie oder aktuellen Geschehnissen. Was ihm im Ruhestand besonders fehlen wird, sei nicht leicht zu beantworten. „Ich glaube, es ist die Kommunikation mit meinen Fahrgästen. Egal wie es mir geht, selbst wenn ich down bin, will ich versuchen, den Fahrgästen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern“, sagt Wirth. Er sieht in ihnen mehr: „Ich halte es für wichtig, den Fahrgast als das zu begreifen, was er ist, nämlich mein Arbeitgeber. Ich bin da vorne, um die Fahrgäste von A nach B zu bringen.“
Wirth blickt auch auf zehrende Momente zurück. Dazu gehören tödliche Unfälle, ständiger Zeitdruck und ein gestörter Schlafrhythmus durch den Schichtdienst. Die Arbeit ist durch den Berufsverkehr extrem stressig: „Ich dürfte 50 km/h fahren und fahre 25 km/h. Da kann ich nicht den Fahrplan einhalten.“ Zusätzlich gäbe es immer Autofahrer, die spontan seitlich rausfahren. „Mit der Straßenbahn kannst du nicht ausweichen und nicht gut bremsen. Jedes Mal kriegst du einen Adrenalinschock.“ Er wünscht sich mehr Wertschätzung für den Beruf. Außerdem ruft er junge Menschen dazu auf, den Job des Straßenbahnfahrers in Betracht zu ziehen: „Wir brauchen mehr Fahrpersonal.“
Wirth ist immer wieder in der Öffentlichkeit präsent, besonders wenn es um Charity-Events geht. Vor allem ist er aktiv im MainLichtblick e.V. in Sachsenhausen. Sein Engagement fing mit einer Einladung zu „Das große Hessenquiz“ vom Hessischen Rundfunk an. Er nahm teil, gewann eine Reise und verschenkte sie an eine Mutter mit Kind. „Mit dieser nie gemachten Reise hat dann meine Reise in die Welt des Helfens bei diesem Verein angefangen.“ Aktiv ist er auch in der Hilfe für Obdachlose und in der Drogenszene. Dies sei auch mit persönlichen Gründen verbunden.
„All das mache ich auch vor dem Hintergrund, dass ich ziemlich viel Glück gehabt habe. In dem Stellwerk des Lebens hat jemand die Weichen gestellt und dafür gesorgt, dass ich jetzt so ein Leben führe. Wenn etwas schiefgelaufen wäre, dann wäre ich straight gegen den Prellbock oder das Abstell-gleis gefahren und dort entgleist. Ich säße dort, wo die sitzen, die ich heute unterstütze“, sagt Wirth. Er und seine Frau würden bescheiden leben, dafür aber mehr helfen können. „Ich bin Arbeiter, ich führe kein Luxusleben und wohne mit meiner Frau seit fast 20 Jahren in einer Ein-Zimmer-Wohnung, und wir sind glücklich damit.“
Wenn Wirth am 30. Oktober zum letzten Mal Straßenbahn fährt, wird er sich danach noch nicht ganz zur Ruhe setzen. Er will sich weiterhin einbringen und steht mit OB Mike Josef (SPD) in engem Austausch. Ehrenamtliche Aufgaben in der Jugend- und Drogenarbeit könnte er sich vorstellen.
Zur Oberbürgermeisterwahl im vergangenen Jahr ließ sich Wirth aufstellen und bekam mehr Stimmen als die Linken, FDP und die AfD. Der Einsatz: 420 Euro Budget und 64 Wahlplakate. Ob er wieder antreten werde, habe er bereits mit seiner Frau besprochen. Die befürchtet, er könne „den Biden machen“. Wirth sagt: „Es wäre sehr lustig, nochmal anzutreten. Ausschließen will ich es nicht.“
Mit dem Renteneintritt gilt für Wirth erst mal: „Chillen, grillen, Kiste killen!“ Seine Frau und er seien seit vielen Jahren nicht mehr im Urlaub gewesen. „Wir brauchen Ruhe, und ich kann nicht mehr nach der Uhr leben.“ Das Ehepaar reist deshalb im Winter auf die kanarischen Inseln.
Auch „Resozialisierung“ sei nötig: „Wer nur alle fünf Wochen am Wochenende frei hat, der desozialisiert“, sagt er. „Mein Arbeitsleben neigt sich nun langsam seinem Ende zu, und der Bahnbabo geht im Herbst in seine wohlverdiente Rente. Nach 36 Jahren und Millionen von Kilometern steige ich aus der Kabine aus und überlasse sie jüngeren Vertretern. Doch ihr müsst nicht traurig sein. Ich bin ein Kind dieser Stadt. Ihr werdet mich immer wieder sehen, entweder in der Politik oder irgendeinem Nachrichtenblatt“, sagt Wirth zum Schluss.
28. Oktober 2024, 11.50 Uhr
Till Taubmann
Till Christian Taubmann
Jahrgang 1997, Studium in Kommunikationsdesign an der Hochschule Mainz, Arbeit als freier Illustrator, seit Januar 2023 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Till Christian
Taubmann >>
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23. November 2024
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