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Foto: Symbolbild © Adobestock/ Nathaphat
Foto: Symbolbild © Adobestock/ Nathaphat

Mentale Gesundheit

Glückspraxis – psychologische Beratung abseits der professionellen Therapie?

In Dreieich verspricht seit August eine sogenannte „Glückspraxis" mentale Gesundheit und Wohlbefinden für Kinder und Jugendliche. Ein Frankfurter Psychologie-Professor warnt vor „pseudowissenschaftlichen Beratungen".
Kinder und Jugendliche haben seit der Covid-19 Pandemie und den immer mehr präsenten Social-Media Diensten wie Tiktok oder Instagram mit vielfältigen mentalen Herausforderung zu kämpfen. Oft fehlt es an der nötigen Medienkompetenz, um die Inhalte richtig einzuordnen. Das kann neben psychischen Problemen wie Angst und Selbstzweifel schlimmstenfalls zu Krankheiten wie Depressionen führen. Für betroffene Kinder und Jugendliche sind die dringend benötigten Therapieplätze in Hessen jedoch stark überlastet und professionelle Hilfe nur schwer zu bekommen.

Eine vermeintliche Lösung wollen private Praxen „für Gesundheit und Wohlbefinden“ von sogenannten „Coaches“ anbieten. Eine solche Praxis befindet sich seit August in Dreieich und wird von Dana Weber betrieben. Die ehemalige Grundschullehrerin für Musik, Kunst und Sachkunde will Kinder und Jugendliche bei mentalen Problemen unterstützen. „Die Schule deckt nicht genug die mentale Komponente ab, Kinder sind immer mehr von Bauchschmerzen, Angst und Selbstzweifeln betroffen“, sagt Weber.

Weber möchte „rein präventiv“ psychologische Beratung anbieten

In ihrer Praxis betreut sie 15 Mädchen und Jungen von sechs bis 17 Jahren. Die meisten ihrer Patienten sind junge Mädchen. Ihnen fehle oft das Selbstbewusstsein und sie wüssten nicht mit ihren Gefühlen umzugehen, so Weber. In ihren Kursen zu mentaler Gesundheit versuche sie in Gesprächen und mit Hilfsmitteln wie Bilderbüchern oder „Gefühlsgläsern“ den Problemen der Kinder auf den Grund zu gehen und sie für den Alltag zu motivieren. Bei psychischen Krankheiten verweise Frau Weber an die professionellen Stellen, ihre Arbeit sei rein präventiv. Sie begleite die Kinder und Jugendlichen, könne aber keinen Therapeuten ersetzen.

Weber bietet in ihrer Praxis „Positive Psychologie Beratung und Coaching“ an, ihre Kompetenzen habe sie durch diverse Fortbildungen und Kurse erlangt. Unter anderem führt sie das Heidelberger „Fritz-Schubert-Institut für Persönlichkeitsentwicklung, Bildungsgerechtigkeit und Zukunftsfähigkeit“ an. Auf dessen Webseite bietet es eine Ausbildung zum Schulfach „Glück“ an. Weitere Qualifikationen seien eine Ausbildung zur „Heilpraktikerin für Psychotherapie“ und die Teilnahme an einem Seminar für „Neuro-Linguistisches Programmieren“, kurz NLP.

Büttner: Psychologisches Angebot ist „sehr wolkig, sehr unbestimmt“

Gerhard Büttner, Seniorprofessor für pädagogische Psychologie an der Goethe-Universität, findet ein solches Angebot „sehr wolkig, sehr unbestimmt“. Es sei zwar gängige Praxis, dass Privatpersonen Seminare oder „vermeintliche psychologische Hilfe“ anböten, denn „vieles ist rechtlich nicht geschützt“ so Büttner. Online erwecken solche Angebote wie das von Frau Weber jedoch „den Anschein einer Seriosität“. Es fehlten dort laut Büttner aber oft die Kriterien für eine geprüfte Beratung.

Zwar sei ein Lehramtsstudium, wie das von Frau Weber, ein legitimer Nachweis, bei anderen Kursen und Seminaren fehle aber jegliches staatliches Zertifikat oder der Prüfungsnachweis durch eine Institution. Es sei schwer nachzuvollziehen, welche Inhalte und theoretischen Qualifikationen hinter den genannten Quellen stecken. Büttner verweist darauf, dass staatlich geprüfte Zertifikate ein wichtiges Kontrollorgan für die Qualität einer psychologischen Ausbildung bedeuten. Es fehle oft eine professionelle Evaluation der Arbeit von Coaches durch anerkannte Stellen.

Büttner: „Es kann zum Schaden der Kinder sein“

In der professionellen Beratung seit der Pandemie sei vieles vernachlässigt worden. So verweist Büttner auf die groß angelegte „Copsy“-Studie zu den psychischen Folgen der Pandemie. Die potentiellen Risiken einer seiner Meinung nach „pseudowissenschaftlichen“ Beratung seien aber nicht zu vernachlässigen. Wenn fundamentales theoretisches Wissen um die pädagogische Psychologie fehle, könne es zu schweren Folgen bei Kindern und Jugendlichen kommen: „Es kann zum Schaden der Kinder sein“.

Er könne zwar verstehen, dass Eltern in der entstandenen Lücke der unzureichenden psychologischen Therapieplätze nach einer professionellen Betreuung für ihr Kind suchen. Man sollte sich dennoch im Klaren darüber sein, dass professionelle Hilfe bei mentalen Problemen und Krankheiten nicht zu ersetzen ist. In diesem Punkt sind sich Frau Weber und Herr Büttner einig.

Info
Die Copsy-Studie finden Sie hier.
 
Fotogalerie:
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6. Dezember 2024, 15.15 Uhr
Lukas Mezler
 
Lukas Mezler
Jahrgang 1997, Studium der Sozial- und Kulturanthropologie an der Goethe-Universität Frankfurt, EHESS in Paris. Seit Oktober 2024 beim JOURNAL FRANKFURT. – Mehr von Lukas Mezler >>
 
 
 
 
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