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Klimakrise
„Es gibt eine ökologische Mehrheit, nur weiß sie nicht, dass es sie gibt“
Das Koalakollektiv lud zum Klimakneipenabend mit Luisa Neubauer. Thema war vor allem, den Klimaaktivismus aus seiner Nische zu holen und das notwendige systemische Denken zu entwickeln.
Bewohnbarkeitsbedingungen, soziale Ungerechtigkeit und die größte Verbotspartei: Am vergangenen Montag, den 27. Juni, wurde zu einem Rundumschlag ausgeholt, um einige, teils ungesehene Facetten der Klimakrise abzubilden und eine Frau war dabei die Wortführerin: Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer sprach beim Klimakneipenabend im Massif Central.
Wie gebannt stehen, sitzen und hocken die Gäste um das Podium. Der Kneipenabend im Bethmannhof, organisiert und moderiert vom Klimaschutzbündnis Koalakollektiv, ist genau auf seinen Gast ausgerichtet. Souverän stellt sich Neubauer den Fragen der Moderatorin und bleibt dabei immer im lockeren Gesprächsformat, das der Ort anbietet.
Über systemisches Denken in der Klimakrise
Die Geografie-Studentin spricht über die Klimamodelle, die sich übererfüllen und „krasse Beschleunigungen der Entwicklungen“, wie verwirklichte Szenarien der Dürre in den vergangenen Jahren. „Wir haben ein Systemproblem“, stellt sie fest, beziehungsweise mehrere, weil es nicht nur um CO2 gehe, sondern auch um Wasser, Plastik oder Luft- und Bodenverschmutzung. Sie vergleicht das menschliche Umweltgebaren mit dem Umgang mit dem eigenen Körper. Wir würden austesten, was gehe, wo die Grenzen seien. Deshalb sei ein systemisches Denken wichtig, dass auch Dinge wie etwa das Artensterben miteinbeziehe.
Das Zusammendenken müsse auch auf anderer Ebene stattfinden: Die Klimakrise sei gleichzeitig eine Demokratiekrise. Für demokratische Entscheidungsprozesse sei keine Zeit mehr, wenn Krisen und Katastrophen aufeinander folgen und sofort gehandelt werden müsse – etwa mit Einschränkungen wie bei der Corona-Pandemie. Um weitere soziale Ungerechtigkeiten zu verhindern, brauche es deshalb auch eine ausgewogene Sozialpolitik, die mit der Klimapolitik Hand in Hand geht. Nicht umsonst sei die größte Verbotspartei die Klimakrise.
Green Washing und Sprachpolitik
Neubauer, die selbst Mitglied der Grünen ist, referiert dann auch auf das Spannungsfeld von Politik und Konzerninteressen. Die UN etwa sei als ein Raum zu verstehen, den es vor den Lobbyisten zu verteidigen gilt. Das Pariser Klimaabkommen sei ein großer Erfolg gewesen. Aber diese Erfolge würden wiederum schnell von den Konzernen oder auch Banken ausgenutzt – Stichwort Green Washing.
Das hart erkämpfte Klimabewusstsein in der Bevölkerung würde genutzt und manipuliert: British Petroleum (BP) trete dann mal als Beyond Petroleum auf, um den Anschein einer Abkehr von fossilen Energieträgern zu erwecken. Oder nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko habe BP den CO2-Fußabdruck erfunden: Statt sich gegen die Großindustrien und deren Emissionen zu schießen, zerfleischen sich Individuen gegenseitig wegen Flugzeugreisen oder fehlendem Veganismus.
Signalwirkung von Lützerath
In der Weltgeschichte gebe es immer wieder große Lücken vom sozialen Wandel, der oft genug nicht präsent sei: Die Mächtigen würden diese Veränderungen unterrepräsentieren oder für sich nutzen, wenn es den Interessen nützt. Neubauer fordert daher: „Wir sollten uns die Geschichten nicht nehmen lassen“, auch von Zweiflern nicht. Es gebe schließlich auch Erfolge wie neu geschaffene Institutionen für Klimaschutz oder Klimaberater, ohne die mittlerweile keine Kommune mehr planen könne. Es finde eine „Ent-nischung des Klimaaktivismus statt“, sagt sie.
Auch Misserfolge wie in Lützerath könnten wenigstens eine Signalwirkung haben: Die Bilder vom Protest gegen den Braunkohleabbau gingen um die Welt und ausländische Klimaaktivisten seien angereist, um aus der Protestform zu lernen.
Wie gebannt stehen, sitzen und hocken die Gäste um das Podium. Der Kneipenabend im Bethmannhof, organisiert und moderiert vom Klimaschutzbündnis Koalakollektiv, ist genau auf seinen Gast ausgerichtet. Souverän stellt sich Neubauer den Fragen der Moderatorin und bleibt dabei immer im lockeren Gesprächsformat, das der Ort anbietet.
Die Geografie-Studentin spricht über die Klimamodelle, die sich übererfüllen und „krasse Beschleunigungen der Entwicklungen“, wie verwirklichte Szenarien der Dürre in den vergangenen Jahren. „Wir haben ein Systemproblem“, stellt sie fest, beziehungsweise mehrere, weil es nicht nur um CO2 gehe, sondern auch um Wasser, Plastik oder Luft- und Bodenverschmutzung. Sie vergleicht das menschliche Umweltgebaren mit dem Umgang mit dem eigenen Körper. Wir würden austesten, was gehe, wo die Grenzen seien. Deshalb sei ein systemisches Denken wichtig, dass auch Dinge wie etwa das Artensterben miteinbeziehe.
Das Zusammendenken müsse auch auf anderer Ebene stattfinden: Die Klimakrise sei gleichzeitig eine Demokratiekrise. Für demokratische Entscheidungsprozesse sei keine Zeit mehr, wenn Krisen und Katastrophen aufeinander folgen und sofort gehandelt werden müsse – etwa mit Einschränkungen wie bei der Corona-Pandemie. Um weitere soziale Ungerechtigkeiten zu verhindern, brauche es deshalb auch eine ausgewogene Sozialpolitik, die mit der Klimapolitik Hand in Hand geht. Nicht umsonst sei die größte Verbotspartei die Klimakrise.
Neubauer, die selbst Mitglied der Grünen ist, referiert dann auch auf das Spannungsfeld von Politik und Konzerninteressen. Die UN etwa sei als ein Raum zu verstehen, den es vor den Lobbyisten zu verteidigen gilt. Das Pariser Klimaabkommen sei ein großer Erfolg gewesen. Aber diese Erfolge würden wiederum schnell von den Konzernen oder auch Banken ausgenutzt – Stichwort Green Washing.
Das hart erkämpfte Klimabewusstsein in der Bevölkerung würde genutzt und manipuliert: British Petroleum (BP) trete dann mal als Beyond Petroleum auf, um den Anschein einer Abkehr von fossilen Energieträgern zu erwecken. Oder nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko habe BP den CO2-Fußabdruck erfunden: Statt sich gegen die Großindustrien und deren Emissionen zu schießen, zerfleischen sich Individuen gegenseitig wegen Flugzeugreisen oder fehlendem Veganismus.
In der Weltgeschichte gebe es immer wieder große Lücken vom sozialen Wandel, der oft genug nicht präsent sei: Die Mächtigen würden diese Veränderungen unterrepräsentieren oder für sich nutzen, wenn es den Interessen nützt. Neubauer fordert daher: „Wir sollten uns die Geschichten nicht nehmen lassen“, auch von Zweiflern nicht. Es gebe schließlich auch Erfolge wie neu geschaffene Institutionen für Klimaschutz oder Klimaberater, ohne die mittlerweile keine Kommune mehr planen könne. Es finde eine „Ent-nischung des Klimaaktivismus statt“, sagt sie.
Auch Misserfolge wie in Lützerath könnten wenigstens eine Signalwirkung haben: Die Bilder vom Protest gegen den Braunkohleabbau gingen um die Welt und ausländische Klimaaktivisten seien angereist, um aus der Protestform zu lernen.
27. Juni 2023, 12.25 Uhr
Till Geginat
Till Geginat
Jahrgang 1994, Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe Universität Frankfurt, seit November 2022 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Till
Geginat >>
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