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Happy Landings

Die Wüste lebt

Mit Happy Landings wollte die Fraport die Fertigstellung der neuen Landebahn feiern. 80.000 Menschen waren geladen. Wir waren am Sonntag da - und fanden Entspannung und Kühle erst im Kelsterbacher Wald.
Die beste Marketing-Idee der Fraport AG war nicht einmal das Landebahn-Fest selbst. Es waren die blauen Baseball-Mützen mit Firmenlogo und die Schlüsselanhänger für die Zugangskarte zum Gelände, die freundliche Mitarbeiter am Eingang zu "Happy Landings" ausgaben. Die meisten der angemeldeten 80.000 Besucher zogen ihre Verkleidung nämlich auch dann nicht aus, als sie schon längst wieder auf dem Nachhauseweg waren. Die Folge: Fraport war in der Rhein-Main-Region am Samstag und Sonntag omnipräsent.

60.000 Eintrittskarten hatte der Flughafenbetreiber vergeben, dazu hatten noch 20.000 Mitarbeiter die Chance, den getrockneten Beton der Landebahn zu begutachten. Das stellte sich am Ende als unspektakulärer heraus als die Ankündigungen versprochen hatte. Zunächst mal war eine gewisse Leidensfähigkeit gefordert: die Bahnen waren übervoll und auch für die Shuttlebusse zwischen Terminal und Landebahn musste teilweise über eine halbe Stunde Wartezeit einkalkuliert werden.

Der regnerische Samstag ging an uns vorbei, am Sonntag hingegen wurde es schon fast unerträglich heiß. Der Beton der Landebahn hatte sich schnell aufgeheizt, sodass sich einige Besucher sogar unter den ausgestellten Räumfahrzeugen, Baggern und Flugzeugen ihr Schattenplätzchen suchten. Ansonsten: eine Mischung aus Fress-Ständen, Werbe-Inseln der am Ausbau beteiligten Unternehmen und allerlei Gerätschaften, die am Flughafen benötigt werden. Die Enteisungsflotte war da (angesichts der Hitze eine schöne Ironie), die Feuerwehr hatte ein paar Löschfahrzeuge dabei (wir wären gern gelöscht worden) und eine Baggerparade gab einen Eindruck von der ganzen Technik, die notwendig ist, einen Wald durch einen Betonstreifen zu ersetzen. Irritiert haben uns auch der Duft von frischgebrannten Mandeln (ist denn schon Weihnachten?) und ein Männerchor, der uns mit "Biene Maja" empfing. Abkühlung versprach lediglich ein Softeis-Automat und ein Festzelt, in dem sonst aber nicht viel los war. Flugzeuge waren auch zu sehen in der Wüstenei, die Tante Ju zum Beispiel (Foto oben), aber bitte nicht anfassen. Vor dem 360-Grad-Kino, dem History-Zug und einem Kran, der die Gäste in schwindelerregende Höhe zog: riesige Schlangen. Vor der Busverbindung zum Terminal: auch riesige Schlangen.

Also gingen wir lieber zurück in die Überreste des Kelsterbacher Walds, vorbei an zwei Baumkletterern, die uns bereits bei der Einfahrt ins Landebahngelände mit Protestbannern begrüßt hatten. Dann auf dem Weg zum nicht mehr ganz so idyllischen Mönchwaldsee: die Mahnwache, etwa 50 Ausbaugegner sind da, bieten Kaffee und Kuchen an, zwischen Blätterdach und Waldboden ist es angenehm kühl, die Vögel zwitschern, Kinder spielen verstecken, wir sind endlich angekommen. Die Stimmung ist natürlich dennoch ein wenig gedrückt, denn der erhoffte große Widerstand gegen die neue Landebahn ist ausgeblieben. Das Waldcamp, dass es einst hier gab, konnte nie an die Zeiten der Startbahn-West-Bewegung anknüpfen und auch die Demos durch Kelsterbach oder vor dem Landebahngelände blieben längst nicht so gut besucht, wie sich das der eine oder andere gewünscht hätte. Folgenlos war der Protest ohnehin. Die Landebahn ist gebaut, eine Gerichtsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts steht zwar noch aus, aber dass die noch irgendwas verändert, glaubt hier niemand mehr.

Viele sind angereist, eine Handvoll Menschen hat den Weg aus Mainz auf sich genommen, darunter auch Katrin Eder, die soeben ins Amt berufene Umweltdezernentin in der Landeshauptstadt. "In Mainz haben immer mehr Menschen unter Fluglärm zu leiden - und das führt dazu, dass die, die es sich leisten können, wegziehen", erzählt die Grünen-Politikerin. "Wir als Stadt Mainz haben natürlich ein Interesse daran, das die soziale Struktur ausgewogen bleibt." Deswegen sei sie hier. Und natürlich, um die Bürgerinitiativen zu unterstützen. Doch was bleibt für die noch zu tun, wenn die Landebahn Ende Oktober in Betrieb geht? Nun, sie denken bereits an den nächsten Ausbau - und daran, wie der Lärmschutz verbessert werden kann. Der Fraport und der Deutschen Flugsicherung werfen sie vor, Unternehmensinteressen über das Allgemeinwohl zu stellen. Der DKP-Politiker Leo Spahn vertritt in seinem Vortrag gar die These, in Deutschland seien Politik, Medien und Unternehmen so eng miteinander verflochten, das von demokratischen Prozessen nicht mehr die Rede sein könne. Dann beginnt die vegane Volxküche und wir machen uns auf dem Weg. Die S-Bahn ist natürlich rappelvoll mit blaubemützten Menschen. Sie sehen erschöpft aus.
 
Fotogalerie: Happy Landings
 
27. Juni 2011, 11.06 Uhr
Nils Bremer
 
 
 
 
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