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Beuth gründet unabhängige Expertenkommission
Hessische Polizei soll ein neues Leitbild bekommen
Ab September soll eine unabhängige Expertenkommission ein neues Leitbild für die hessische Polizei entwickeln und den Umgang mit Fehlverhalten von Beamtinnen und Beamten überarbeiten. Damit will die Landesregierung das Vertrauen in die Polizei wieder stärken.
Nachdem Innenminister Peter Beuth (CDU) am Donnerstag mit dem Handvirenscanner als Pilotprojekt und der Einrichtung einer IT-Dienststelle erste praktische Maßnahmen zur Verfolgung von Verstößen innerhalb der hessischen Polizei vorstellte, soll nun eine unabhängige Expertenkommission ein neues Leitbild für Beamtinnen und Beamten entwickeln. Darüber hinaus soll bereits erfolgtes Fehlverhalten und dessen Maßnahmen innerhalb der Polizei evaluiert und weiterentwickelt werden. Im September werde die Kommission ihre Arbeit aufnehmen, gab der Innenminister am Dienstag bekannt. „Verantwortung der Polizei in einer pluralistischen Gesellschaft – Die gute Arbeit der Polizeibeamten stärken, Fehlverhalten frühzeitig erkennen und ahnden“, lautet der konkrete Auftrag der Kommission.
Die hessische Polizei sei ein „Sicherheitsgarant unserer pluralistischen Gesellschaft“, betonte Beuth. „Sicherheit braucht Vertrauen in jene, die für unsere Sicherheit sorgen. Fehlverhalten Einzelner erschüttert dieses Vertrauen.“ Deshalb sei es essentiell, dass die hessische Polizei Fehlverhalten konsequent ahnde und sich die Gesamtorganisation und jeder einzelne Polizist und jede Polizistin zu einem Leitbild bekenne; dieses wolle man nun gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Polizei entwickeln, gab der Innenminister an.
Nußberger und Jerzy leiten 14-köpfiges Team
Zur Vorsitzenden der Expertenkommission ernannte das Innenministerium Angelika Nußberger, Direktorin des Instituts für osteuropäisches Recht und Rechtsvergleichung an der Universität Köln. Dort hat Nußberger auch den Lehrstuhl für Verfassungsrecht, Völkerrecht und Rechtsvergleichung inne. Bis Januar dieses Jahres war sie zudem Vizepräsidentin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Als stellvertretender Vorsitzender wird der Politik- und Rechtswissenschaftler Jerzy Montag (Bündnis 90/Die Grünen) der Kommission zur Verfügung stehen. 2014 wurde er vom Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages als NSU-Sonderermittler sowie als Sonderermittler zum V-Mann „Corelli“ ernannt.
Die neue Vorsitzende Nußberger stehe „stellvertretend für den Expertenblick von außen“, sagte Beuth. Übergeordnetes Ziel sei es, damit das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden und ihre Arbeit wiederherzustellen. Die übergroße Mehrheit der Polizeibeamten und -beamtinnen gingen ihren Aufgaben „engagiert, gewissenhaft und verantwortlich“ nach. „Das Ansehen der Polizei darf nicht länger unter dem Fehlverhalten Einzelner leiden“, betonte der Innenminister erneut.
Insgesamt wird die Kommission aus 14 Personen bestehen, dazu zählen unter anderem der Landespolizeipräsident Roland Ullman, der hessische Beauftragte für Datenschutz Michael Ronellenfitsch, der ehemalige Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Werner D'Inka, der ehemalige Direktor des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht (ehemals Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht) Hans-Jörg Albrecht, Geschäftsführerin der Ratgeber-Plattform für Opfer von Online-Hass HateAid Anne-Lena von Hodenberg und Vizepräsident im Bundesamt für Verfassungsschutz Michael Niemeier.
Eine gut funktionierende Polizei, die für die Bürgerinnen und Bürger da sei und der sie vertrauten, sei das Rückgrat des Staates, so Nußberger. Nach den bisherigen Vorfällen in der vergangenen Zeit dürfe es ein „weiter-so-wie-bisher“ nicht geben, das müsse auch nach außen sichtbar sein. Dabei wolle die Kommission unabhängig agieren und gleichermaßen im Interesse der Gesellschaft wie der Polizei zu arbeiten. „Deshalb muss man bei der Arbeit der Polizei genau hinsehen, wunde Punkte benennen und kreative Vorschläge machen“, so die Vorsitzende der Kommission.
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen Mathias Wagner stellte besonders heraus, wie wichtig es sei das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden nicht zu gefährden, die Kommission solle dafür Sachverstand von außerhalb einbringen. Dazu erwarte man einen regelmäßigen öffentlichen Bericht der Sicherheitsbehörden. „Die Kommission soll ein Bündnis zwischen Polizei, Politik, Wissenschaft und Bürgern bilden“, so Wagner. Man habe vielleicht auch ein rechtsextremistisches Netzwerk bei der Polizei, das dürfe die Mehrheit der Beamtinnen und Beamten aber nicht in Mitleidenschaft ziehen.
Oppositionsparteien kritisieren Beuth
Die Spaltung zwischen den Oppositions- und Koalitionsparteien, die sich schon im Polizeiskandal sehr deutlich zeigte, setzte sich nun auch im Bezug auf die Expertenkommission fort. Aus der Opposition folgte starke Kritik auf das Vorhaben Beuths. Bei der SPD bleibe der Zweifel an Willen und Fähigkeit zu Veränderungen des Ministers, so der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD im Landtag Günter Rudolph. Dieser gab zudem an, nicht damit zu rechnen, dass sich im Zuständigkeitsbereich von Beuth die Dinge bald zum Besseren wandelten. Die Berufung der Kommission mit externen Experten sei ein Eingeständnis des Ministers, dass er mit seinem Latein am Ende sei. „Es schadet sicherlich nicht, wenn eine Reihe von honorigen Menschen darüber nachdenkt, wie die ideale Polizei aussehen könnte. Aber wir haben in Hessen kein theoretisches Problem, sondern ein ganz reales“, so Rudolph.
Alle Missstände bei der hessischen Polizei ließen sich „einer mangelhaften politischen Führung im Innenministerium“ zurückverfolgen und sollten nicht mit Expertenzirkeln, sondern „gelebter Vorbildhaftigkeit der Vorgesetzten“ beikommen. Der amtierende Innenminister Beuth sei seit beinahe sieben Jahren im Amt und habe in dieser Zeit „konsequent ignoriert, wie sich in Teilen der Polizei ein geradezu toxisches Verständnis von Staatsmacht und Staatsgewalt breitgemacht hat“, sagte Rudolph.
FDP will Ergebnisse abwarten
„Den vielen bisherigen Beauftragten von Innenminister Beuth war bisher stets gemein, dass sie massive Verdachtsmomente innerhalb seines eigenen Ladens ausräumen sollten, ohne etwas zu ändern“, sagte zudem der innenpolitische Sprecher der Linken-Fraktion Hermann Schaus. Dabei bezieht sich der Politiker auf die Ernennung eines Landesbeauftragten, Integritätsbeauftragten, Sonderermittler für Polizei sowie die Einführung eines Leitbilds. „Solange Peter Beuth Skandale und Probleme nur dann benennt, nachdem sie öffentlich wurden und dann jeweils auch nur um sie zu relativieren, damit sich möglichst nichts ändert“, betonte Schaus, solange werde man auch Beauftragte und Kommissionen kommen und gehen sehen.
Die FDP-Fraktion fand dagegen sanftere Worte. Stefan Müller, innenpolitischer Sprecher der Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag sagte, dass die Einsetzung der Expertenkommission deutlich mache, dass der Innenminister nach der Drohmail-Affäre Veränderungsbedarf bei der Polizei sehe und ein neues Leitbild für die Polizei für erforderlich halte. „Offen ist, wo seiner Meinung nach Verbesserungen erreicht werden können“, so Müller. Dennoch wolle man die Ergebnisse abwarten und anschließend bewerten.
Die hessische Polizei sei ein „Sicherheitsgarant unserer pluralistischen Gesellschaft“, betonte Beuth. „Sicherheit braucht Vertrauen in jene, die für unsere Sicherheit sorgen. Fehlverhalten Einzelner erschüttert dieses Vertrauen.“ Deshalb sei es essentiell, dass die hessische Polizei Fehlverhalten konsequent ahnde und sich die Gesamtorganisation und jeder einzelne Polizist und jede Polizistin zu einem Leitbild bekenne; dieses wolle man nun gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Polizei entwickeln, gab der Innenminister an.
Nußberger und Jerzy leiten 14-köpfiges Team
Zur Vorsitzenden der Expertenkommission ernannte das Innenministerium Angelika Nußberger, Direktorin des Instituts für osteuropäisches Recht und Rechtsvergleichung an der Universität Köln. Dort hat Nußberger auch den Lehrstuhl für Verfassungsrecht, Völkerrecht und Rechtsvergleichung inne. Bis Januar dieses Jahres war sie zudem Vizepräsidentin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Als stellvertretender Vorsitzender wird der Politik- und Rechtswissenschaftler Jerzy Montag (Bündnis 90/Die Grünen) der Kommission zur Verfügung stehen. 2014 wurde er vom Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages als NSU-Sonderermittler sowie als Sonderermittler zum V-Mann „Corelli“ ernannt.
Die neue Vorsitzende Nußberger stehe „stellvertretend für den Expertenblick von außen“, sagte Beuth. Übergeordnetes Ziel sei es, damit das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden und ihre Arbeit wiederherzustellen. Die übergroße Mehrheit der Polizeibeamten und -beamtinnen gingen ihren Aufgaben „engagiert, gewissenhaft und verantwortlich“ nach. „Das Ansehen der Polizei darf nicht länger unter dem Fehlverhalten Einzelner leiden“, betonte der Innenminister erneut.
Insgesamt wird die Kommission aus 14 Personen bestehen, dazu zählen unter anderem der Landespolizeipräsident Roland Ullman, der hessische Beauftragte für Datenschutz Michael Ronellenfitsch, der ehemalige Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Werner D'Inka, der ehemalige Direktor des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht (ehemals Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht) Hans-Jörg Albrecht, Geschäftsführerin der Ratgeber-Plattform für Opfer von Online-Hass HateAid Anne-Lena von Hodenberg und Vizepräsident im Bundesamt für Verfassungsschutz Michael Niemeier.
Eine gut funktionierende Polizei, die für die Bürgerinnen und Bürger da sei und der sie vertrauten, sei das Rückgrat des Staates, so Nußberger. Nach den bisherigen Vorfällen in der vergangenen Zeit dürfe es ein „weiter-so-wie-bisher“ nicht geben, das müsse auch nach außen sichtbar sein. Dabei wolle die Kommission unabhängig agieren und gleichermaßen im Interesse der Gesellschaft wie der Polizei zu arbeiten. „Deshalb muss man bei der Arbeit der Polizei genau hinsehen, wunde Punkte benennen und kreative Vorschläge machen“, so die Vorsitzende der Kommission.
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen Mathias Wagner stellte besonders heraus, wie wichtig es sei das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden nicht zu gefährden, die Kommission solle dafür Sachverstand von außerhalb einbringen. Dazu erwarte man einen regelmäßigen öffentlichen Bericht der Sicherheitsbehörden. „Die Kommission soll ein Bündnis zwischen Polizei, Politik, Wissenschaft und Bürgern bilden“, so Wagner. Man habe vielleicht auch ein rechtsextremistisches Netzwerk bei der Polizei, das dürfe die Mehrheit der Beamtinnen und Beamten aber nicht in Mitleidenschaft ziehen.
Oppositionsparteien kritisieren Beuth
Die Spaltung zwischen den Oppositions- und Koalitionsparteien, die sich schon im Polizeiskandal sehr deutlich zeigte, setzte sich nun auch im Bezug auf die Expertenkommission fort. Aus der Opposition folgte starke Kritik auf das Vorhaben Beuths. Bei der SPD bleibe der Zweifel an Willen und Fähigkeit zu Veränderungen des Ministers, so der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD im Landtag Günter Rudolph. Dieser gab zudem an, nicht damit zu rechnen, dass sich im Zuständigkeitsbereich von Beuth die Dinge bald zum Besseren wandelten. Die Berufung der Kommission mit externen Experten sei ein Eingeständnis des Ministers, dass er mit seinem Latein am Ende sei. „Es schadet sicherlich nicht, wenn eine Reihe von honorigen Menschen darüber nachdenkt, wie die ideale Polizei aussehen könnte. Aber wir haben in Hessen kein theoretisches Problem, sondern ein ganz reales“, so Rudolph.
Alle Missstände bei der hessischen Polizei ließen sich „einer mangelhaften politischen Führung im Innenministerium“ zurückverfolgen und sollten nicht mit Expertenzirkeln, sondern „gelebter Vorbildhaftigkeit der Vorgesetzten“ beikommen. Der amtierende Innenminister Beuth sei seit beinahe sieben Jahren im Amt und habe in dieser Zeit „konsequent ignoriert, wie sich in Teilen der Polizei ein geradezu toxisches Verständnis von Staatsmacht und Staatsgewalt breitgemacht hat“, sagte Rudolph.
FDP will Ergebnisse abwarten
„Den vielen bisherigen Beauftragten von Innenminister Beuth war bisher stets gemein, dass sie massive Verdachtsmomente innerhalb seines eigenen Ladens ausräumen sollten, ohne etwas zu ändern“, sagte zudem der innenpolitische Sprecher der Linken-Fraktion Hermann Schaus. Dabei bezieht sich der Politiker auf die Ernennung eines Landesbeauftragten, Integritätsbeauftragten, Sonderermittler für Polizei sowie die Einführung eines Leitbilds. „Solange Peter Beuth Skandale und Probleme nur dann benennt, nachdem sie öffentlich wurden und dann jeweils auch nur um sie zu relativieren, damit sich möglichst nichts ändert“, betonte Schaus, solange werde man auch Beauftragte und Kommissionen kommen und gehen sehen.
Die FDP-Fraktion fand dagegen sanftere Worte. Stefan Müller, innenpolitischer Sprecher der Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag sagte, dass die Einsetzung der Expertenkommission deutlich mache, dass der Innenminister nach der Drohmail-Affäre Veränderungsbedarf bei der Polizei sehe und ein neues Leitbild für die Polizei für erforderlich halte. „Offen ist, wo seiner Meinung nach Verbesserungen erreicht werden können“, so Müller. Dennoch wolle man die Ergebnisse abwarten und anschließend bewerten.
19. August 2020, 13.06 Uhr
Johanna Wendel
Johanna Wendel
Jahrgang 1993, Technikjournalismus-Studium an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, seit Januar 2019 beim Journal Frankfurt. Mehr von Johanna
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24. November 2024
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