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AfE-Turm fällt

Der Countdown läuft

Die Tage des AfE-Turms sind gezählt. Am Sonntagmorgen wird er Geschichte sein. Während im Inneren die Sprengung präpariert wird, bereiten sich Schaulustige auf das Spektakel vor. Tausende werden erwartet.
Ein kalter Wind weht durch das fensterlose Stahlbetongerippe. Trümmerbrocken liegen auf dem staubigen Boden: Stücke von Betonwänden, der Teil einer Treppe, Rohre, ein Gestrüpp aus Drähten. Vor einem Jahr haben hier, im AfE-Turm, noch Seminare und Vorlesungen stattgefunden, es wurde gelernt, gelehrt und gearbeitet: Auf geistigen Baustellen der Psychologie, der Erziehungs- und Gesellschaftswissenschaften. Seit Monaten ist das Hochhaus eine tatsächliche Baustelle, der Turm wurde bis auf seine Wände und Decken zerlegt. Am Sonntagmorgen um 10 Uhr wird mit einem großen Knall auch der Rest zerstört sein.

Sprengmeister Eduard Reisch ist überzeugt, dass alles glatt gehen wird – „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ werde es keine Schäden an Personen oder den umliegenden Gebäuden geben. Fast eine Tonne Sprengstoff hat Reischs Team seit Montag in der Ruine verteilt. Die Pfeiler und Wände sind mit dünnen gelben Zündkabeln verdrahtet. Rund 1400 armlange Schlagpatronen sollen dafür sorgen, dass das 116-Meter-Hochhaus in sich zusammenfällt. Zwei Zündungen wird es geben, zehn Sekunden lang soll die gesamte Sprengung dauern. „Es ist eine große Herausforderung, ein so großes Gebäude planmäßig runterzubringen“, sagt Reisch, bleibt aber gelassen – denn Sprengungen beruhen auf Erfahrung, sind Routine und nichts als angewandte Physik. Und auf Naturgesetze ist in der Regel Verlass.

Auf das Wetter allerdings nicht immer. Dieses ist auch der einzige Faktor, der den Abriss noch verzögern könnte. Bei Nebel oder starkem Schneefall müsste das Unternehmen verschoben werden. Aber die Prognosen sprächen dagegen, sagt Reisch. Bis dahin verhindert ein Sicherheitsdienst, dass sich jemand unbefugt in der Ruine herumtreibt.

Am Sonntagvormittag darf sich innerhalb eines Umkreises von 250 Metern niemand auf der Straße aufhalten. Gut zusehen kann man vor der Sperrung vor der Messe an der Ludwig-Erhard-Anlage und vom Campus Bockenheim aus (nördlich der Mertonstraße). Weitere Straßensperren gibt es in der Senckenberganlage, an den Kreuzungen Kettenhofweg/Schumannstraße und Westendstraße/Schumannstraße. Es wird empfohlen, für die Anfahrt die U-Bahnen zu nutzen, die an diesem Vormittag planmäßig fahren, ausgenommen ist die U4 zwischen Bockenheimer Warte und Messe, die für die Zeit der Sprengung nicht verkehrt.

Wer nah genug dran aber weit genug entfernt ist, darf am Sonntagmorgen mit Gästen rechnen. Das Marriott-Hotel hat innerhalb von fünf Tagen seine 130 Zimmer mit Aussicht auf das Nachbargebäude ausgebucht. Das Experiminta Museum in der Hamburger Allee wirbt auf seiner Internetseite damit, dass man von seinen Fenstern auf der Hofseite die oberen 13 Stockwerke des AfE-Turms fallen sehen könne. Als angewandte Physik passt die Sprengung gut zum Programm der Experiminta. Dafür öffnet das Museum an dem Tag schon um 9 Uhr. Ein zusätzlicher Eintritt wird nach Angaben der Experiminta nicht erhoben. Wer die Distanz nicht scheut, kann sich auch am Main Tower in der Innenstadt anstellen. Dieser öffnet am Sonntag schon um 9 Uhr seine Plattform. Allerdings sind dort nur maximal 110 Besucher erlaubt.

Die meisten Schaulustigen dürften jedoch auf der Straße stehen. Mehr als 1800 Zusagen gibt es schon bei Facebook, etliche mehr werden es wohl sein. Mitarbeiter und Studenten der Universität, Ehemalige und auch nur neugierige Bürger. Denn immerhin handelt es sich um die größte Sprengung, die es je in Europa gegeben hat. Mit dieser Explosion sollen auch die Anwohner von der Lärmbelästigung erlöst werden. Dann gibt es nur noch eine große Staubwolke und wenn die sich gelegt hat, wird der Schutt abtransportiert, 50.000 Tonnen sollen es sein. Ein paar Jahre später sollen dort neue Hochhäuser entstehen - auf dem Kulturcampus Bockenheim.

Wem die Angelegenheit nicht wert ist, am Sonntagmorgen das Haus zu verlassen, muss nicht auf die Nachberichterstattung warten: Der Hessische Rundfunk überträgt das Spektakel live im Fernsehen. Die Sondersendung läuft von 9.30 bis 10.45 Uhr.

Meldungen, die im Internet kursieren, die Sprengung des AfE-Turms sei abgesagt, sind übrigens ein Scherz. Das Studenten-Projekt UTV (eine Art Universitätsfernsehen, aber online) schreibt in seinem Blog, dass die Universität nach dem Wasserschaden auf dem Campus Westend wieder zurück in den Turm ziehen wolle. Vielleicht schwingt bei der Satire auch ein wenig Wehmut mit.

>> Mehr zur Sprengung des AfE-Turms
 
Fotogalerie: AfE-Turm Der letzte Rundgang vor der Sprengung
 
31. Januar 2014, 10.00 Uhr
Lukas Gedziorowski
 
 
 
 
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