Hessen folgt nun doch der Empfehlung des Bundes, die Absagen von Großveranstaltungen ab 1000 Besucher*innen zu prüfen. Die nächsten beide Fußballspiele von Eintracht Frankfurt gegen den FC Basel und Borussia Mönchengladbach finden ohne Zuschauer*innen statt.

Update 11. März, 17:56: Auch das Europa League-Spiel von Eintracht Frankfurt gegen den FC Basel am kommenden Donnerstag wird nun doch ohne Publikum stattfinden. Grund dafür ist eine neue Infektionslage im Kanton Basel und dem angrenzenden französischen Elsass, über die das Gesundheitsamt Frankfurt Eintracht Frankfurt am Nachmittag informierte.

„Panik ist ein schlechter Ratgeber“, sagte Gesundheitsdezernent Stefan Majer (Bündnis 90/Die Grünen) am heutigen Mittwochmorgen. Es gehe vor allem darum, sich auf fachliche Meinungen und nicht auf politische Empfehlungen zu stützen. Diese ist nun eingetreten: Am vergangenen Sonntag sowie erneut am Montag sprach Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bundesweit die Empfehlung aus, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmenden bis auf Weiteres abzusagen. Dieser Empfehlung wollte Hessen vorerst nicht folgen. „Es ist eine Empfehlung des Bundesgesundheitsministers, wir werden schauen, ob daraus auch eine Empfehlung des Robert-Koch-Instituts insgesamt wird“, sagte der Hessische Gesundheitsminister Kai Klose (Bündnis 90/Die Grünen) noch am Montagnachmittag. Zu dieser Zeit war noch nicht bekannt, dass das Robert-Koch-Inistitut Italien ganzheitlich als Risikogebiet einstufen würde.

Die Entscheidung der italienischen Regierung am späten Montagabend Ein- und Ausreisesperren für das gesamte Staatsgebiet zu verhängen, führte auch auf Ebene der Hessischen Landesregierung zu einer neuen Risikobewertung. Am gestrigen Dienstagnachmittag entschied sich das Hessische Ministerium für Soziales und Integration nun doch dazu, eine Empfehlung zur Absage von Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmer*innen auszusprechen durch die Veranstaltenden und die Gesundheitsbehörden. „Wenn Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus vom Robert-Koch-Institut definierten Risikogebieten zu erwarten sind, legen wir die Absage auch bei einer niedrigeren zu erwartenden Teilnehmendenzahl als 1000 nahe“, so Klose am gestrigen Dienstag.

Bundesliga-Spiel am Sonntag findet ohne Publikum statt

Am heutigen Mittwochmorgen gab Gesundheitsdezernent Majer bekannt, dass man der Empfehlung des Robert-Koch-Instituts und dem fachlichen Rat folgen und Veranstaltungen mit über 1000 Besucher*innen gemeinsam mit dem Gesundheitsamt prüfen werde. Das macht sich nun bei einem Fußballspiel von Eintracht Frankfurt bemerkbar. Anders als das Rückrundenspiel in Basel, das für den 19. März angesetzt war, wird das Hinrundenspiel in Frankfurt gegen den FC Basel stattfinden. Bei der Schweiz handele es sich nicht um eine Risikogebiet und das Spiel finde unter freiem Himmel statt, dennoch sei diese Entscheidung ein Grenzfall, so Majer. Anders sieht die Situation für das Bundesliga-Spiegel am kommenden Sonntag gegen Borussia Mönchengladbach aus, das nun als sogenanntes „Geisterspiel“, also ohne Publikum, stattfinden wird. Der Landkreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen, der vom Coronavirus besonders stark betroffen ist, befinde sich in der Nähe von Mönchengladbach, was eine andere fachliche Auslegung verlange. Axel Hellmann, Vorstandsmitglied von Eintracht Frankfurt, kündigte für das Spiel am Donnerstag zusätzliche Einlasskontrollen und mehr paramedizinische Begleitung durch das Deutsche Rote Kreuz an. „Die Entscheidung bleibt den Ämtern und Behörden überlassen. Wir können keine eigene Aussage dazu tätigen und sind dankbar für den Austausch“, so Hellmann. Am kommenden Montag würde man über das weitere Vorgehen bei zukünftigen Spielen informieren. „Wir schauen von Spiel zu Spiel, wie wir vorgehen.“ Allgemein bitte man aber Erkrankte und Risikogruppen dazu auf, die Spiele nicht zu besuchen, Eintrittsgelder werde der Verein erstatten.

Spahn: „Auf ein Stück Alltag verzichten“

Auf Bundesebene äußerte sich am heutigen Mittwochmittag Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Gesundheitsminister Jens Spahn. „Versuchen Sie auf ein Stück Alltag zu verzichten, um andere zu schützen", appellierte Spahn. Auch Merkel nahm Bezug auf die Absagen von Großveranstaltungen: „Es ist nicht das zentrale Problem, dass ein Fußballspiel mit oder ohne Publikum stattfindet, wenn man damit einen Beitrag leisten kann, dass alte und kranke Menschen nicht in die Situation kommen, dass sie medizinisch nicht mehr behandelt werden können“, so Merkel. Der Wissensstand werde sich weiterhin von Woche zu Woche verändern, Einschätzungen klarer werden, aber auch neue hinzutreten. „Es geht auch um das Gewinnen von Zeit“, sagte die Bundeskanzlerin. Die Europäische Kommission werde renommierte Virologen in einem Expertenkreis zusammenstellen, um ein einheitliches Vorgehen in Europa zu besprechen. Auch die europäischen Gesundheitsminister stünden in enger Abstimmung und täglichem Kontakt. „Wir wollen einen Modus, in der kein europäisches Gesundheitssystem überfordert ist.“

Auf Wirtschaftseben stelle man Liquiditätshilfen zur Verfügung, insbesondere von der Kreditanstalt für Wiederaufbau, sowie die Ermöglichung von Lohnvorzahlungen. In Hessen ermöglicht man die Inanspruchnahme von Kurzarbeitsgeld, um Unternehmen und Beschäftigten kurzfristig helfen zu können. „Ich bin froh, dass die Bundesregierung hier zügig handelt. Dafür hatte ich mich auch nachdrücklicheingesetzt“, so der Hessische Ministpräsident Volker Bouffier (CDU) am gestrigen Dienstag.

Veranstaltungsabsagen in Frankfurt und Umgebung

Während die Eintracht noch spielt – wenn auch ohne Publikum – haben sich die Löwen Frankfurt dazu entschieden, alle Playoffs der DEL und der DEL2 abzusagen. Die Löwen-Gesellschafter Stefan Krämer und Andreas Stracke erklären: „Natürlich hätten wir uns gewünscht, die Saison anders zu Ende bringen zu können. Nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich ist die Absage der Playoffs äußerst schmerzhaft für uns.“ Alle Fans, die sich für die Playoffs 2020 Eintrittskarten gekauft haben, erhalten ihr Geld zurück.

Neben der Musikmesse, die vom 1.-4. April stattfinden sollte, und der Land und Genuss (20. bis 22. März ) haben sich auch die Frankfurter Museen dazu entschieden, Maßnahmen zu ergreifen und größere Veranstaltungen abzusagen: So hat die Schirn Kunsthalle ihre beiden Events Schirn at Night (28. März) sowie die Kinderkunstnacht (18. April) auf unbestimmte Zeit verschoben, das Städel hat die Partys zur Sonderausstellung „Zurück in die Gegenwart“ ebenfalls abgesagt.

Der Hessische Rundfunk hat die beiden hr-Sinfoniekonzerte, 12. und, 13. März, in der Alten Oper Frankfurt abgesagt. Ebenso fällt der bereits auf die Matinee reduzierte hr2-Kulturlunch am Sonntag, dem 15. März, im hr-Sendesaal aus. Die Karten für die beiden ausgefallenen Veranstaltungen verlieren ihre Gültigkeit und werden dort erstattet, wo sie gekauft wurden. Um nicht ganz auf das musikalische Angebot verzichten zu müssen, hat der HR eine Alternative für das Publikum zuhause organisiert. Das Programm des Sinfonieorchesters wird live gestreamt und ist am Donnerstag, dem 12. März, ab 20 Uhr auf YouTube und unter www.hr-sinfonieorchester.de zu sehen.

Auch die Deutsche Philharmonie Merck hat die Absage aller Konzerte bis Ostern bekannt gegeben. Betroffen davon ist unter anderem das Konzert „Heroische Kräfte“, das am 15.3. im Staatstheater Darmstadt stattfinden sollte. Hierfür wird noch ein Ersatztermin gesucht. Die drei Filmmusikkonzerte „Magic of Movie“, die für den 5. und 6.4. im Staatstheater Darmstadt geplant waren, finden nächstes Jahr am 18. und 19.4. statt. Grundsätzlich behalten bereits erworbene Tickets ihre Gültigkeit. Alternativ können diese gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben werden.