Partner
Frankfurter Buchmesse
Jabarine und Mendel: Hamas und Palästinenser nicht in einen Topf werfen
Wegen des Angriffs der Hamas in Israel wurden manche Veranstaltungen der Frankfurter Buchmesse umgeplant. Meron Mendel und Alina Jabarine sprachen über die Schwierigkeit, über den Krieg zu diskutieren.
Die Frankfurter Buchmesse wird zu einem großen Teil vom Angriff der Hamas in Israel überschattet. Im Zuge dessen wurde die Verleihung des „LiBeraturpreises“ 2023 an die palästinensische Autorin Adania Shibli verschoben, was für Diskussionen sorgte. Ebenso wird derzeit kritisch besprochen, wie der slowenische Philosoph Slavoj Žižek die Buchmesse mit seiner Rede miteröffnete. Žižek hatte vor allem gefordert, im Aufeinandertreffen der Hamas und Israel die Lage der Palästinenser nicht zu vergessen.
Aufgrund der aktuellen Lage wurde kurzerhand auch ein Podium mit Meron Mendel, Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, und der Journalistin Alina Jabarine thematisch angepasst. Unter dem neuen Titel „Israel und Palästina – Wege aus der Unversöhnlichkeit“ sprachen die beiden über die den Krieg, aber vor allem über die Debatten darüber.
Mendel auf der Frankfurter Buchmesse: „Dehumanisierung von Juden ist vorangeschritten“
Mendel betont, dass eine vernünftige Diskussion über das hochaktuelle Thema nur geführt werden könne, wenn alle Seiten das Völkerrecht anerkennen würden. Er erwartet von seinen Gesprächspartnern, dass die Existenz Israels anerkannt wird. Er wolle mit jedem reden, aber ihn erschreckt, wie stark in der Öffentlichkeit und in Diskussionen über den Krieg und den Nahostkonflikt „die Dehumanisierung von Juden vorangeschritten ist“.
Jabarine sieht das ähnlich. Auch sie sieht, was für Dinge an die Oberfläche kommen würden, etwa Hass-Kommentare unter Fernsehbeiträgen. Ihr sei auch schon vorgeworfen worden, dass sie mit ihrem israelischen Pass doch gar nicht mitreden könne.
Worin sich denn auch beide einig sind, ist die Einzigartigkeit des Angriffes der Hamas. Dieses Ereignis stehe für sich allein und müsse „nicht sofort kontextualisiert werden“, sagt Mendel. Daher könne er etwa nicht verstehen, wie in manchen linken Kreisen die bloße Beschreibung der Gräueltaten bereits kritisiert werde. Auch über die Folgen – etwa für die Buchmesse – zeigen sich die beiden verwundert.
Jabarine: Verschiebung des „LiBeraturpreises“ „falsches Signal“ an deutsche Gesellschaft
Bisher habe niemand ernsthaft deutlich gemacht, warum die Ehrung von Adania Shibli verschoben worden ist, sagt Jabarine. „Was ist die Message?“ Das sei keine sinnvolle, sondern eine allzu reflexhafte Reaktion und sende ein falsches Signal an die deutsche Gesellschaft: So würden Hamas und Palästinenser in einen Topf geworfen und die palästinensischen Menschen in Kollektivhaft genommen. Mendel stimmt ihr zu: Wenn es brenzlig sei, würden viele absagen. „Das ist ein falsches Verständnis von Rücksicht.“ Beide betonen, dass es einen Unterschied gibt zwischen einer Hamas- und einer Palästina-Unterstützung, etwa bei den Demonstrationen, und dass erstere in der Minderheit seien.
Auch in den Institutionen wünscht sich Mendel ein Umdenken. Seiner Erfahrung nach habe es nach 9/11 in den Schulen Schweigeminuten gegeben, nach den Angriffen der Hamas sei es einfach mit der Tagesordnung weitergegangen. In der Kultur und in der Bildung werde er deshalb versuchen, den Krieg und die Gräuel zu besprechen.
Sie beide plädieren dafür, bei solchen Ereignissen zunächst einen Schritt zurückzugehen. So etwas sei kein Fußballspiel, wo man sich auf eine Seite stellt, sagt Jabarine. Das helfe nicht weiter und schade letztlich allen. Stattdessen solle man sich zurücknehmen, den Betroffenen zuhören und die Fakten abwarten.
Aufgrund der aktuellen Lage wurde kurzerhand auch ein Podium mit Meron Mendel, Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, und der Journalistin Alina Jabarine thematisch angepasst. Unter dem neuen Titel „Israel und Palästina – Wege aus der Unversöhnlichkeit“ sprachen die beiden über die den Krieg, aber vor allem über die Debatten darüber.
Mendel betont, dass eine vernünftige Diskussion über das hochaktuelle Thema nur geführt werden könne, wenn alle Seiten das Völkerrecht anerkennen würden. Er erwartet von seinen Gesprächspartnern, dass die Existenz Israels anerkannt wird. Er wolle mit jedem reden, aber ihn erschreckt, wie stark in der Öffentlichkeit und in Diskussionen über den Krieg und den Nahostkonflikt „die Dehumanisierung von Juden vorangeschritten ist“.
Jabarine sieht das ähnlich. Auch sie sieht, was für Dinge an die Oberfläche kommen würden, etwa Hass-Kommentare unter Fernsehbeiträgen. Ihr sei auch schon vorgeworfen worden, dass sie mit ihrem israelischen Pass doch gar nicht mitreden könne.
Worin sich denn auch beide einig sind, ist die Einzigartigkeit des Angriffes der Hamas. Dieses Ereignis stehe für sich allein und müsse „nicht sofort kontextualisiert werden“, sagt Mendel. Daher könne er etwa nicht verstehen, wie in manchen linken Kreisen die bloße Beschreibung der Gräueltaten bereits kritisiert werde. Auch über die Folgen – etwa für die Buchmesse – zeigen sich die beiden verwundert.
Bisher habe niemand ernsthaft deutlich gemacht, warum die Ehrung von Adania Shibli verschoben worden ist, sagt Jabarine. „Was ist die Message?“ Das sei keine sinnvolle, sondern eine allzu reflexhafte Reaktion und sende ein falsches Signal an die deutsche Gesellschaft: So würden Hamas und Palästinenser in einen Topf geworfen und die palästinensischen Menschen in Kollektivhaft genommen. Mendel stimmt ihr zu: Wenn es brenzlig sei, würden viele absagen. „Das ist ein falsches Verständnis von Rücksicht.“ Beide betonen, dass es einen Unterschied gibt zwischen einer Hamas- und einer Palästina-Unterstützung, etwa bei den Demonstrationen, und dass erstere in der Minderheit seien.
Auch in den Institutionen wünscht sich Mendel ein Umdenken. Seiner Erfahrung nach habe es nach 9/11 in den Schulen Schweigeminuten gegeben, nach den Angriffen der Hamas sei es einfach mit der Tagesordnung weitergegangen. In der Kultur und in der Bildung werde er deshalb versuchen, den Krieg und die Gräuel zu besprechen.
Sie beide plädieren dafür, bei solchen Ereignissen zunächst einen Schritt zurückzugehen. So etwas sei kein Fußballspiel, wo man sich auf eine Seite stellt, sagt Jabarine. Das helfe nicht weiter und schade letztlich allen. Stattdessen solle man sich zurücknehmen, den Betroffenen zuhören und die Fakten abwarten.
20. Oktober 2023, 11.43 Uhr
Till Geginat
Till Geginat
Jahrgang 1994, Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe Universität Frankfurt, seit November 2022 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Till
Geginat >>
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Politik
Stammwerk Rüsselsheim
Opel-Produktion steht still
Ab dem 1. Dezember hat Opel seine Produktion im hessischen Stammwerk Rüsselsheim für eine Woche gedrosselt. Bis zum 9. Dezember laufen keine Autos mehr vom Band.
Text: Lukas Mezler / Foto: Aus dem Stammwerk in Rüsselsheim fährt diese Woche kein Auto © Adobe Stock/ nmann77
PolitikMeistgelesen
- Städtische BühnenNeue Kulturmeile für Frankfurt: Schauspielhaus vor Neustart
- Rechtsextreme GruppenchatsDisziplinarverfahren gegen Frankfurter Polizeibeamte
- Doppelhaushalt 2024/2025Frankfurter Finanzierungsplan ist rechtskräftig
- Fördergeld vom Land HessenFrankfurter erhalten Hessengeld
- Deutsche Nationalbibliothek FrankfurtZeugnisse gegen das Vergessen
3. Dezember 2024
Journal Tagestipps
Freie Stellen