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CDU-Chef Friedrich Merz bei der Debatte im Bundestag © picture alliance / REUTERS | Nadja Wohlleben
Frage um Positionierung und Distanzierung von Merz
Frankfurter SPD schreibt Brief an CDU-Kreisverband
Friedrich Merz und die CDU haben bei der Abstimmung im Bundestag eine Mehrheit mit der AfD gefunden. Die Frankfurter SPD wendet sich indes an den Kreisverband der CDU und fordert ihn auf, sich zu positionieren.
Update, 15.52 Uhr: Als Reaktion auf den gestrigen „Dammbruch“ hat sich die Frankfurter SPD nun in einem Brief an den Kreisverband der CDU gewandt und fragt: „Wie positioniert sich die CDU Frankfurt? Teilen Sie den Kurs von Friedrich Merz oder distanzieren Sie sich von dieser Annäherung an die AfD?“. Die SPD betont die „historische Verantwortung“ der CDU für die „Stabilität der Demokratie in Deutschland" und bezeichnet die gestrigen Geschehnisse als „erschütternd und nicht hinnehmbar“ – insbesondere vor dem Hintergrund des Holocaust-Gedenkens. „Die Kirchen protestieren im Namen der Menschlichkeit gegen die Partei mit dem C im Namen", heißt es außerdem.
Gemeinsam mit der Grünen Jugend Hessen haben sich auch die Jusos Hessen noch einmal zu Wort gemeldet und „verurteilen aufs Schärfste die Annäherung der CDU Hessen an rechtsextreme Positionen und die fehlende Abgrenzung zur AfD“.
Unter dem Motto „Alle zusammen gegen den Faschismus - Echte Brandmauer statt rechte Brandstifter“ findet heute Abend um 19 Uhr eine Spontandemo auf dem Römer statt. Das gaben die Interventionistische Linke Frankfurt unter anderem gemeinsam mit dem AStA der Goethe-Uni und der Frankfurter Seebrücke auf Instagram bekannt. Die Brandmauer sei eingerissen worden, steht im Aufruf zur Demonstration.
„Wer mit der AfD paktiert, bricht mit den Grundwerten unserer Demokratie“
Erstmeldung, 30. Januar, 11.49 Uhr: Bei der gestrigen Abstimmung im Bundestag wurde zum ersten Mal eine Mehrheit mit der AfD gebildet – wenige Stunden nach dem Gedenken an die Befreiung von Auschwitz vor 80 Jahren. Bereits am Freitag, den 31. Januar, könnten die AfD-Abgeordneten mithilfe ihrer Stimmen erstmalig die Mehrheit für ein Gesetz ermöglichen. Der Gedanke an Bilder von „jubelnden und feixenden AfD-Abgeordneten“ bereite CDU-Chef Friedrich Merz zwar „größtes Unbehagen“, wie er in seiner Rede im Vorfeld der Abstimmung sagte, die Schuld für diesen Umstand sieht Merz allerdings nicht in den eigenen Reihen, sondern bei SPD und Grünen.
Während der Antrag der Union zum Thema Migration (Fünf-Punkte-Plan) die Bundesregierung nicht rechtlich bindet und weitere Anträge von Union, FDP und AfD abgelehnt wurden, plädiert das Parlament für die sofortige Umsetzung des Plans. Er sieht unter anderem dauerhafte Grenzkontrollen, automatische Haft für ausreisepflichtige Personen sowie die „Zurückweisung ausnahmslos aller Versuche illegaler Einreise“ vor. Laut Einschätzungen von Amnesty International ist er europarechtswidrig und „menschenfeindlich“.
Bundestag stimmt über Zustrombegrenzungsgesetz ab
Am Freitag steht das Zustrombegrenzungsgesetz auf der Tagesordnung des Bundestags. Ähnlich wie bei der gestrigen Abstimmung wird eine Mehrheit für den Gesetzesentwurf im Bundestag erwartet – mit den Stimmen von CDU/CSU, AfD, FDP und BSW. In nächster Instanz würde das Gesetz dann dem Bundesrat zur Zustimmung vorgelegt.
Info
Zustrombegrenzungsgesetz
Das „Gesetz zur Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland“ sieht vor, eine Änderung des Aufenthaltsgesetzes aus dem Jahr 2023 rückgängig zu machen und die „Begrenzung der Zuwanderungssteuerung“ wieder als ausdrückliches Ziel festzulegen. Der Familiennachzug zu geflüchteten Personen mit „subsidiärem Schutz“ soll bis auf weiteres beendet werden. Außerdem soll die Bundespolizei eine eigene „Zuständigkeit für die Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen“ an Bahnhöfen bekommen sowie „Haft und Gewahrsam zur Sicherung der Abschiebung“ beantragen dürfen. Konkret geht es um Drittstaatsangehörige ohne Duldung ebenso wie jene mit Duldung wegen fehlender Reisedokumente.
Der Gesetzesentwurf stammt aus dem September und hat bereits im November keine Mehrheit im Innenausschuss des Bundestags bekommen.
Auf Landesebene hatte sich der Hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) bereits hinter seinen Parteikollegen Merz gestellt und in puncto Fünf-Punkte-Plan gegenüber der dpa gesagt: „Aus meiner Sicht ist jetzt die große Chance, in dieser Woche im Deutschen Bundestag dazu eine Abstimmung zu haben. Und jetzt wird sich zeigen, wer es ernst meint und wer es nicht ernst meint.“ Gleichzeitig betonte Rhein, die CDU und die AfD hätten nichts gemeinsam und würden nicht zusammenarbeiten.
Grünen-Landtagsfraktion übt scharfe Kritik an Rhein
Die Landtagsfraktionen der SPD und der Grünen in Hessen haben sich unterdessen dafür ausgesprochen im Bundesrat keinem Gesetz zuzustimmen, das im Bundestag auf AfD-Stimmen angewiesen war – und folgen damit der Haltung des CDU-eigenen Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins, Daniel Günther. „Es ist bedauerlich, dass nur wenige in der CDU die Kraft haben, sich dem Kurs von Friedrich Merz entgegenzustellen“, sagt der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Mathias Wagner. Das „kraftmeierische Gerede“ von Boris Rhein führe zu einem offenen Streit in der hessischen Koalition und die „Regierungskrise“ in Hessen sei „absehbar“.
„Dass Rhein die unmenschlichen Forderungen von Merz verteidigt und eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht ausschließt, ist brandgefährlich“, findet auch der Landesvorsitzende der Jusos Hessen, Lukas Schneider. Nach der Gewalttat in Aschaffenburg brauche es eine „besonnene Debatte“ und „effektive Lösungen“ anstelle von „populistischen Schnellschüsse, die nur rechte Narrative bedienen“. „Wer mit der AfD paktiert, bricht mit den Grundwerten unserer Demokratie.“
Frankfurter SPD-Bundestagsabgeordneter Zorn spricht von Zäsur
SPD-Bundestagsabgeordneter und Direktkandidat zur Bundestagswahl in Frankfurt, Armand Zorn, spricht von einer Zäsur: „Seit Gründung der Bundesrepublik vor über 75 Jahren galt der grundlegende Konsens aller Demokratinnen und Demokraten: Zusammenarbeit mit Rechtsextremen ist ausgeschlossen.“ Demokratie sei nicht immer einfach, aber „gerade wir in Frankfurt, mit all unseren unterschiedlichen Hintergründen und Lebensperspektiven, wissen, dass Vielfalt eine Stärke ist“.
Gemeinsam mit der Grünen Jugend Hessen haben sich auch die Jusos Hessen noch einmal zu Wort gemeldet und „verurteilen aufs Schärfste die Annäherung der CDU Hessen an rechtsextreme Positionen und die fehlende Abgrenzung zur AfD“.
Unter dem Motto „Alle zusammen gegen den Faschismus - Echte Brandmauer statt rechte Brandstifter“ findet heute Abend um 19 Uhr eine Spontandemo auf dem Römer statt. Das gaben die Interventionistische Linke Frankfurt unter anderem gemeinsam mit dem AStA der Goethe-Uni und der Frankfurter Seebrücke auf Instagram bekannt. Die Brandmauer sei eingerissen worden, steht im Aufruf zur Demonstration.
Erstmeldung, 30. Januar, 11.49 Uhr: Bei der gestrigen Abstimmung im Bundestag wurde zum ersten Mal eine Mehrheit mit der AfD gebildet – wenige Stunden nach dem Gedenken an die Befreiung von Auschwitz vor 80 Jahren. Bereits am Freitag, den 31. Januar, könnten die AfD-Abgeordneten mithilfe ihrer Stimmen erstmalig die Mehrheit für ein Gesetz ermöglichen. Der Gedanke an Bilder von „jubelnden und feixenden AfD-Abgeordneten“ bereite CDU-Chef Friedrich Merz zwar „größtes Unbehagen“, wie er in seiner Rede im Vorfeld der Abstimmung sagte, die Schuld für diesen Umstand sieht Merz allerdings nicht in den eigenen Reihen, sondern bei SPD und Grünen.
Während der Antrag der Union zum Thema Migration (Fünf-Punkte-Plan) die Bundesregierung nicht rechtlich bindet und weitere Anträge von Union, FDP und AfD abgelehnt wurden, plädiert das Parlament für die sofortige Umsetzung des Plans. Er sieht unter anderem dauerhafte Grenzkontrollen, automatische Haft für ausreisepflichtige Personen sowie die „Zurückweisung ausnahmslos aller Versuche illegaler Einreise“ vor. Laut Einschätzungen von Amnesty International ist er europarechtswidrig und „menschenfeindlich“.
Am Freitag steht das Zustrombegrenzungsgesetz auf der Tagesordnung des Bundestags. Ähnlich wie bei der gestrigen Abstimmung wird eine Mehrheit für den Gesetzesentwurf im Bundestag erwartet – mit den Stimmen von CDU/CSU, AfD, FDP und BSW. In nächster Instanz würde das Gesetz dann dem Bundesrat zur Zustimmung vorgelegt.
Zustrombegrenzungsgesetz
Das „Gesetz zur Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland“ sieht vor, eine Änderung des Aufenthaltsgesetzes aus dem Jahr 2023 rückgängig zu machen und die „Begrenzung der Zuwanderungssteuerung“ wieder als ausdrückliches Ziel festzulegen. Der Familiennachzug zu geflüchteten Personen mit „subsidiärem Schutz“ soll bis auf weiteres beendet werden. Außerdem soll die Bundespolizei eine eigene „Zuständigkeit für die Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen“ an Bahnhöfen bekommen sowie „Haft und Gewahrsam zur Sicherung der Abschiebung“ beantragen dürfen. Konkret geht es um Drittstaatsangehörige ohne Duldung ebenso wie jene mit Duldung wegen fehlender Reisedokumente.
Der Gesetzesentwurf stammt aus dem September und hat bereits im November keine Mehrheit im Innenausschuss des Bundestags bekommen.
Auf Landesebene hatte sich der Hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) bereits hinter seinen Parteikollegen Merz gestellt und in puncto Fünf-Punkte-Plan gegenüber der dpa gesagt: „Aus meiner Sicht ist jetzt die große Chance, in dieser Woche im Deutschen Bundestag dazu eine Abstimmung zu haben. Und jetzt wird sich zeigen, wer es ernst meint und wer es nicht ernst meint.“ Gleichzeitig betonte Rhein, die CDU und die AfD hätten nichts gemeinsam und würden nicht zusammenarbeiten.
Die Landtagsfraktionen der SPD und der Grünen in Hessen haben sich unterdessen dafür ausgesprochen im Bundesrat keinem Gesetz zuzustimmen, das im Bundestag auf AfD-Stimmen angewiesen war – und folgen damit der Haltung des CDU-eigenen Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins, Daniel Günther. „Es ist bedauerlich, dass nur wenige in der CDU die Kraft haben, sich dem Kurs von Friedrich Merz entgegenzustellen“, sagt der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Mathias Wagner. Das „kraftmeierische Gerede“ von Boris Rhein führe zu einem offenen Streit in der hessischen Koalition und die „Regierungskrise“ in Hessen sei „absehbar“.
„Dass Rhein die unmenschlichen Forderungen von Merz verteidigt und eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht ausschließt, ist brandgefährlich“, findet auch der Landesvorsitzende der Jusos Hessen, Lukas Schneider. Nach der Gewalttat in Aschaffenburg brauche es eine „besonnene Debatte“ und „effektive Lösungen“ anstelle von „populistischen Schnellschüsse, die nur rechte Narrative bedienen“. „Wer mit der AfD paktiert, bricht mit den Grundwerten unserer Demokratie.“
SPD-Bundestagsabgeordneter und Direktkandidat zur Bundestagswahl in Frankfurt, Armand Zorn, spricht von einer Zäsur: „Seit Gründung der Bundesrepublik vor über 75 Jahren galt der grundlegende Konsens aller Demokratinnen und Demokraten: Zusammenarbeit mit Rechtsextremen ist ausgeschlossen.“ Demokratie sei nicht immer einfach, aber „gerade wir in Frankfurt, mit all unseren unterschiedlichen Hintergründen und Lebensperspektiven, wissen, dass Vielfalt eine Stärke ist“.
30. Januar 2025, 15.52 Uhr
Sina Claßen
Sina Claßen
Studium der Publizistik und des Öffentlichen Rechts an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Oktober 2023 beim Journal Frankfurt. Mehr von Sina
Claßen >>
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