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Kolumne
Mit KI im Stil von Brecht oder Hölderlin schreiben
KI ist das beherrschende Thema. Auch der Journalismus bleibt nicht davon verschont. Der Axel Springer-Verlag übernimmt diesbezüglich eine Pionierrolle. Kolumne von Christoph Schröder.
Kürzlich war ich auf der Feier eines runden Geburtstages. Eine Freundin des Jubilars hatte sich ein besonderes Geschenk ausgedacht: Sie hatte die Kurzbiografie des Geburtstagskindes aufgeschrieben und diese dann durch die künstliche Intelligenz GPT-4 gejagt mit dem Auftrag, den Text jeweils im Stil großer Dichter umzuschreiben: Brecht, Hölderlin, Kafka, Benn. Die Ergebnisse las sie der Geburtstagsgesellschaft vor und lachte währenddessen selbst Tränen.
Ein gelungener Partyscherz, mehr nicht
Der Stil der jeweiligen Dichter war zum einen relativ perfekt getroffen, zum anderen aber immer sehr nahe an der Persiflage. Ein gelungener Partyscherz, mehr nicht. Dass die KI, die gerade das beherrschende Debattenthema ist, irgendwann ihren Einzug auch in den Journalismus halten würde, war nur eine Frage der Zeit. Die Zeitungen müssen sparen, wo sie nur können, die Internetportale Content produzieren, ganz gleich wie.
Axel Springer-Verlag wieder ganz vorne mit dabei
Dass der Axel Springer-Verlag diesbezüglich wieder einmal eine Pionierrolle übernimmt, ist keine große Überraschung. Die Maßnahmen, die nun angekündigt wurden, klingen aber schon ein wenig gruselig. Man werde sich, so heißt es, „leider auch von Kollegen trennen, die Aufgaben haben, die in der digitalen Welt durch KI und/oder Prozesse ersetzt werden“. Ausprobiert wird das natürlich auch bei der BILD-Zeitung.
Sie kann reproduzieren, aber nicht erfinden
Erster Reflex: Da fällt das doch bestimmt gar nicht auf. Stimmt aber nicht. Die BILD ist unschön, perfide, aufwieglerisch, aber in ihrem unverwechselbaren Stil auch ziemlich elaboriert. Eine KI, das muss man sich ja immer wieder bewusst machen, kann nur auf Material zurückgreifen, das der Mensch zuvor geliefert hat. Eine KI wächst also niemals über den Menschen heraus. Sie kann reproduzieren, aber nicht erfinden.
Vielleicht kann sie irgendwann Kuchen backen, aber sich keine eigenen Rezepte ausdenken. Im Übrigen habe ich diesen Text hier durch GPT-4 gejagt, mit dem Auftrag, wie Kafka, Hölderlin oder die BILD-Zeitung zu klingen. Sie dürfen sich aussuchen, welche Variante davon Sie jetzt gerade gelesen haben.
Der Stil der jeweiligen Dichter war zum einen relativ perfekt getroffen, zum anderen aber immer sehr nahe an der Persiflage. Ein gelungener Partyscherz, mehr nicht. Dass die KI, die gerade das beherrschende Debattenthema ist, irgendwann ihren Einzug auch in den Journalismus halten würde, war nur eine Frage der Zeit. Die Zeitungen müssen sparen, wo sie nur können, die Internetportale Content produzieren, ganz gleich wie.
Dass der Axel Springer-Verlag diesbezüglich wieder einmal eine Pionierrolle übernimmt, ist keine große Überraschung. Die Maßnahmen, die nun angekündigt wurden, klingen aber schon ein wenig gruselig. Man werde sich, so heißt es, „leider auch von Kollegen trennen, die Aufgaben haben, die in der digitalen Welt durch KI und/oder Prozesse ersetzt werden“. Ausprobiert wird das natürlich auch bei der BILD-Zeitung.
Erster Reflex: Da fällt das doch bestimmt gar nicht auf. Stimmt aber nicht. Die BILD ist unschön, perfide, aufwieglerisch, aber in ihrem unverwechselbaren Stil auch ziemlich elaboriert. Eine KI, das muss man sich ja immer wieder bewusst machen, kann nur auf Material zurückgreifen, das der Mensch zuvor geliefert hat. Eine KI wächst also niemals über den Menschen heraus. Sie kann reproduzieren, aber nicht erfinden.
Vielleicht kann sie irgendwann Kuchen backen, aber sich keine eigenen Rezepte ausdenken. Im Übrigen habe ich diesen Text hier durch GPT-4 gejagt, mit dem Auftrag, wie Kafka, Hölderlin oder die BILD-Zeitung zu klingen. Sie dürfen sich aussuchen, welche Variante davon Sie jetzt gerade gelesen haben.
2. Juli 2023, 12.00 Uhr
Christoph Schröder
Christoph Schröder
Christoph Schröder studierte in Mainz Germanistik, Komparatistik und Philosophie. Seine Interessensschwerpunkte liegen auf der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur und dem Literaturbetrieb. Er ist Dozent für Literaturkritik an der Goethe-Universität Frankfurt. Mehr von Christoph
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