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Städtische Bühnen
Jan Schneider: „Ich würde den Kritikern dringend raten, sich mehr mit der Qualität des Entwurfs zu beschäftigen“
Der Immobilienentwickler Groß und Partner hat das Architekturbüro OMA mit einem Entwurf für den Neubau der Städtischen Bühnen am Osthafen beauftragt. Baudezernent Jan Schneider begrüßt den Beitrag als neue Perspektive in der Debatte.
JOURNAL FRANKFURT: Herr Schneider, der Immobilienentwickler Groß und Partner hat gestern einen Entwurf für eine neue Doppelanlage am Osthafen vorgelegt. Was halten Sie davon?
Jan Schneider: Ich begrüße es sehr, dass es nun einen Entwurf gibt, der in Zusammenarbeit eines Frankfurter Unternehmens und des renommierten Architekturbüros OMA entstanden ist. Ein solcher Entwurf hat bisher in der Debatte gefehlt. Natürlich hatten wir Bilder im Kopf, wie ein Neubau von Schauspiel und Oper am Osthafen aussehen könnte, aber das große Potenzial dieses Standorts wird leichter verständlich, wenn es Bilder zur Visualisierung gibt. Die vorgelegte Idee bringt eine neue Perspektive in die Diskussion.
Kulturdezernentin Ina Hartwig hat angesichts des Entwurfs von zwei „Ufos“ gesprochen, die man allerdings in der Innenstadt am Willy-Brandt-Platz landen lassen sollte.
Ich bin kein Ufo-Experte, daher kann ich diese Aussage nur bedingt beurteilen. Wir müssen zum jetzigen Zeitpunkt aber auch gar nicht vertieft über die Architektur diskutieren. Darüber wird erst später zu entscheiden sein. Wenn wir soweit sind, über das Erscheinungsbild zu sprechen, wird es einen Architektenwettbewerb geben. Bis dahin sollten man sich nicht an einzelnen Fassadenansichten abarbeiten, sondern den vorgelegten Entwurf abstrakter betrachten. Die Entwürfe zeigen die Entwicklungsmöglichkeiten an diesem Standort auf, wir sehen, was auf dem riesigen Areal entstehen kann. Dort könnte etwas entstehen, das eben nicht bloß eine isolierte Bühne in dem vermeintlich „kalten“ Industriegebiet wäre. Wir haben die Möglichkeit, am Osthafen ein weithin sichtbares Gebäude und ein urbanes Umfeld zu schaffen, mit Grünflächen und einer Promenade direkt am Fluss.
Einige kritische Stimmen argumentieren, der Entwurf stamme nicht von Rem Koolhaas selbst, sondern „nur“ von einer Mitarbeiterin seines Büros OMA. Ein Versuch, von der Sache abzulenken?
(Anm. d. Red.: Auf Anfrage des JOURNAL FRANKFURT hat OMA inzwischen bestätigt, hinter dem Entwurf zu stehen.)
Diese Argumentation verwundert mich doch sehr. Jeder, der sich mit Architektur beschäftigt, weiß, dass an solchen Entwürfen zahlreiche Personen arbeiten. Es liegt auf der Hand, dass in einem Büro mit rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Chef nicht alles selbst macht. Wer aus dem Team letztendlich den Entwurf angefertigt hat, ist für mich auch vollkommen irrelevant. Diejenigen, die meinen, hieraus einen Skandal machen zu können, haben ganz offensichtlich keine sachlichen Argumente zur Debatte beizusteuern. Ich würde den Kritikern jedenfalls dringend raten, sich mehr mit der Qualität und Aussage des Entwurfs zu beschäftigen und weniger mit der kleinkariert anmutenden Frage seines Verfassers. Das würde zu einer sinnvollen, zukunftsweisenden Diskussion beitragen.
Hilft die neue Perspektive denn wirklich bei der Standortdebatte oder werden die Fronten möglicherweise eher verhärtet? Immerhin sprechen schon einige von einem „CDU-Entwurf“.
Zunächst einmal ist das kein CDU-Entwurf. Der Entwurf wurde dankenswerterweise von einem Frankfurter Unternehmen in Auftrag gegeben, um einen Beitrag zur Debatte zu leisten. Wir brauchen natürlich für sämtliche möglichen Standorte Ideen und Entwürfe, aber da sich bisher zu wenig mit dem Areal am Osthafen auseinandergesetzt wurde, brauchte es den nun vorgelegten Entwurf, um zu zeigen, dass der Standort am Osthafen gleichwertig zu allen anderen Optionen zu betrachten ist. Wenn wir feststellen, dass wir mehrere gleichwertige Standorte zur Verfügung haben, können wir die Debatte sehr viel objektiver führen, anstatt uns nur mit dem Umfeld des Willy-Brand-Platz auseinanderzusetzen. Am Ende geht es darum, dass dieser Entwurf das Potenzial hat, die Möglichkeiten aufzuzeigen. Die Bilder sind wichtig, um zu verstehen, dass am Osthafen ein urbanes Quartier entstehen kann, das bis an den Main reicht
Sie haben zu einem früheren Zeitpunkt die Berufung eines Bühnenbeirats vorgeschlagen, der Expertinnen und Experten zusammenbringen soll, die nicht aus der Parteipolitik kommen. Halten Sie an dieser Idee fest?
Ich habe dafür plädiert, einen solchen Bühnenbeirat einzuberufen und bin immer noch von der Idee überzeugt. Es ging nie darum, die Entscheidung zu verschleppen, sondern im Gegenteil eine Entscheidung zu treffen, die auch über die Parteigrenzen hinweg Akzeptanz findet. Wir bewegen uns aktuell viel zu sehr in diesen Parteigrenzen – das wird dem Projekt und seiner Tragweite nicht gerecht. Die Entscheidung muss natürlich am Ende von Magistrat und Stadtverordnetenversammlung getroffen werden, aber auch Politikerinnen und Politiker wissen nicht alles und wir sind gut beraten, wenn wir uns Hilfe von Fachleuten holen. Ich halte es daher für wichtig, die Kunstschaffenden, Intendanten, Städteplaner und Architekten einzubeziehen. Denn wir brauchen am Ende eine Entscheidung, die auf möglichst breite Akzeptanz trifft. Dieser Vorschlag ist bisher im Römer auf keine große Gegenliebe gestoßen. Um ehrlich zu sein, wundert es mich, dass Menschen, die noch nie ein Schauspiel oder eine Oper gebaut haben, glauben, alleine eine Entscheidung treffen zu können.
Im April soll voraussichtlich eine Entscheidung bezüglich des Standorts der Städtischen Bühnen fallen. Was wünschen Sie sich bis dahin für die Debatte?
Der Standort muss sich am Ende gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern vertreten lassen. Ich kann alle verstehen, die am Wolkenfoyer, an dem großartigen Blick in die Stadt und den vielen anderen Vorteilen des heutigen Hauses hängen, aber alle, die noch über den Standort Willy-Brandt-Platz diskutieren, müssen sich vergegenwärtigen, dass nichts von dem, was aktuell dort zu sehen ist, stehen bleiben wird. Kunst hat immer davon gelebt, dass sie sich stetig neu erfindet. Das lässt sich auch auf die Standortfrage übertragen. Wir werden so oder so mindestens 800 Millionen Euro in die Hand nehmen müssen. Warum haben wir nicht den Mut, über den Willy-Brandt-Platz hinauszudenken und ein echtes Zeichen für die Kultur zu setzen?
Eine ausführliche Themenstrecke zu den Städtischen Bühnen und dem Entwurf von Rem Koolhaas' Büro OMA finden Sie in der aktuellen März-Ausgabe des JOURNAL FRANKFURT.
Jan Schneider: Ich begrüße es sehr, dass es nun einen Entwurf gibt, der in Zusammenarbeit eines Frankfurter Unternehmens und des renommierten Architekturbüros OMA entstanden ist. Ein solcher Entwurf hat bisher in der Debatte gefehlt. Natürlich hatten wir Bilder im Kopf, wie ein Neubau von Schauspiel und Oper am Osthafen aussehen könnte, aber das große Potenzial dieses Standorts wird leichter verständlich, wenn es Bilder zur Visualisierung gibt. Die vorgelegte Idee bringt eine neue Perspektive in die Diskussion.
Kulturdezernentin Ina Hartwig hat angesichts des Entwurfs von zwei „Ufos“ gesprochen, die man allerdings in der Innenstadt am Willy-Brandt-Platz landen lassen sollte.
Ich bin kein Ufo-Experte, daher kann ich diese Aussage nur bedingt beurteilen. Wir müssen zum jetzigen Zeitpunkt aber auch gar nicht vertieft über die Architektur diskutieren. Darüber wird erst später zu entscheiden sein. Wenn wir soweit sind, über das Erscheinungsbild zu sprechen, wird es einen Architektenwettbewerb geben. Bis dahin sollten man sich nicht an einzelnen Fassadenansichten abarbeiten, sondern den vorgelegten Entwurf abstrakter betrachten. Die Entwürfe zeigen die Entwicklungsmöglichkeiten an diesem Standort auf, wir sehen, was auf dem riesigen Areal entstehen kann. Dort könnte etwas entstehen, das eben nicht bloß eine isolierte Bühne in dem vermeintlich „kalten“ Industriegebiet wäre. Wir haben die Möglichkeit, am Osthafen ein weithin sichtbares Gebäude und ein urbanes Umfeld zu schaffen, mit Grünflächen und einer Promenade direkt am Fluss.
Einige kritische Stimmen argumentieren, der Entwurf stamme nicht von Rem Koolhaas selbst, sondern „nur“ von einer Mitarbeiterin seines Büros OMA. Ein Versuch, von der Sache abzulenken?
(Anm. d. Red.: Auf Anfrage des JOURNAL FRANKFURT hat OMA inzwischen bestätigt, hinter dem Entwurf zu stehen.)
Diese Argumentation verwundert mich doch sehr. Jeder, der sich mit Architektur beschäftigt, weiß, dass an solchen Entwürfen zahlreiche Personen arbeiten. Es liegt auf der Hand, dass in einem Büro mit rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Chef nicht alles selbst macht. Wer aus dem Team letztendlich den Entwurf angefertigt hat, ist für mich auch vollkommen irrelevant. Diejenigen, die meinen, hieraus einen Skandal machen zu können, haben ganz offensichtlich keine sachlichen Argumente zur Debatte beizusteuern. Ich würde den Kritikern jedenfalls dringend raten, sich mehr mit der Qualität und Aussage des Entwurfs zu beschäftigen und weniger mit der kleinkariert anmutenden Frage seines Verfassers. Das würde zu einer sinnvollen, zukunftsweisenden Diskussion beitragen.
Hilft die neue Perspektive denn wirklich bei der Standortdebatte oder werden die Fronten möglicherweise eher verhärtet? Immerhin sprechen schon einige von einem „CDU-Entwurf“.
Zunächst einmal ist das kein CDU-Entwurf. Der Entwurf wurde dankenswerterweise von einem Frankfurter Unternehmen in Auftrag gegeben, um einen Beitrag zur Debatte zu leisten. Wir brauchen natürlich für sämtliche möglichen Standorte Ideen und Entwürfe, aber da sich bisher zu wenig mit dem Areal am Osthafen auseinandergesetzt wurde, brauchte es den nun vorgelegten Entwurf, um zu zeigen, dass der Standort am Osthafen gleichwertig zu allen anderen Optionen zu betrachten ist. Wenn wir feststellen, dass wir mehrere gleichwertige Standorte zur Verfügung haben, können wir die Debatte sehr viel objektiver führen, anstatt uns nur mit dem Umfeld des Willy-Brand-Platz auseinanderzusetzen. Am Ende geht es darum, dass dieser Entwurf das Potenzial hat, die Möglichkeiten aufzuzeigen. Die Bilder sind wichtig, um zu verstehen, dass am Osthafen ein urbanes Quartier entstehen kann, das bis an den Main reicht
Sie haben zu einem früheren Zeitpunkt die Berufung eines Bühnenbeirats vorgeschlagen, der Expertinnen und Experten zusammenbringen soll, die nicht aus der Parteipolitik kommen. Halten Sie an dieser Idee fest?
Ich habe dafür plädiert, einen solchen Bühnenbeirat einzuberufen und bin immer noch von der Idee überzeugt. Es ging nie darum, die Entscheidung zu verschleppen, sondern im Gegenteil eine Entscheidung zu treffen, die auch über die Parteigrenzen hinweg Akzeptanz findet. Wir bewegen uns aktuell viel zu sehr in diesen Parteigrenzen – das wird dem Projekt und seiner Tragweite nicht gerecht. Die Entscheidung muss natürlich am Ende von Magistrat und Stadtverordnetenversammlung getroffen werden, aber auch Politikerinnen und Politiker wissen nicht alles und wir sind gut beraten, wenn wir uns Hilfe von Fachleuten holen. Ich halte es daher für wichtig, die Kunstschaffenden, Intendanten, Städteplaner und Architekten einzubeziehen. Denn wir brauchen am Ende eine Entscheidung, die auf möglichst breite Akzeptanz trifft. Dieser Vorschlag ist bisher im Römer auf keine große Gegenliebe gestoßen. Um ehrlich zu sein, wundert es mich, dass Menschen, die noch nie ein Schauspiel oder eine Oper gebaut haben, glauben, alleine eine Entscheidung treffen zu können.
Im April soll voraussichtlich eine Entscheidung bezüglich des Standorts der Städtischen Bühnen fallen. Was wünschen Sie sich bis dahin für die Debatte?
Der Standort muss sich am Ende gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern vertreten lassen. Ich kann alle verstehen, die am Wolkenfoyer, an dem großartigen Blick in die Stadt und den vielen anderen Vorteilen des heutigen Hauses hängen, aber alle, die noch über den Standort Willy-Brandt-Platz diskutieren, müssen sich vergegenwärtigen, dass nichts von dem, was aktuell dort zu sehen ist, stehen bleiben wird. Kunst hat immer davon gelebt, dass sie sich stetig neu erfindet. Das lässt sich auch auf die Standortfrage übertragen. Wir werden so oder so mindestens 800 Millionen Euro in die Hand nehmen müssen. Warum haben wir nicht den Mut, über den Willy-Brandt-Platz hinauszudenken und ein echtes Zeichen für die Kultur zu setzen?
Eine ausführliche Themenstrecke zu den Städtischen Bühnen und dem Entwurf von Rem Koolhaas' Büro OMA finden Sie in der aktuellen März-Ausgabe des JOURNAL FRANKFURT.
28. Februar 2020, 11.23 Uhr
Ronja Merkel
Ronja Merkel
Jahrgang 1989, Kunsthistorikerin, von Mai 2014 bis Oktober 2015 leitende Kunstredakteurin des JOURNAL FRANKFURT, von September 2018 bis Juni 2021 Chefredakteurin. Mehr von Ronja
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