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Museum Giersch Goethe-Universität
Erstmals in Frankfurt: Louise Rösler ausgestellt
Das Museum Giersch der Frankfurter Goethe-Uni zeigt „Paris, Königstein, Berlin. Louise Rösler (1907–1993)“. Es ist die erste Schau, die sich der Künstlerin in diesem Umfang widmet, zumal in der Region.
Louise Rösler hat schlicht immer gemalt. Das Museum Giersch präsentiert die Künstlerin zwischen Berlin, Paris und Königstein. Als Teenager ließ sich Louise Rösler beim Frisör einen Bubikopf schneiden und verkaufte die abgeschnittenen, langen Haare noch an Ort und Stelle. Von dem Geld kaufte sie sich eine Zugfahrt nach Berlin. So erzählt es Anka Kröhnke, die Tochter der Künstlerin. Von da an ließ die Großstadt ihre Mutter nicht mehr los, auch motivisch: „Die Leuchtreklame, Architektur, Lampen, die Bewegung“ – sie prägten Röslers Malerei, Zeichnung und später auch ihre Collagen maßgeblich. Wenn nicht als unmittelbares Vorbild, dann als Bilderinnerung.
Denn selbst die Arbeiten, die sie später im beschaulichen Königstein entstehen, sind von einer flirrenden Dynamik. Das Museum Giersch der Goethe-Uni (MGGU) zeigt „Paris, Königstein, Berlin. Louise Rösler (1907–1993)“. Es ist die erste Schau, die sich der Künstlerin in diesem Umfang widmet, zumal in der Region. Außerhalb Frankfurts hat es bereits einige größere Ausstellungen gegeben, auch ist Rösler in zahlreichen Privatsammlungen vertreten. Im kunsthistorischen Kanon spielt sie bisher allerdings allenfalls eine Nebenrolle, wie Ina Neddermeyer, seit Januar Direktorin des Museums, erklärt. Sie eröffnet die Schau gemeinsam mit Anka Kröhnke und der Co-Kuratorin Laura Domes.
In der gibt es schon in ein, zwei Räumen so viel zu entdecken wie andernorts in den großen Ausstellungshallen. Rund 160 Arbeiten versammelt die Schau, Gemälde, Aquarelle, Collagen, Arbeiten mit Filzstift, Gouache oder Druckgrafiken. Es sind die schon angesprochenen urbanen Landschaften, die Louise Rösler Zeit ihres Lebens und Arbeitens anzogen (gemalt hat sie bis ins hohe Alter, sieben Jahrzehnte lang). Zwischen den eckig-runden Kompositionen verstecken sich Straßen, Häuser, Rolltreppen, Zirkus und andere temporäre Erscheinungen der Stadt. 1984 malt die Künstlerin ihren „Rummelplatz im Juni“, dessen rot-gelbes Aufflackern man in der reinen Abstraktion mit bloßem Auge zu erkennen meint. Und auch, als sie noch gegenständlich malte, waren es Straßenszenerien in Berlin und später Paris, die Rösler auf die Leinwand brachte.
Ausstellung im Museum Giersch der Goethe-Uni: Louise Rösler malte über sieben Jahrzehnte lang
Königstein war der Künstlerin kein Wunschort zum Leben und Arbeiten. Aber die Stadt ist ein Ankerpunkt, der die Schau im MGGU mit seinem Fokus auf regionale, bisher unterrepräsentierte Künstlerinnen und Künstler erklärt. Röslers zahlreichen Bildern aus dieser Zeit sieht man den Mangel an Eindrücken freilich nicht an: Schon ein Faschingsaufzug konnte zu farbgewaltigen Kompositionen führen. In den Taunus wurde die Künstlerin mit ihrer jungen Tochter 1943 evakuiert, nachdem die Atelierwohnung der Familie zerbombt worden war. Hier knüpfte sie Kontakte zu Kollegen wie dem Maler Ernst Wilhelm Nay oder der Galeristin Hanna Bekker vom Rath, die Rösler mehrfach ausstellte. Trotzdem ergriff die Künstlerin die Gelegenheit, als die Stadt Berlin 1959 Familien aus dem Westen mit Sozialwohnungen anwarb: Königstein, erinnert sich Kröhnke, war damals „sehr katholisch, sehr spießig.“ Und sie selbst trotz anderthalb Jahrzehnte vor Ort stets „Ingeplackte“, Auswärtige.
Nähe Gorki-Theater – erster Besuch drüben, 1990. MGGU / Uwe Dettmar © Anka Kröhnke
Manchmal wundert sich die Tochter, wie die Mutter das geschafft hat: „Unsere Existenz hing permanent am seidenen Faden. Wir hatten kein Geld.“ Malen und Kunst waren aber, neben der Sorge für ihr Kind, alternativlos für Louise Rösler. Sie malt auf Untergründen, die sie auftun kann und arbeitet mit dem, was sie findet. Leere Tablettenblister baut die Künstlerin in ihre Bilder ein, ebenso wie Bonbonpapier, Lochkarten oder ausgerissene Zeitungsfetzen. In einem Bild erkennt Anka Kröhnke ihr altes Halstuch wieder, zerschnitten zu rot-grün-blau gestreiften Konfettischnipseln: Louise Rösler hatte es ihrer Tochter abgeluchst, weil sie es unbedingt in einer Collage verwenden wollte.
Info
Paris, Königstein, Berlin. Louise Rösler (1907–1993), Museum Giersch, bis 25. August 2024, Di/Mi/Fr–So 10–18 Uhr, Do 10–20 Uhr, Eintritt: 7 €. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, außerdem gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm.
Denn selbst die Arbeiten, die sie später im beschaulichen Königstein entstehen, sind von einer flirrenden Dynamik. Das Museum Giersch der Goethe-Uni (MGGU) zeigt „Paris, Königstein, Berlin. Louise Rösler (1907–1993)“. Es ist die erste Schau, die sich der Künstlerin in diesem Umfang widmet, zumal in der Region. Außerhalb Frankfurts hat es bereits einige größere Ausstellungen gegeben, auch ist Rösler in zahlreichen Privatsammlungen vertreten. Im kunsthistorischen Kanon spielt sie bisher allerdings allenfalls eine Nebenrolle, wie Ina Neddermeyer, seit Januar Direktorin des Museums, erklärt. Sie eröffnet die Schau gemeinsam mit Anka Kröhnke und der Co-Kuratorin Laura Domes.
In der gibt es schon in ein, zwei Räumen so viel zu entdecken wie andernorts in den großen Ausstellungshallen. Rund 160 Arbeiten versammelt die Schau, Gemälde, Aquarelle, Collagen, Arbeiten mit Filzstift, Gouache oder Druckgrafiken. Es sind die schon angesprochenen urbanen Landschaften, die Louise Rösler Zeit ihres Lebens und Arbeitens anzogen (gemalt hat sie bis ins hohe Alter, sieben Jahrzehnte lang). Zwischen den eckig-runden Kompositionen verstecken sich Straßen, Häuser, Rolltreppen, Zirkus und andere temporäre Erscheinungen der Stadt. 1984 malt die Künstlerin ihren „Rummelplatz im Juni“, dessen rot-gelbes Aufflackern man in der reinen Abstraktion mit bloßem Auge zu erkennen meint. Und auch, als sie noch gegenständlich malte, waren es Straßenszenerien in Berlin und später Paris, die Rösler auf die Leinwand brachte.
Königstein war der Künstlerin kein Wunschort zum Leben und Arbeiten. Aber die Stadt ist ein Ankerpunkt, der die Schau im MGGU mit seinem Fokus auf regionale, bisher unterrepräsentierte Künstlerinnen und Künstler erklärt. Röslers zahlreichen Bildern aus dieser Zeit sieht man den Mangel an Eindrücken freilich nicht an: Schon ein Faschingsaufzug konnte zu farbgewaltigen Kompositionen führen. In den Taunus wurde die Künstlerin mit ihrer jungen Tochter 1943 evakuiert, nachdem die Atelierwohnung der Familie zerbombt worden war. Hier knüpfte sie Kontakte zu Kollegen wie dem Maler Ernst Wilhelm Nay oder der Galeristin Hanna Bekker vom Rath, die Rösler mehrfach ausstellte. Trotzdem ergriff die Künstlerin die Gelegenheit, als die Stadt Berlin 1959 Familien aus dem Westen mit Sozialwohnungen anwarb: Königstein, erinnert sich Kröhnke, war damals „sehr katholisch, sehr spießig.“ Und sie selbst trotz anderthalb Jahrzehnte vor Ort stets „Ingeplackte“, Auswärtige.
Nähe Gorki-Theater – erster Besuch drüben, 1990. MGGU / Uwe Dettmar © Anka Kröhnke
Manchmal wundert sich die Tochter, wie die Mutter das geschafft hat: „Unsere Existenz hing permanent am seidenen Faden. Wir hatten kein Geld.“ Malen und Kunst waren aber, neben der Sorge für ihr Kind, alternativlos für Louise Rösler. Sie malt auf Untergründen, die sie auftun kann und arbeitet mit dem, was sie findet. Leere Tablettenblister baut die Künstlerin in ihre Bilder ein, ebenso wie Bonbonpapier, Lochkarten oder ausgerissene Zeitungsfetzen. In einem Bild erkennt Anka Kröhnke ihr altes Halstuch wieder, zerschnitten zu rot-grün-blau gestreiften Konfettischnipseln: Louise Rösler hatte es ihrer Tochter abgeluchst, weil sie es unbedingt in einer Collage verwenden wollte.
Paris, Königstein, Berlin. Louise Rösler (1907–1993), Museum Giersch, bis 25. August 2024, Di/Mi/Fr–So 10–18 Uhr, Do 10–20 Uhr, Eintritt: 7 €. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, außerdem gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm.
22. März 2024, 10.58 Uhr
kjc
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21. Dezember 2024
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