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Externe Studie zur NS-Zeit

Ehemaliger Senckenberg-Leiter hat Berichte gefälscht

Die eigene Geschichte ist anders als es die Senckenberger bisher glaubten. Wie eine externe Studie belegt, war das Verhältnis des Museums zum Nationalsozialismus zunächst enger– nach dem Krieg wurden dann belastende Protokolle gefälscht.
Anlässlich ihres 200-jährigen Bestehens 2017 ließ die Senckenberg-Gesellschaft ihre Historie aufarbeiten, genauer gesagt, die Zeit des Nationalsozialismus. Bisher galt das Verhalten der Senckenberg-Führungsriege in den 30er und 40er Jahren als „einwandfrei“.

Anderthalb Jahre recherchierte und prüfte der unabhängige Frankfurter Soziologe und Historiker Andreas Hansert, seine Ergebnisse hat er nun in dem Buch „Das Senckenberg-Forschungsmuseum im Nationalsozialismus. Wahrheit und Dichtung“ veröffentlicht. Im Zentrum der Studie steht ein Mann, der vor 60 Jahren starb: Rudolf Richter, Leiter des Senckenberg Museums von 1934 bis 1946.

Ambivalentes Verhalten Richters
Zunächst sympathisierte der ausgebildete Lehrer und Geologe stark mit den Nationalsozialisten, war ab 1933 Mitglied der NSDAP und wollte Hitler gar (vergeblich) als Schirmherr für das Museum gewinnen. Doch Richter blieb gegenüber seiner jüdischen Mitarbeiter solidarisch. „Die Wissenschaftler waren sakrosankt“, erzählte Hansert. Den drei jüdischen Mitarbeitern des Museums habe Richter mit Empfehlungen geholfen, nach der Ausreise in die USA schnell eine neue Anstellung zu finden.



Der Geologe Rudolf Richter war von 1934-1946 Direktor des Senckenberg-Museums. Foto: Senckenberg.

Die endgültige Wandlung Richters setzte erst 1938/1939 ein, nachdem der hochangesehene jüdische Ehrenpräsident des Museums, Arthur von Weinberg, verdrängt und deportiert wurde und wenige Jahre später starb. Auch die Hinrichtung eines tschechischen Kollegen sorgte bei Richter für Ernüchterung, wie Hansert schreibt. Der heutige Senckenberg-Generaldirektor Volker Mosbrugger sprach auch von einer „persönlichen Tragödie von Richter“.

Geschichtsfälschung aufgeflogen
Denn Richter schaffte es nach dem Krieg nicht, zu seinen Fehlern zu stehen. Stattdessen fälschte er Angaben, um seine anfängliche Sympathie für den Nationalsozialismus zu verschleiern. Das fiel Hansert auf, als er die Protokolle des Senckenberger „Führerbeirats“ der Jahre 1933 bis 1944 genauer untersuchte und feststellte, dass Richter die Geschichte buchstäblich umgeschrieben hatte. „Er hat versucht, mit gefälschten Protokollen die Geschichte zu bereinigen“, erklärte Hansert, der die Texte mit anderen Original-Quellen verglich und auf signifikante Unterschiede stieß. Auch deshalb heißt sein Buch im Untertitel „Wahrheit und Dichtung“.

„Wir Direktoren müssen uns Gedanken machen“
Wie die Senckenberg-Gesellschaft mit dem Andenken an den ehemaligen Museumsleiter Richter umgeht, ist noch unklar. „Es gab keine Denunziation, keine scharfen Ideologismen, kein Auftreten in Parteiuniform und dergleichen. Das eigentliche Skandalon ist die Quellenfälschung danach“, sagte Hansert. Mosbrugger deutete bereits an, dass sich die Direktoren damit beschäftigen werden. Richter sei zwar als Wissenschaftler hochanerkannt, die Fälschungen seien aber „hochdramatisch“. „Als Gesamtvorbild kann Richter nicht mehr gelten“, legt er sich fest. Hanserts Werk soll nur der Anfang der historischen Aufarbeitung sein, auch die Provenienzforschung will das Museum vorantreiben. „Wir konnten noch keinen Fall identifizieren, aber das ist noch eine Hausaufgabe für uns“, sagte Mosbrugger.

>> Das Senckenberg-Forschungsmuseum im Nationalsozialismus. Wahrheit und Dichtung, Andreas Hansert, Wallstein Verlag, Göttingen 2018, 29,90 Euro.
 
Fotogalerie:
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29. Januar 2018, 16.00 Uhr
Nicole Nadine Seliger
 
 
 
 
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