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Dosch @ Berlinale 2010: Schnee & Eis & Katzenstreu
Erster Teil Na, das fängt ja gut an: Frankfurt, Flughafen, Donnerstagvormittag, Schneeverwehungen! Mit zwei Stunden Verspätung hebt die Maschine gen Berlin ab, aber Michel Friedman eine Reihe vor mir bleibt ruhig. Die Flugbegleiterin kümmert sich aber auch ganz rührend um ihn, obwohl (oder weil?) er ganz reguläre Holzklasse fliegt: „Möchten Sie noch etwas zu trinken, Herr Friedman? Kann ich noch etwas für Sie tun?” Friedman bedankt sich, bestellt Kekse und später noch Eiskonfekt. Eiskonfekt?! Coole Sache.
Die unpünktliche Ankunft in der Hauptstadt und bei den 60. Berliner Filmfestspielen (alle sind ganz stolz hier) hat zur Folge, dass ich – mal wieder – den Eröffnungsfilm verpasse. Der chinesische Wettbewerbsbeitrag „Tuan Yuan” (in etwa: zusammen getrennt) läutet die Jubiläumsausgabe des Festivals ganz unspektakulär ein: keine Stars, kein Rummel, kleines Drama. Der Tenor danach: ehrenwertes Arthouse-Kino, muss man aber nicht gesehen haben. Nun gut, wäre sicher besser gewesen, als durch den dreckigen Schneematsch zu stapfen, der sich anscheinend über die gesamte Stadt gelegt hat. Da Berliner Privatleute wohl kein Salz benutzen dürfen, sind sämtliche Gehwege von fetten Eisschichten überzogen, auf denen die platt getretenen Split- und Katzenstreu-Griesel hässliche Schlierspuren hinterlassen. Den entgegenkommenden Passanten auszuweichen wird so praktisch unmöglich– und in der Spree-Metropole wird man ja geradezu überrannt von Menschen. Macht also keinen Spaß, das Ganze. Dann doch besser ins Kino. Oder in die Kneipe. Tag 2 der Berlinale wird von zwei Großereignissen überschattet: Die abendliche Aufführung vom restaurierten „Metropolis”, für den am Brandenburger Torextra eine Großleinwand installiert wurde – frostiges Public Viewing also, von Bürgermeister Wowi persönlich eröffnet, bevor er sich in den wohlig warmen Friedrichstadtpalast absetzt, wo er dem Filmereignis dann live und gemütlich beiwohnen kann. Das andere Gesprächsthema geht um einen, der nicht da ist, weil er nicht durfte: Roman Polanski, dessen Polit-Thriller „Der Ghostwriter” heute das Wettbewerbsprogramm bestimmt. Angetreten sind seine Produzenten und Schauspieler. Frage an Pierce Brosnan: „Wie war der Dreh denn so?” Antwort: „Intensiv!” Ewan McGregor pflichtet bei: „Roman macht am liebsten alles selbst, von der Auswahl der Requisiten bis zur richtigen Kameraeinstellung.” Klingt ganz schön nach Kontrollfreak, wenn Sie mich fragen. Hätte sich der Regisseur ein paar Jahrzehnte früher ein bisschen mehr unter Kontrolle gehabt, er wäre wohl auch selbst nach Berlin gereist. Zu seiner gegenwärtigen Situation möchte natürlich niemand etwas sagen, außer: „Wir sind traurig, dass er nicht hier ist.” Tja, dumm gelaufen. Dafür kommt Sharukh Khan, und ich kann die hysterischen Schreie der Fans bis in mein Hotelzimmer hören (was einige Kilometer entfernt liegt vom Potsdamer Platz). Ein Pressebetreuer hat mir mal erzählt, dass er bei Redakteuren regelrecht darum betteln muss, Interviews mit der Bollywood-Ikone zu vermitteln. Warum? Weil der Mann des Englischen kaum mächtig sei. Na ja, besser als Guido Westerwelle kriegt der smarte Inder das sicher hin – und in seinen Filmen wird er schließlich auch beim Singen synchronisiert. Ich persönlich habe mich ja gefreut, Andy Serkis zu sehen. Der Mann, der „Gollum” war, spielt im Biopic „Sex & Drugs & Rock & Roll” die Rolle des britischen Kabarettpunks Ian Dury – und das macht er nicht nur hervorragend, er singt auch selbst! Prima Film. Bizarr nur, wenn man draußen vor dem Berlinale-Palast steht, gerade Serkis als Dury und seine Kollegin Olivia Williams als dessen Gattin gesehen hat, auf die große Videoleinwand schaut, wo Frau Williams zeitgleich auf dem Pressekonferenz-Podium sitzt, weil sie auch im Polanski-Film mitspielt, und genau in dieser Situation unvermittelt eben dieser Andy Serkis an einem vorbeiläuft – also: in echt! Verdrehte Welt. Ist schon ulkig, was das Kino so mit einem macht. Und dabei hat die Berlinale gerade erst angefangen …
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