Newsletter
|
ePaper
|
Apps
|
Abo
|
Shop
|
Jobs

Archäologisches Museum

Was Tassen und Löffel über die NS-Zwangsarbeit verraten

Das Archäologische Museum Frankfurt zeigt in einer neuen Ausstellung das Leben von NS-Zwangsarbeitern. „Zu Wort“ kommen dabei Gegenstände wie Löffel, Stacheldraht und Firmenausweise.
„Weil Zeitzeugen sterben, sind Funde wie diese wichtig, denn auch sie können sprechen“, erklärt Wolfgang David, Direktor vom Archäologischen Museum in Frankfurt. Damit meint er alltägliche Gegenstände wie Kämme, Zahnbürsten oder Essnäpfe, aber auch Stacheldraht, Firmenausweise und Erkennungsmarken. All diese Sachen wurden bei archäologischen Grabungen in Berlin und Brandenburg an ehemaligen nationalsozialistischen Lagerstandorten gefunden und bilden die Grundlage für eine Sonderausstellung mit 300 Objekten.

Noch bis 26. Mai 2024 bietet das Museum unter dem Titel „Ausgeschlossen. Archäologie der NS-Zwangslager“ einen Einblick in das Leben und Überleben der Zwangsarbeiter während der nationalsozialistischen Terrorherrschaft. Nach Stationen in Berlin und Brandenburg kommt die Ausstellung nun nach Frankfurt, in dem es – wie in den Adlerwerken etwa – auch NS-Zwangsarbeit gab.

Neue Ausstellung im Archäologischen Museum Frankfurt zeigt Schicksale der NS-Lagerinsassen

Den sehr unterschiedlichen Ausstellungsstücken kommt dabei eine wichtige Bedeutung zu, wie Christine Glauning, Leiterin Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit in Berlin betont. So würden sie teils detaillierte Erkenntnisse über die Situation in den Lagern hervorbringen: Viele Utensilien wie Gefäße wurden selbst angefertigt, was die Lagerleiter manchmal duldeten, eigentlich aber verboten war und mit dem Tode bestraft werden konnte.

Auch eine Reibe zählt dazu, die im Belower Wald gefunden wurde und mit der Zwangsarbeiter Baumrinde zum Verzehr abkratzen. Die SS-Wachmannschaften hatten sie nach der Räumung des KZ Sachsenhausen auf einen Todesmarsch geschickt und überließen sie schließlich sich selbst. In einem Stück Baumrinde hinterließen die Gefangenen mitunter auch ihre Namen.



Reibe und Baumrinde © red

Selbst Spielzeug ist dabei, das beispielsweise zum Tausch verwendet wurde. Dieses und auch ein gefundener Kinderflaschen-Saugaufsatz lassen darauf schließen, erzählt Glauning, dass auch Säuglinge in den Lagern waren. Unter den lebenswidrigen Bedingungen seien sie aber nach wenigen Tagen meist verstorben. „Kinder in den Lagern, das wäre eine eigene Ausstellung wert“, sagt sie.

Kersting: NS-Zwangsarbeiter entwickelten Strategien, um sich selbst zu behaupten

„Die Forschung zu Archäologie der NS-Lager sei noch sehr jung, sagt Mitkurator Thomas Kersting vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum. An vielen Unis gebe es hierzu noch zu wenig oder keine Angebote. Deshalb solle die Ausstellung, die als Wechselausstellung geplant ist, auch dezidiert zur weiteren schulischen wie wissenschaftlichen Beschäftigung anregen.

Dass die Funde viel über das persönliche Schicksal der Insassen verraten, sei bedeutsam, betont Kersting. Sie hätten gewisse Strategien der Selbstbehauptung entwickelt, als sie ihre Namen auf Tassen verewigten oder Gegenstände verzierten. Dies hätte weniger zum unmittelbaren Überleben gedient als eher zur Wahrung ihrer Identität und als Mittel gegen die Entmenschlichung. Dadurch werde das Wissen über ihre Schicksale auch greifbarer für Ausstellungen und andere Bildungsangebote.

Er und die anderen Verantwortlichen hoffen denn auch, dass die Ausstellung weiterzieht. Bisher hätten etwa die Städte Bremen und Hannover Interesse bekundet.

Info
Weitere Informationen zu der Ausstellung „Ausgeschlossen. Archäologie der NS-Zwangslager“ sowie auch zu angebotenen Führungen erfahren Sie hier.
 
Fotogalerie:
{#TEMPLATE_news_einzel_GALERIE_WHILE#}
 
24. November 2023, 12.30 Uhr
Till Geginat
 
Till Geginat
Jahrgang 1994, Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe Universität Frankfurt, seit November 2022 beim JOURNAL FRANKFURT. – Mehr von Till Geginat >>
 
 
 
 
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Kultur
Nach dem Antisemitismus-Skandal rund um die documenta 15 steht nun die Künstlerische Leiterin für die kommende Ausgabe der Weltkunstschau im Jahr 2027 fest: die amerikanische Kuratorin Naomi Beckwith.
Text: Sina Claßen / Foto: Naomi Beckwith wird Künstlerische Leiterin der documenta 16 © Nicolas Wefers
 
 
 
 
 
 
 
Ältere Beiträge
 
 
 
 
21. Dezember 2024
Journal Tagestipps
Pop / Rock / Jazz
  • Gretchens Antwort: Gretchens Christmas Party
    Centralstation | 20.00 Uhr
  • Spy # Row
    Nachtleben | 19.00 Uhr
  • Hole full of Love
    Musiktheater Rex | 20.00 Uhr
Nightlife
  • Jingle Bells
    Karlson Club | 22.30 Uhr
  • Gibson loves Saturdays
    Gibson | 23.00 Uhr
  • KukiDance
    Lilium | 21.00 Uhr
Klassik / Oper/ Ballett
  • Hänsel und Gretel
    Hessisches Staatstheater Wiesbaden | 19.30 Uhr
  • Le nozze di Figaro
    Oper Frankfurt | 18.00 Uhr
  • Jean Muller
    Kammermusik & Literatur am Feldberg | 19.00 Uhr
Theater / Literatur
  • Grimm – Die wirklich wahre Geschichte von Rotkäppchen und ihrem Wolf
    Hessisches Staatstheater Wiesbaden, Wartburg | 18.00 Uhr
  • Per Anhalter durch die Galaxis
    Die Dramatische Bühne in der Exzess-Halle | 20.00 Uhr
  • Alle Zeit der Welt
    Schauspiel Frankfurt | 20.00 Uhr
Kunst
  • Hans Haacke
    Schirn Kunsthalle Frankfurt | 10.00 Uhr
  • Apropos Sex
    Museum für Kommunikation | 10.00 Uhr
  • Dieter Rams. Ein Stilraum
    Museum Angewandte Kunst | 10.00 Uhr
Kinder
  • An der Arche um Acht
    Theaterhaus | 15.00 Uhr
  • Vom Vögelchen, Mäuschen und der Bratwurst
    Kinder- und Jugendtheater Frankfurt | 16.00 Uhr
  • Weihnachtsgeschenke aus Leder
    Deutsches Ledermuseum | 11.00 Uhr
und sonst
  • Eintracht Frankfurt – 1. FSV Mainz 05
    Deutsche Bank Park | 15.30 Uhr
  • Sunset X Skyline-Tour
    Primus-Linie | 18.00 Uhr
  • City Christmas Market
    Parkhaus Konstablerwache | 14.00 Uhr
Freie Stellen