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No Sex in the City
Kolumne von Ana Marija Milkovic
Das langsame Sterben der Städtischen Bühnen
Unsere Kolumnistin war in der Oper. Sergei S. Prokofjew, der Spieler, ein Stück in vier Akten. Doch was sie zu sehen bekam, war die Aufführung eines zu erahnenden Endes der Städtischen Bühnen. Mit einem Lichtblick.
Libretto ist eine Schnittstelle zwischen Literatur und Oper. Libretto kann der Text einer Oper, Operette, eines Oratoriums, eines Musicals sein. Als Fjodor Dostojewski 1866 seinen Kurzroman Der Spieler herausgab, ahnte er noch nicht, dass Sergej Prokofjew diesen Roman für sein Libretto nutzen würde. Genau so wenig wollte ich noch im Eingang des Theaters der Städtischen Bühnen erahnen, dass ich eine Tür weiter in die Oper eingeladen war.
Es wurde Der Spieler von Prokofjew aufgeführt. Ich tat mich anfänglich schwer - Text und Oper kamen über weite Passagen für mich nicht zusammen. Kaum kam ich in der Musik an, störte mich der Gesang. Kaum folgte ich Dostojewskis Geschichte vom Spieler, holte mich Prokofjews Oper ein. Ich bekam Zweifel, ob es zuträglich ist, Libretti in der deutschen Übersetzung und nicht etwa in der russischen Originalfassung aufzuführen.
Während ich mit dem Libretto kämpfte, das auch noch Harry Kupfer inszenierte, den ich eigentlich kennen sollte, schaute ich mir das Publikum an. Da saß nun das Bildungsbürgertum im Altersheim oder etwa umgekehrt. Irgendwann fing ich an, die jungen Menschen im Publikum zu zählen. Es waren nicht sehr viele.
Ich habe heute eine schlechte Nachricht für die Oper der Städtischen Bühnen. In fünfzehn Jahren ist der Großteil ihres Publikums ausgestorben. Die Mittel im Haushalt der Kämmerei werden eingestellt, nicht etwa im Sinn von flüssig sein. Wenige werden sich dann noch für die Oper interessieren. Auch die zwei Drehbühnen der Städtischen Bühnen, die europaweit immer noch einzigartig sind, scheint unter den Jungen kein Bringer zu sein.
Ich hätte bis auf die Drehbühne auch gut auf das restliche Bühnenbild verzichten können. An den Bretterverschlag aus PVC, den oberen Abschluss des Bühnenbildes, sollte ich mich den ganzen Abend nicht gewöhnen. Eine Ansammlung von Rollstühlen auf der Bühne, schien das greise Publikum einzuladen, bei Bedarf Platz zu nehmen. Von meinem Sitzplatz fixierte ich die freie Anordnung von Schaltern an der Bühnenrückwand. Ein an die Wand gelehnter Besen und ein Eimer hätte das Stilleben komplementiert.
Das Zeitalter von Multimedia sitzen die Städtischen Bühnen aus. Wahrscheinlich fehlen neben Wissen und Können auch die Mittel, einen zeitgemäßen Rahmen für ein Libretto zu schaffen. Wer einmal die britische Aufführung der Theater Company von 1927 mit dem Stück Golem sah, würde Möglichkeiten erahnen, Libretti durch Raum und Zeit zu bewegen.
Herausgeholfen aus dem Albtraum von Rollstühlen hat mir die Sopranistin Anna Silja. Libretto kann wirklich so schön sein.
Es wurde Der Spieler von Prokofjew aufgeführt. Ich tat mich anfänglich schwer - Text und Oper kamen über weite Passagen für mich nicht zusammen. Kaum kam ich in der Musik an, störte mich der Gesang. Kaum folgte ich Dostojewskis Geschichte vom Spieler, holte mich Prokofjews Oper ein. Ich bekam Zweifel, ob es zuträglich ist, Libretti in der deutschen Übersetzung und nicht etwa in der russischen Originalfassung aufzuführen.
Während ich mit dem Libretto kämpfte, das auch noch Harry Kupfer inszenierte, den ich eigentlich kennen sollte, schaute ich mir das Publikum an. Da saß nun das Bildungsbürgertum im Altersheim oder etwa umgekehrt. Irgendwann fing ich an, die jungen Menschen im Publikum zu zählen. Es waren nicht sehr viele.
Ich habe heute eine schlechte Nachricht für die Oper der Städtischen Bühnen. In fünfzehn Jahren ist der Großteil ihres Publikums ausgestorben. Die Mittel im Haushalt der Kämmerei werden eingestellt, nicht etwa im Sinn von flüssig sein. Wenige werden sich dann noch für die Oper interessieren. Auch die zwei Drehbühnen der Städtischen Bühnen, die europaweit immer noch einzigartig sind, scheint unter den Jungen kein Bringer zu sein.
Ich hätte bis auf die Drehbühne auch gut auf das restliche Bühnenbild verzichten können. An den Bretterverschlag aus PVC, den oberen Abschluss des Bühnenbildes, sollte ich mich den ganzen Abend nicht gewöhnen. Eine Ansammlung von Rollstühlen auf der Bühne, schien das greise Publikum einzuladen, bei Bedarf Platz zu nehmen. Von meinem Sitzplatz fixierte ich die freie Anordnung von Schaltern an der Bühnenrückwand. Ein an die Wand gelehnter Besen und ein Eimer hätte das Stilleben komplementiert.
Das Zeitalter von Multimedia sitzen die Städtischen Bühnen aus. Wahrscheinlich fehlen neben Wissen und Können auch die Mittel, einen zeitgemäßen Rahmen für ein Libretto zu schaffen. Wer einmal die britische Aufführung der Theater Company von 1927 mit dem Stück Golem sah, würde Möglichkeiten erahnen, Libretti durch Raum und Zeit zu bewegen.
Herausgeholfen aus dem Albtraum von Rollstühlen hat mir die Sopranistin Anna Silja. Libretto kann wirklich so schön sein.
17. Februar 2017
Ana Marija Milkovic
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Ana Marija Milkovic hat als Architektin klare Ansichten über das Antlitz Frankfurts. Hier schreibt sie regelmäßig darüber.
Wenn der Kolumnistin insbesondere der Zusammenklang von Musik und Gesang in Prokofieffs Oper Probleme bereitet, so sagt das sicher nichts über die Qualität von Prokofieffs Musik aus. Vielleicht kommen dadurch eher die mangelnden Fähigkeiten der Kolumnistin zum Ausdruck, ungewohnte bzw. neuere Entwicklungen der Musik, speziell des Musiktheater s, aufzunehmen.
Die Auslassungen der Kolumnistin zu dem möglichen Einsatz der Rollstühle auf dem Bühnenbild kann der Kommentator nur als flegelhafte Entgleisung betrachten.
Die Inszenierung von Harry Kupfer nutzt durchaus die Möglichkeiten von Multimedia, so z.B. in den Videoprojektionen sowie bei der dynamischen, farbigen Ausleuchtung der rotierenden Roulettescheibe im vorletzten Akt.
Abgesehen davon, dass die berühmte Sängerin Anja - und nicht Anna - Silja heißt, hat diese bei der Wiederaufnahmeserie von Prokofieffs Oper nach Ansage der Opernintendanz gar nicht mitgewirkt. Die Rolle der Babuschka wurde vielmehr von der in Frankfurt tätigen Gesangsprofessorin Hedwig Faßbender eindrucksvoll gestaltet, was der Kolumnistin offenbar entgangen ist.