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Daniel Cohn-Bendit
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"Die FDP ist mir wurschtegal"
 

"Die FDP ist mir wurschtegal"

Cohn-Bendit über die Grünen, die Atomkraft und die Eintracht.

Vor einigen Wochen haben Sie an dieser Stelle ein politisches Erdbeben prophezeit, wenn Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg tatsächlich Ministerpräsident werden sollte. Erstaunt, dass es nun soweit ist? 

Nun, man muss sich noch einmal anschauen, wie Winfried Kretschmann diese Wahl gewonnen hat. Er hat sie gewonnen, in dem er viele Stimmen aus dem CDU-Lager holen konnte. Das ist meiner Meinung nach dadurch gelungen, dass er ein glaubwürdiger Demokrat ist.

Er ist auch geradezu landesväterlich aufgetreten … 

Das auch, aber es gehörte mehr dazu. Die Leute vertrauen ihm, sie schätzen die Verlässlichkeit, die er zum Beispiel beim Stuttgarter Bahnhof an den Tag gelegt hat.

Gut, die Atomdebatte dürfte ihm auch zu Gute gekommen sein. Und die Grünen sind im Ländle traditionell stark.

Natürlich haben die Grünen durch ihr klares Votum zum Atomausstieg dazugewonnen. Und natürlich stellen sie in Baden-Württemberg unter anderem bereits in Konstanz, Tübingen und Freiburg die Stadt-oberhäupter. Dennoch haben sie nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Land viele Wähler dazugewonnen. Winfried Kretschmanns Wahlkampf sollte beispielgebend für die Grünen im Bund und in anderen Ländern sein.

Weniger gut hat die FDP abgeschnitten. Was bedeutet das für Guido Westerwelle. 

Darf ich ehrlich sein?

Immer!

Mir ist die FDP wurschtegal. Sicher: diese Partei hat eine große sozialliberala Tradition, sie hat Figuren wie Hildegard Hamm-Brücher und Gerhart Baum, doch diese Zeiten sind vorüber seit Guido Westerwelle. Mit ihm und seinen Getreuen ist die Partei durch und durch neoliberal und schlicht unsympatisch geworden. 

In Frankfurt können CDU und Grüne ohne die FDP regieren. Laut dem Tendenzergebnis liegen beide zusammen bei gut 59 Prozent. Die vielen kleinen Parteien konnten dagegen nicht punkten. Saugen die beiden Großen alles weg?

Zunächst mal finde ich es süß, dass Sie die SPD nicht mehr als große Partei sehen … 

… die Grünen liegen nun mal weit vorne … 

… und in das Ergebnis der kleineren Parteien würde ich nicht so viel reininterpretieren. Schließlich, und das darf man nicht vergessen, war die Wahlbeteiligung wieder sehr gering. Da sind solche Diskussionen schon vergnügungssteuerpflichtig.

Dann eben eine ernstgemeinte Frage: wann gibt es in Frankfurt die erste grüne Oberbürgermeisterin? 

Schaffen könnten die Grünen das bei der nächsten Wahl 2013 locker. Die Frage ist nur, ob die geeignete Kandidatin Manuela Rottmann auch antreten will. Bei dieser Entscheidung kann ich ihr nicht helfen.

Was sollte Schwarz-Grün mit seiner satten Mehrheit jetzt angehen?

Umweltpolitisch steht die Partei dank 
Manuela gut da. In der Schul- und Bildungspolitik muss sie die Union aber noch überzeugen, der Ungleichheit, die das System produziert, energischer zu entgegnen. Und schließlich sollte die Koalition die Integrationsdebatte neu beleben und einen klaren Anti-Sarrazin-Kurs fahren.

Kommen wir zu einem anderen populären Thema: Biblis ist abgeschaltet. Überrascht? Glücklich? 

Weder noch. Wie kann man glücklich sein, wenn es erst eines so dramatischen Ereignisses bedarf, damit die Regierung in die Pötte kommt?

Hat die Kernenergie noch eine Chance? 

Nein, denn eine Mehrheit der Bevölkerung ist dagegen. Jetzt wird man nur noch darüber streiten, wie man den Ausstieg gestaltet.

Im europäischen Vergleich steht Deutschland recht alleine da. In Frankreich scheint die Atomlobby noch stark.  

Das scheint auch nur so. Natürlich sind alle Parteien bis auf die Grünen in Frankreich für die Atomkraft. Dennoch sind die Debatten in Frankreich gerade spannend. Sie zeigen, dass sich auch dort das Klima geändert hat.

Und das Klima für einen europaweiten Ausstieg? 

Die EU kann da nichts machen, das ist eine nationale Angelegenheit. Wenn jedoch einige Staaten wie Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen, dann können sie wie eine Lokomotive wirken, die ganz Europa  mitzieht.

Zur Eintracht. Der Verein hat sich für einen neuen Trainer entschieden. Ist Christoph Daum eine gute Wahl? 

Das wird sich zeigen. Er spricht viel davon, die Eintracht zurück in den europäischen Spitzenfußball zu führen. Genau die gleichen Sprüche hat er in Köln allerdings auch schon von sich gegeben. Abwarten.

 

31. März 2011
Die Fragen stellte Nils Bremer
 
 
Fotogalerie:
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