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Daniel Cohn-Bendit
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"Boris Rhein kommt überhaupt nicht in Frage."
 

"Boris Rhein kommt überhaupt nicht in Frage."

Daniel Cohn-Bendit spricht im Journal-Frankfurt-Interview über die Stichwahl am kommenden Sonntag - und darüber, wie die Stimmung unter den Grünen in Frankfurt diesbezüglich ist.
Peter Feldmann darf sich wohl als großer Gewinner des Wahlabends bezeichnen. Hätten Sie ihm das zugetraut?
Ja, das war doch vorauszusehen. Die Sozialdemokraten haben ihre Wähler gut mobilisiert, um gegen Boris Rhein vorzugehen.
Aber die Grünen haben doch auch Wahlkampf gemacht.
Schon. Aber es war doch von vornherein klar, dass die Grünen keine Chance haben.

Vor zwei Wochen sagten sie noch, sie trauen Rosemarie Heilig eine Überraschung wie einst Petra Roth zu…

Das war mehr Wunschdenken als sonst was.

Braucht die Stadt denn überhaupt einen Bürger- UND einen Oberbürgermeister?

Das weiß ich nicht. Das ist in Frankfurt nun einmal so. Aber furchtbar spannend fand ich den Wahlkampf nicht. Was waren denn bitte die Themen?

Der Fluglärm und der Wohnungsmangel haben die Diskussionen beherrscht …
Na also: Der Fluglärm beschäftigt vielleicht die Frankfurter, aber entschieden wird darüber doch nicht in der Stadt. Und Wohnungsknappheit? Also bitte! Als ich 1989 Wahlkampf in Frankfurt gemacht habe, ging’s auch schon um Wohnungsknappheit. So ist das eben in einer Großstadt. Ich habe allerdings keinen Kandidaten gehört, der mich mit einem urbanen, ökologischen Konzept begeistern konnte. Das hätte ich mir gewünscht.

War die Wahlbeteiligung deswegen so niedrig?

Bei der Europawahl heißt es immer, das sei deshalb, weil das politische Feld zu weit sei. In Frankfurt ist es eben zu eng, um interessant zu sein.

Wie sieht Ihr Wunschdenken für die Stichwahl am 25. März aus?

Boris Rhein kommt überhaupt nicht in Frage. Und es wäre doch witzig, wenn Peter Feldmann beweisen kann, dass er mehr drauf hat, als nur Regale aufbauen. Das würde alle Parteien zwingen, zu kooperieren. Ich bin ein Spieler und setze auf Spannung. Viele Grüne, mit denen ich am Wahlabend gesprochen habe, wollen auch Feldmann wählen. Ich schätze zwei Drittel der Grünen hat er hinter sich. Mein Gemütszustand ist: Casino. Und ich setze auf Rot!

Machen Sie dazu auch eine Presskonferenz mit dem Sozialdemokraten Klaus Oesterling?
Nun mal nicht übertreiben! Ich habe gesagt, dass ich Feldmann wähle, das reicht.

Boris Rhein meint, wenn Feldmann neuer Oberbürgermeister wird, wird das Parlament handlungsunfähig. Stimmt das denn?

Das ist Quatsch. Petra Roth war zunächst auch Oberbürgermeisterin einer rot-grünen Mehrheit. Das ist Spannung! Stadtpolitik ist ja eigentlich langweilig, aber mit Feldmann als Oberbürgermeister müssten sich alle beweisen. Außerdem wäre es ein Signal, dass Hessen wieder rot-grün wird.

Blicken wir gen Osten: Russland hat sein neues Oberhaupt bereits gefunden: Wladimir Putin ist mal wieder zum Präsidenten gewählt worden. In einem demokratischen Verfahren?

Nein, natürlich nicht. Was da mit 99-prozentiger Zustimmung in manchen Regionen gelaufen ist, ist schon absurd.

Was wird sich durch seine Rückkehr für Russland verändern?

Durch seine Rückkehr direkt nichts. Aber die Mittelschicht des Landes ist aufgewacht, die wollen Putin doch gar nicht mehr. Es werden Veränderungen auf Russland und auf Putin zukommen und das verspricht, sehr spannend zu werden.

Nachdem Guido Westerwelle den weißrussischen Präsident Aljaksandr Lukaschenka als letzten Diktator Europas bezeichnete, meinte der Präsident, es sei besser, ein Diktator zu sein, als schwul. Wie groß ist eigentlich noch die Homophobie in Europa?
Sehr groß. Wenn es denn nur Lukaschenka wäre, aber in der katholischen Kirche, bei den islamischen und jüdischen Fundamentalisten, eigentlich in allen Religionen ist die Homophobie tief verankert. Die Konservativen überall wehren sich gegen Veränderungen, weshalb es in unserer Welt schwer ist, solche durchzusetzen. Und Westerwelle hat übrigens Recht.

Wie sieht es mit der Gleichberechtigung von Frauen aus? In der EU wird vehement eine Frauenquote gefordert, in Deutschland ist man da vorsichtiger …
Die Quotendiskussion ist richtig. Das sieht man doch in der Politik. Die Grünen hatten einst eine Quote eingeführt und seither ist der Frauenanteil gestiegen.

Bundesfinanzminister Schäuble denkt laut darüber nach, den Freiwilligendienst zu besteuern. Schreckt das junge Leute nicht zusätzlich ab, sich zu engagieren?
Ich schlage vor, die jungen Leute für ihr Engagement anständig zu bezahlen. 1200 Euro halte ich für angemessen. Dann können sie auch ruhig Steuern zahlen.

Zum Schluss die traditionelle Eintracht-Frage: Die Abwehr ist das Sorgenkind. Wem sollte Armin Veh in der Innenverteidigung künftig das Vertrauen schenken?

Die zweite Halbzeit in Cottbus hat gezeigt wie es geht: Butscher in die Innenverteidigung neben Anderson und Djakpa als Linksverteidiger … dann noch Kittel ins Mittelfeld und die Doppelspitze mit Idrissou und Hoffer; und das wichtigste überhaupt: Die Eintracht braucht einen potenten Geldgeber, aber nicht die öffentliche Hand.

Eine gekürzte Version des Interviews erschien am 13. März im Journal Frankfurt.
19. März 2012
Interview: Gerald Schäfer
 
 
Fotogalerie:
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