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Wohnen für alle

Ein neues Frankfurt

Peter Cachola Schmal ist nicht nur Direktor des Deutschen Architekturmuseums – er will nebenbei auch den Frankfurter
Wohnungsmarkt revolutionieren. Seine Ideen hat er im Interview mit dem JOURNAL FRANKFURT vorgestellt.
Dass bezahlbares Wohnen die zentrale soziale Frage unserer Zeit ist, weiß man in Frankfurt nicht erst, seitdem die SPD mit dieser Phrase in den Landtagswahlkampf gegangen ist. Deutsche Großstädte leiden schon seit geraumer Zeit unter den immer weiter steigenden Immobilienpreisen, in Frankfurt nähert man sich langsam aber sicher der Grenze des Erträglichen. Die Finanzierung von Neubauten sei dabei aber weniger das Problem, sagt Peter Cachola Schmal, Direktor des Deutschen Architekturmuseums (DAM): „Die Schwierigkeiten bestehen darin, dass Grundstücke fehlen und dass Investoren nicht bereit sind, soziale Wohnungen zu bauen, da die Mieten keinen Gewinn erwirtschaften.“ Diesem Problem möchte Schmal entgegenwirken. Gemeinsam mit dem Stadtplanungsdezernat und der Wohnungsbaugesellschaft ABG Holding hat er das Projekt „Wohnen für Alle“ ins Leben gerufen. Das soll langfristig Entspannung in den Wohnungsmarkt bringen – und dabei auf die sich stetig verändernden Bedürfnisse der Menschen eingehen. „Wir haben vor einem Jahr dazu aufgerufen, dass Architekturbüros in ganz Europa ihre bereits realisierten Wohnungsbauprojekte einreichen, die sie für bezahlbar und innovativ halten. Aus den Einsendungen hat eine Jury zehn Projekte ausgesucht“, erklärt Schmal. Die Büros sollen ihre Ideen nun verwirklichen können – auf einem Acker im Hilgenfeld, kurz vor Bonames.

„Wohnen für Alle“ soll aber nicht nur mehr Wohnraum schaffen, sondern vor allem auch qualitativ hochwertigen. Das sagt auch Stadtplanungsdezernent Mike Josef (SPD): „Das Projekt soll zeigen, dass sich preiswertes und anspruchsvolles Wohnen nicht gegenseitig ausschließen.“ Die Zusammenarbeit mit dem DAM habe die Stadt gesucht, da Peter Cachola Schmal und sein Team die notwendigen Fachkenntnisse und auch die richtigen Kontakte für die Umsetzung mitbrächten. Die ABG Holding wiederum ist Eigentümerin des Baugrundstücks. „Die neuen Wohnungen sollen natürlich preiswert sein – aber nicht um jeden Preis“, betont Mike Josef. „Bei diesem Projekt gilt, aus Best-Practice-Beispielen zu lernen und nur das Beste nach Frankfurt zu holen.“ Das Grundstück im Hilgenfeld sei ideal, da es bereits an eine S-Bahn-Station angebunden ist, zudem solle die U5 in den kommenden Jahren verlängert werden, erste Schulen und Kitas seien ebenfalls vorhanden.

Nimmt das Wohnen der Zukunft also endlich Gestalt an in Frankfurt? „In den vergangenen Jahren haben wir nicht viel experimentellen Wohnungsbau in Frankfurt gesehen, der auf die Entwicklung privater Wohnsituationen Rücksicht nimmt“, sagt Peter Cachola Schmal. „Dabei kommen viele innovative Impulse ursprünglich aus Frankfurt.“ Heute werde vornehmlich für Familien gebaut, obwohl die wenigsten Bewohner des städtischen Raums Kinder haben. Wohnungen, die groß genug sind, um mehrere Personen zu beherbergen, seien oft zu teuer. Das führe dazu, dass mehrköpfige Familien inzwischen mit Studenten-Wohngemeinschaften konkurrierten, die in der Summe finanziell stärker seien. Währenddessen kämpften Single-Haushalte, von denen es immer mehr gebe, um Einzimmerappartments, die noch vor einigen Jahren als klassische Studentenbuden galten. Moderne Haushalte verändern sich, Wohnungen jedoch nicht. Wohnen müsse daher endlich flexibler werden.

Das Bauprojekt im Hilgenfeld soll ein erster Schritt sein; rund 850 Wohnungen werden auf dem Grundstück entstehen. Vom „neuen Frankfurt“ sprechen die Macher, in Anlehnung an die Wohnungsbauprojekte von Ernst May in den 1920er-Jahren. Geförderte Wohnungen sollen entstehen, gemeinschaftliches Wohnen – und das alles zu Preisen von um die 10 Euro den Quadratmeter. Schon 2019 soll es soweit sein. Wenn alles so kommt, wie es sich Peter Cachola Schmal und die übrigen Verantwortlichen vorstellen, sei dies nicht nur der Startschuss für mehr und günstigeren Wohnraum, sondern auch für die Renaissance eines Frankfurts, das wieder für Fortschritt und Dynamik stehe, sagt Schmal: „Eine Stadt ist kein statisches Gebilde, sie ist lebendig, wächst und weitet sich aus. Frankfurt hat das Potenzial, wegweisend zu sein im Bereich des innovativen Bauens.“
 
Fotogalerie:
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5. Dezember 2018, 11.48 Uhr
Ronja Merkel
 
Ronja Merkel
Jahrgang 1989, Kunsthistorikerin, von Mai 2014 bis Oktober 2015 leitende Kunstredakteurin des JOURNAL FRANKFURT, von September 2018 bis Juni 2021 Chefredakteurin. – Mehr von Ronja Merkel >>
 
 
 
 
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