Partner
Städtische Bühnen an der Kulturmeile
„Abrissbeschluss war Reaktion auf AfD-Antrag“
Mit der Absichtserklärung des Magistrats zur Kulturmeile scheint eine Lösung für die Städtischen Bühnen näher zu rücken. Die Initiative Zukunft städtische Bühnen Frankfurt kritisiert das Vorgehen der Stadtregierung scharf.
Am 26. Juli gab der Magistrat bekannt, dass eine Vereinbarung mit der Hessischen Landesbank (Helaba) und der Frankfurter Sparkasse auf dem Tisch liege für einen Neubau des Schauspiels an der Neuen Mainzer Straße. Die Kulturmeile als eine der drei Varianten zur Zukunft der Städtischen Bühnen rückt somit in den Vordergrund.
Während das Gros der Parteien diese neue Grundlage als Ausgangspunkt für eine endgültige Entscheidung begrüßt, gibt es Kritik von der Initiative Zukunft städtische Bühnen Frankfurt. Laut einer Mitteilung vom 28. Juli propagiere „die Stadt gegen jede haushaltspolitische, ökologische und denkmalpflegerische Vernunft einen Theaterneubau an der Neuen Mainzer Straße“. Die Kosten für die Variante Kulturmeile seien mehr als 100 Millionen Euro teurer als für die Lösung, bei der die Doppelanlage am Willy-Brandt-Platz verbleibt und gute Gebäudeteile erhalten werden.
Kritik wegen Denkmalpflege und ökologischer Nachhaltigkeit
Zu den Kosten würden auch die für ein Operninterim dazukommen, da am neuen Standort nur ein Theaterneubau in Frage komme. Ebenso bräuchte es eine Zwischennutzung für die Werkstätten des Schauspiels. Die Initiative sorgt sich auch um Denkmalpflege und ökologische Nachhaltigkeit: Neben dem denkmalgeschützten Foyer müsse auch die „völlig intakte Bestandsbebauung von Sparkasse/HeLaBa“ abgerissen werden.
„Für die vorgesehene Errichtung des Ersatzbürobaus stehen zudem zwei weitere Denkmale im Wege, das Geschäftshaus des Neoklassizismus von 1908 (Neue Mainzer Straße 53) und das klassizistische Wohnhaus um 1830 (Neue Mainzer Straße 55)“, heißt es weiter.
Mehr als 20 000 Tonnen zusätzliches CO2
Im Angesicht der Klimakrise sei der Abriss „unverantwortlich“: Sowohl das abzureißende Gebäude der Sparkasse am neuen Standort als auch der Werkstattanbau der Städtischen Bühnen am derzeitigen seien strukturell intakt. Durch den erhöhten Abrissumfang bei der „Kulturmeilen“-Variante würden schätzungsweise über 20 000 Tonnen zusätzliches CO2 ausgestoßen werden. Die Neubauten würden wiederum so viel Energie benötigen wie in 17 000 Tonnen Erdöl stecke.
Auch die Beschäftigten der betreffenden Einrichtungen hätten unter der Kulturmeile zu leiden: Die Mitarbeiter der Sparkasse müssten umziehen und womöglich mehrere Jahre an einem anderen Standort arbeiten. Für die Bühnenbelegschaft sehe es nicht besser aus: Frühestens im Jahr 2027 könne gemäß der Stabsstelle „Zukunft Städtische Bühnen“ mit dem Abriss begonnen werden.
Keine Intermislösungen
Der Gesamtablauf bliebe aber der gleiche: „Verzögerter Beginn, gestufte Umsetzung, Fertigstellung des Hauptgebäudes mit Oper und Werkstätten am Willy-Brandt-Platz realistisch geschätzt im Jahr 2038“, wie die Mittelung weiter lautet. Die Doppelanlage als Neubau mit oder ohne saniertem Teilerhalt wäre hingegen circa fünf Jahre früher fertig als die Option der Kulturmeile. Die „unvermeidlichen Interimslösungen“ seien von den Verantwortlichen in den letzten Jahren nicht geklärt worden.
Im Gespräch erzählt Philipp Oswalt, Architekt und Mitglied der Initiative, von der politischen Brisanz, die den Vorgang begleitet: Der Abrissbeschluss im Jahre 2020 sei innerhalb eines Tages in Reaktion auf einen AfD-Antrag ohne eine Erörterung im Kulturausschuss zustande gekommen. Eine mögliche Prüfung von Abgeordneten sei dadurch verunmöglicht worden.
Oswalt: „Abrissbeschluss war Reaktion auf AfD-Antrag“
Der betreffende AfD-Antrag beinhaltet eine Neubau-Lösung mit Verbleib eines Teils der Bühnen am Willy-Brandt-Platz. „Man wollte sich die Blöße nicht geben, von der AfD vorgeführt zu werden“, vermutet Oswalt. Daraufhin seien Kostenannahmen für die Neubaulösung „unrealistisch“ günstig gewählt worden. Diese Annahmen seien zwar inzwischen von der Stabsstelle korrigiert, aber die damalige Entscheidung nicht hinterfragt worden.
Die Initiative fordert daher eine tabellarische Darstellung aller Varianten für die Entscheidungsträger. Diese soll dezidiert alle Kosten inklusive für eine Zwischenspielstätte und das Grundstück ebenso wie eine CO2-Bilanz einschließlich grauer Energie, also bereits verwandte Energie, aufzählen. Auch soll sie den Denkmalschutz und den Realisierungsplan bis zur Fertigstellung sachlich neutral und vollständig abbilden.
Während das Gros der Parteien diese neue Grundlage als Ausgangspunkt für eine endgültige Entscheidung begrüßt, gibt es Kritik von der Initiative Zukunft städtische Bühnen Frankfurt. Laut einer Mitteilung vom 28. Juli propagiere „die Stadt gegen jede haushaltspolitische, ökologische und denkmalpflegerische Vernunft einen Theaterneubau an der Neuen Mainzer Straße“. Die Kosten für die Variante Kulturmeile seien mehr als 100 Millionen Euro teurer als für die Lösung, bei der die Doppelanlage am Willy-Brandt-Platz verbleibt und gute Gebäudeteile erhalten werden.
Zu den Kosten würden auch die für ein Operninterim dazukommen, da am neuen Standort nur ein Theaterneubau in Frage komme. Ebenso bräuchte es eine Zwischennutzung für die Werkstätten des Schauspiels. Die Initiative sorgt sich auch um Denkmalpflege und ökologische Nachhaltigkeit: Neben dem denkmalgeschützten Foyer müsse auch die „völlig intakte Bestandsbebauung von Sparkasse/HeLaBa“ abgerissen werden.
„Für die vorgesehene Errichtung des Ersatzbürobaus stehen zudem zwei weitere Denkmale im Wege, das Geschäftshaus des Neoklassizismus von 1908 (Neue Mainzer Straße 53) und das klassizistische Wohnhaus um 1830 (Neue Mainzer Straße 55)“, heißt es weiter.
Im Angesicht der Klimakrise sei der Abriss „unverantwortlich“: Sowohl das abzureißende Gebäude der Sparkasse am neuen Standort als auch der Werkstattanbau der Städtischen Bühnen am derzeitigen seien strukturell intakt. Durch den erhöhten Abrissumfang bei der „Kulturmeilen“-Variante würden schätzungsweise über 20 000 Tonnen zusätzliches CO2 ausgestoßen werden. Die Neubauten würden wiederum so viel Energie benötigen wie in 17 000 Tonnen Erdöl stecke.
Auch die Beschäftigten der betreffenden Einrichtungen hätten unter der Kulturmeile zu leiden: Die Mitarbeiter der Sparkasse müssten umziehen und womöglich mehrere Jahre an einem anderen Standort arbeiten. Für die Bühnenbelegschaft sehe es nicht besser aus: Frühestens im Jahr 2027 könne gemäß der Stabsstelle „Zukunft Städtische Bühnen“ mit dem Abriss begonnen werden.
Der Gesamtablauf bliebe aber der gleiche: „Verzögerter Beginn, gestufte Umsetzung, Fertigstellung des Hauptgebäudes mit Oper und Werkstätten am Willy-Brandt-Platz realistisch geschätzt im Jahr 2038“, wie die Mittelung weiter lautet. Die Doppelanlage als Neubau mit oder ohne saniertem Teilerhalt wäre hingegen circa fünf Jahre früher fertig als die Option der Kulturmeile. Die „unvermeidlichen Interimslösungen“ seien von den Verantwortlichen in den letzten Jahren nicht geklärt worden.
Im Gespräch erzählt Philipp Oswalt, Architekt und Mitglied der Initiative, von der politischen Brisanz, die den Vorgang begleitet: Der Abrissbeschluss im Jahre 2020 sei innerhalb eines Tages in Reaktion auf einen AfD-Antrag ohne eine Erörterung im Kulturausschuss zustande gekommen. Eine mögliche Prüfung von Abgeordneten sei dadurch verunmöglicht worden.
Der betreffende AfD-Antrag beinhaltet eine Neubau-Lösung mit Verbleib eines Teils der Bühnen am Willy-Brandt-Platz. „Man wollte sich die Blöße nicht geben, von der AfD vorgeführt zu werden“, vermutet Oswalt. Daraufhin seien Kostenannahmen für die Neubaulösung „unrealistisch“ günstig gewählt worden. Diese Annahmen seien zwar inzwischen von der Stabsstelle korrigiert, aber die damalige Entscheidung nicht hinterfragt worden.
Die Initiative fordert daher eine tabellarische Darstellung aller Varianten für die Entscheidungsträger. Diese soll dezidiert alle Kosten inklusive für eine Zwischenspielstätte und das Grundstück ebenso wie eine CO2-Bilanz einschließlich grauer Energie, also bereits verwandte Energie, aufzählen. Auch soll sie den Denkmalschutz und den Realisierungsplan bis zur Fertigstellung sachlich neutral und vollständig abbilden.
31. Juli 2023, 08.12 Uhr
Till Geginat
Till Geginat
Jahrgang 1994, Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe Universität Frankfurt, seit November 2022 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Till
Geginat >>
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Urbanes Frankfurt
Die Machbarkeitsstudie zum Ausbau der Straßenbahn von Frankfurt über Neu-Isenburg und Dreieich bis nach Langen liegt vor. Sie sieht großes Potenzial.
Text: Sina Claßen / Foto: Gestaltungsidee für die Frankfurter Straße in Neu-Isenburg © Ramboll/traffiQ
Urbanes FrankfurtMeistgelesen
- Straßensperre am NordwestzentrumNeue Umleitung wurde eingerichtet
- Fahrplanwechsel im ÖPNVWeiterhin reduziertes Angebot im Frankfurter Nahverkehr
- Ortstermin: BahnhofsviertelNiemand parkt sein teures Fahrrad gerne im Bahnhofsviertel
- Nach Problemen mit WasserstoffzügenAb Januar fahren im Taunus wieder Dieselzüge
- Tramlinie 17Studie empfiehlt Ausbau der Straßenbahn von Frankfurt nach Langen
22. November 2024
Journal Tagestipps
Freie Stellen