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Städtische Bühnen
Kulturmeilen-Variante: Stadtplanung sei ein „Schildbürgerstreich“
Die Abstimmung der Frankfurter Stadtverordneten über die Zukunft der Städtischen Bühnen steht bevor. Die Initiative „Zukunft Städtische Bühnen Frankfurt“ plädiert weiterhin für die Lösungsvariante Doppelanlage.
Die Diskussionen um die städtischen Bühnen am Willy-Brandt-Platz reißen nicht ab. Während die Stadt im Juli einen Entwurf für die Lösung über die Kulturmeile vorangebracht hat, sind sich die Römerparteien noch nicht völlig eins. Auf genau ihre Stimmen wird es aber ankommen, wenn die Stadtverordnetenversammlung über die drei Varianten der Kulturmeile, der Spiegellösung und des Neubaus am angestammten Platz abstimmen werden.
Neben der Politik haben sich auch verschiedene Initiativen ihre Gedanken zum Thema gemacht. Die Initiative „Zukunft Städtische Bühnen Frankfurt“, die einen Neubau inklusive eines Teilerhalts präferiert, legt nun nach und kommt dabei auch auf Besonderheiten der bisherigen städtischen Planung zu sprechen.
Zukunft Städtische Bühnen: Abrisse nur im Backstagebereich sinnvoll
Zum einen fordern die Mitglieder der Initiative, die sich aus Architekten, Journalisten, Theaterwissenschaftlern und anderen zusammensetzt, ein Vorangehen der Stadt im Sinne der Bauwende. Diese betont laut Bund Deutscher Architektinnen und Architekten vor allem einen größtmöglichen Erhalt statt Abbrüchen von Bauwerken. Martina Metzner von der Initiative verweist darauf, dass das Foyer, der Zuschauerraum und die Werkstätten saniert und erhalten werden könnten. Lediglich ein Großteil des Backstagebereichs müsste abgerissen werden.
Architekt Philipp Oswalt erklärt das vor allem mit dem Höhenunterschied des Backstagebereichs zwischen dem Schauspiel und der Oper. Die Raumstruktur des Schauspiels ergebe jedoch keine Probleme, höchstens das breite Bühnenportal und die Seitenbühne. Damit erteilt er der von der Stabsstelle Städtische Bühnen geäußerten Meinung eine Absage, wonach eine Sanierung des Schauspieles nicht möglich sei.
Harnack: Komplett-Neubau der Städtischen Bühnen günstiger als Kulturmeile
Auch bei den Kosten sind sich die Fürsprecher der Doppelanlage einig: Die Variante Kulturmeile würde mehr als 150 Millionen Euro mehr kosten als die der Doppelanlage mit der Option eines Teilerhalts. Diese Summe ergebe sich aus Grundstücks- und Erschließungskosten sowie einer präziseren Aufstellung der Kosten für die Interims der Häuser. Ebendiese hätten nämlich in den von der Stadt und der Stabsstelle beauftragten Gutachten gefehlt. Stadtplanerin und Architektin Maren Harnack betont, dass selbst ein Komplett-Neubau der Doppelanlage insgesamt weniger kosten würde, als die Kulturmeile.
Sie kommt auch auf die Funktionalität zu sprechen. Bei der Kulturmeile würde das Schauspiel von der Oper und den Werkstätten getrennt; zusätzlich wäre ein separates Lager erforderlich. Bei der Doppelanlage würde hingegen auf zwei Standorte aufgeteilt: die Spielstätten und das Produktionszentrum mit Werkstätten, Probebühnen und dem Lager. Beide Varianten würden hierbei Vor- und Nachteile bringen. Ein ausgelagertes Produktionszentrum sei laut Bericht der Stabsstelle von 2020 in einer „überschaubaren Zeit“ realisierbar und könnte auch die Probebühnen beinhalten, wobei für interne Betriebsabläufe eine Anbindung an die Hauptspielstätten zu bevorzugen sei.
Wie Harnack weiter ausführt, seien solche Arten der Produktionszentren auch an anderen Orten üblich, wie beim Staatstheater Hannover oder Staatsoper in Hamburg. Das Besondere: Das Produktionszentrum in Frankfurt könnte auch als Interim dienen und an seinem Ort einen neuen „kulturellen Hotspot schaffen, wo vorher keiner war“. Als mögliche Standorte kämen etwa das Gaswerk Ost, die ehemalige Binding-Brauerei oder auch der Ostbahnhof in Frage.
Städtische Bühnen Frankfurt: Blick auf andere Städte wie Hamburg
Allgemein könne mehr auf andere Städte geschaut werden, betonen die Verantwortlichen der Initiative. Oswalt betont: „Wir wollen keine Mainphilharmonie“. Wenn die Kulturmeile real würde, wäre das eine „Rolle rückwärts“. Denn diese Lösung sehe eine Architektur vor, die auf Stadtmarketing setze und nicht auf eine zukunftsorientierte Lösung.
Theaterwissenschaftler Nikolaus Müller-Schöll blickt ebenso nach Hamburg. Dort laufe momentan die Planung für den Kampnagel-Umbau – ein Vorbild für die Städtischen Bühnen: Das Pariser Architektenteam Lacaton & Vassel versuche dort, ein Theater der Zukunft entstehen zu lassen. Unter Einbezug aller Beteiligten – also auch der Zivilgesellschaft und der Theaterschaffenden – werde überlegt, wie ein „Theater von heute“ aussehen und wie Sanieren mit baulich konzeptionellem Weiterentwickeln verbunden werden könne.
Zukunft Städtische Bühnen: Stadtplanung erinnert an Schildbürgerstreich
Sie alle sind sich einig, dass das Schauspiel bei der Kulturmeile, „eingeklemmt zwischen Hochhäusern“, als „großer Verlierer“ dastehen werde. Es würde schlechter erschlossen sein für etwaige Anlieferungen und auch weniger attraktiv zu erreichen sein, weil eine Straßenbahnhaltestelle wie am Willy-Brandt-Platz fehle, sagt Harnack. Zudem müssten „völlig intakte Büroflächen“ des Sparkassengebäudes abgerissen werden, so Oswalt, der von einem „Schildbürgerstreich“ spricht: Diese Stadtplanung sei ein „Unikum für Frankfurt“. Woanders habe es so etwas noch nicht gegeben.
Kulturhistoriker Alfons Maria Arns pflichtet ihm bei: Er kenne kein Beispiel dafür, dass bei solchen städteplanerischen Diskussionen bereits nach einem neuen Standort gesucht wurde, ohne vorher den Bestand näher zu untersuchen für mögliche Sanierungsideen.
Neben der Politik haben sich auch verschiedene Initiativen ihre Gedanken zum Thema gemacht. Die Initiative „Zukunft Städtische Bühnen Frankfurt“, die einen Neubau inklusive eines Teilerhalts präferiert, legt nun nach und kommt dabei auch auf Besonderheiten der bisherigen städtischen Planung zu sprechen.
Zum einen fordern die Mitglieder der Initiative, die sich aus Architekten, Journalisten, Theaterwissenschaftlern und anderen zusammensetzt, ein Vorangehen der Stadt im Sinne der Bauwende. Diese betont laut Bund Deutscher Architektinnen und Architekten vor allem einen größtmöglichen Erhalt statt Abbrüchen von Bauwerken. Martina Metzner von der Initiative verweist darauf, dass das Foyer, der Zuschauerraum und die Werkstätten saniert und erhalten werden könnten. Lediglich ein Großteil des Backstagebereichs müsste abgerissen werden.
Architekt Philipp Oswalt erklärt das vor allem mit dem Höhenunterschied des Backstagebereichs zwischen dem Schauspiel und der Oper. Die Raumstruktur des Schauspiels ergebe jedoch keine Probleme, höchstens das breite Bühnenportal und die Seitenbühne. Damit erteilt er der von der Stabsstelle Städtische Bühnen geäußerten Meinung eine Absage, wonach eine Sanierung des Schauspieles nicht möglich sei.
Auch bei den Kosten sind sich die Fürsprecher der Doppelanlage einig: Die Variante Kulturmeile würde mehr als 150 Millionen Euro mehr kosten als die der Doppelanlage mit der Option eines Teilerhalts. Diese Summe ergebe sich aus Grundstücks- und Erschließungskosten sowie einer präziseren Aufstellung der Kosten für die Interims der Häuser. Ebendiese hätten nämlich in den von der Stadt und der Stabsstelle beauftragten Gutachten gefehlt. Stadtplanerin und Architektin Maren Harnack betont, dass selbst ein Komplett-Neubau der Doppelanlage insgesamt weniger kosten würde, als die Kulturmeile.
Sie kommt auch auf die Funktionalität zu sprechen. Bei der Kulturmeile würde das Schauspiel von der Oper und den Werkstätten getrennt; zusätzlich wäre ein separates Lager erforderlich. Bei der Doppelanlage würde hingegen auf zwei Standorte aufgeteilt: die Spielstätten und das Produktionszentrum mit Werkstätten, Probebühnen und dem Lager. Beide Varianten würden hierbei Vor- und Nachteile bringen. Ein ausgelagertes Produktionszentrum sei laut Bericht der Stabsstelle von 2020 in einer „überschaubaren Zeit“ realisierbar und könnte auch die Probebühnen beinhalten, wobei für interne Betriebsabläufe eine Anbindung an die Hauptspielstätten zu bevorzugen sei.
Wie Harnack weiter ausführt, seien solche Arten der Produktionszentren auch an anderen Orten üblich, wie beim Staatstheater Hannover oder Staatsoper in Hamburg. Das Besondere: Das Produktionszentrum in Frankfurt könnte auch als Interim dienen und an seinem Ort einen neuen „kulturellen Hotspot schaffen, wo vorher keiner war“. Als mögliche Standorte kämen etwa das Gaswerk Ost, die ehemalige Binding-Brauerei oder auch der Ostbahnhof in Frage.
Allgemein könne mehr auf andere Städte geschaut werden, betonen die Verantwortlichen der Initiative. Oswalt betont: „Wir wollen keine Mainphilharmonie“. Wenn die Kulturmeile real würde, wäre das eine „Rolle rückwärts“. Denn diese Lösung sehe eine Architektur vor, die auf Stadtmarketing setze und nicht auf eine zukunftsorientierte Lösung.
Theaterwissenschaftler Nikolaus Müller-Schöll blickt ebenso nach Hamburg. Dort laufe momentan die Planung für den Kampnagel-Umbau – ein Vorbild für die Städtischen Bühnen: Das Pariser Architektenteam Lacaton & Vassel versuche dort, ein Theater der Zukunft entstehen zu lassen. Unter Einbezug aller Beteiligten – also auch der Zivilgesellschaft und der Theaterschaffenden – werde überlegt, wie ein „Theater von heute“ aussehen und wie Sanieren mit baulich konzeptionellem Weiterentwickeln verbunden werden könne.
Sie alle sind sich einig, dass das Schauspiel bei der Kulturmeile, „eingeklemmt zwischen Hochhäusern“, als „großer Verlierer“ dastehen werde. Es würde schlechter erschlossen sein für etwaige Anlieferungen und auch weniger attraktiv zu erreichen sein, weil eine Straßenbahnhaltestelle wie am Willy-Brandt-Platz fehle, sagt Harnack. Zudem müssten „völlig intakte Büroflächen“ des Sparkassengebäudes abgerissen werden, so Oswalt, der von einem „Schildbürgerstreich“ spricht: Diese Stadtplanung sei ein „Unikum für Frankfurt“. Woanders habe es so etwas noch nicht gegeben.
Kulturhistoriker Alfons Maria Arns pflichtet ihm bei: Er kenne kein Beispiel dafür, dass bei solchen städteplanerischen Diskussionen bereits nach einem neuen Standort gesucht wurde, ohne vorher den Bestand näher zu untersuchen für mögliche Sanierungsideen.
28. September 2023, 14.45 Uhr
Till Geginat
Till Geginat
Jahrgang 1994, Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe Universität Frankfurt, seit November 2022 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Till
Geginat >>
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