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Der neu installierte Kameramast an der Ecke Moselstraße/Kaiserstraße © Stadt Frankfurt am Main, Foto: Jan Hassenpflug
Neue Überwachungskameras in Frankfurt
„Solch eine Gesellschaft wie in China will ich nicht“
Nach der Waffenverbotszone hat Frankfurt neue Sicherheitskameras in der Innenstadt enthüllt. Die Verantwortlichen erhoffen sich dadurch mehr Sicherheit, Kritiker fürchten um den Datenschutz.
Seit 1. November vergangenen Jahres gilt rund um das Frankfurter Bahnhofsviertel die viel diskutierte Waffenverbotszone. Damit wurde eine der unter anderem von der Polizei geforderten Maßnahmen für mehr Sicherheit umgesetzt. Vor zwei Tagen, am 15. Januar, weihte OB Mike Josef (SPD) dann mit Ordnungsdezernentin Annette Rinn (FDP) und dem Leiter der Abteilung Einsatz der Frankfurter Polizei, Thomas Schmidl, neue Sicherheitskameras in der Innenstadt ein.
Konkret wurden am bisherigen Kamerastandort an der Ecke Mosel-/Kaiserstraße die Anlagen vollständig modernisiert und an der Kreuzung Taunus-/Elbestraße zwei neue Videomasten installiert. Laut Stadt Frankfurt sind beide Systeme mit „modernsten Panomerakameras“ ausgestattet, wie es sie schon an der Haupt- und Konstablerwache gibt und die teils vom Land Hessen mitfinanziert wurden. Die Kameras sollen dabei die Polizeiarbeit mit „fortschrittlichster Technik sinnvoll ergänzen“, heißt es. „Panomera“ ist eine Produktlinie des deutschen Herstellers Dallmeier, der laut eigener Pressemitteilung von 2020 bereits 19 deutsche Städte mit Videotechnik versorgt hat.
Polizei Frankfurt hofft auf zielgerichtete Einsätze durch neue Kameras
OB Mike Josef zeigt sich von den sogenannten „Videoschutzanlagen“ überzeugt. Gleichzeitig betont er aber, dass Einzelmaßnahmen wie diese und auch die Waffenverbotszone nicht die Probleme im Bahnhofsviertel lösen könnten. Man arbeite weiter daran, für „mehr Sicherheit, mehr Sauberkeit, bessere Hilfe für die Kranken und Abhängigen im Bahnhofsviertel zu sorgen“.
Die stationären Anlagen sind im Eigentum der Stadt, werden jedoch ausschließlich von der Polizei genutzt, heißt es weiter. Schmidl spricht mehrere Vorteile für die Polizeiarbeit an: Einerseits könnten beobachtete Sachverhalte besser bewertet und schneller auf sie reagiert werden, indem etwa Einsatzkräfte schon auf der Fahrt entsprechend vorbereitet würden. Zudem könne das Geschehen durch die Live-Sicht fortlaufend neu bewertet werden. Andererseits könnten im Nachgang komplexe Abläufe wie Tumulte „beliebig oft aus verschiedenen Winkeln ausgewertet und rekonstruiert werden“.
Rinn: Datenschutz soll ausdrücklich gewahrt werden
Auch im Bereich des Bahnhofvorplatzes sind noch zwei Kamerastandorte, welche aufgrund ihres Alters erneuert werden sollen. Deren derzeitige Standorte sollen demnach im Bereich der Straßen Am Hauptbahnhof/Taunusstraße, Am Hauptbahnhof/Kaiserstraße und Am Hauptbahnhof zwischen den Hausnummern 10 und 12 verlagert werden.
Laut Rinn habe es viele Rückmeldungen von Gewerbetreibenden, Anwohnern und Touristen sowie Arbeitenden gegeben, die mehr „Videoschutz“ gefordert hätten. Und: „Der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, die Videoschutzanlagen für das Bahnhofsviertel zu ertüchtigen und zu erweitern, stammt immerhin aus dem Jahr 2018.“ Sie freut sich deshalb über den „großen Schritt hin zu mehr Sicherheit“, der „unter ausdrücklicher Wahrung des Datenschutzes“ gegangen worden sei.
Linke befürchtet Überwachung Unbeteiligter und fordert soziale Maßnahmen
Kritik an den neuen Kameras übt vor allem die Linke im Römer. Um Straftaten zu verhindern, seien Videokameras ungeeignet, sagt Monika Christiann, sicherheitspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion in einer Stellungnahme. „Vielmehr wird eine Sicherheit vorgegaukelt, denn eine Kamera kann oftmals spontane und impulsive Straftaten nicht verhindern.“ Wahrscheinlich sei hingegen, dass die Kriminalität in andere Straßen abwandere. Auch würden „unbescholtene Bürger“ mit überwacht werden. „Solche eine Gesellschaft wie in China will ich nicht.“
Auch der neue Koalitionsvertrag von der neuen hessischen Regierung stößt bei den Linken sauer auf. Dieser gestattet der Polizei unter anderem eine Ausweitung der Videoüberwachung und Wohnraumüberwachung sowie Gesichtserkennung. Auch der Einsatz von KI in der umstrittenen Auswertungssoftware „HessenData“ des US-amerikanische Unternehmens „Palantir“ sei zu befürchten, sagt Christiann. Die neuen „Hochleistungskameras“ würden weitere Strecken überblicken und auch Hauseingänge, Fenster und Balkone abfilmen können.
Um wirklich für Besserung im Bahnhofsviertel zu sorgen, bräuchte es dagegen soziale Maßnahmen gegen die Entwicklung des Drogenkonsums und die gesellschaftliche Spaltung. Christiann beanstandet auch die von der Stadtregierung benutzte Begrifflichkeit: So würde eine „Videoschutzanlage“ den „umstrittenen Einsatz von Überwachungskameras rechtfertigen und populistischen Forderungen nachgeben.“ Darüber hinaus vermisst sie die 2018 von der Stadtverordnetenversammlung mitbeschlossene jährliche Evaluation, die bis heute fehle.
Datenschützer beanstanden Wirksamkeit zur Kriminalitätsbekämpfung
Gegen den Optimismus der Verantwortlichen richtet sich auch die Initiative „dieDatenschützer Rhein-Main“. Mit Verweis auf mehrere Studien zweifeln sie an dem Nutzen der getroffenen Maßnahme, wie auf ihrer Internetseite deutlich wird. Laut einer Veröffentlichung eines Kriminologie-Professors von 2020 handeln viele Täter im Affekt oder im berauschten Zustand und vernachlässigen die Kameras deshalb. Mit Bedacht vorgehende Straftäter würden hingegen eher Orte ohne Videoüberwachung aufsuchen.
Eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen aus 2018 kommt zu dem Ergebnis, dass „ein kriminalitätsreduzierender Effekt der Videoüberwachung bisher nicht überzeugend geführt werden konnte“. An öffentlichen Plätzen in Stadtzentren würden die Effekte sehr unterschiedlich ausfallen.
Konkret wurden am bisherigen Kamerastandort an der Ecke Mosel-/Kaiserstraße die Anlagen vollständig modernisiert und an der Kreuzung Taunus-/Elbestraße zwei neue Videomasten installiert. Laut Stadt Frankfurt sind beide Systeme mit „modernsten Panomerakameras“ ausgestattet, wie es sie schon an der Haupt- und Konstablerwache gibt und die teils vom Land Hessen mitfinanziert wurden. Die Kameras sollen dabei die Polizeiarbeit mit „fortschrittlichster Technik sinnvoll ergänzen“, heißt es. „Panomera“ ist eine Produktlinie des deutschen Herstellers Dallmeier, der laut eigener Pressemitteilung von 2020 bereits 19 deutsche Städte mit Videotechnik versorgt hat.
OB Mike Josef zeigt sich von den sogenannten „Videoschutzanlagen“ überzeugt. Gleichzeitig betont er aber, dass Einzelmaßnahmen wie diese und auch die Waffenverbotszone nicht die Probleme im Bahnhofsviertel lösen könnten. Man arbeite weiter daran, für „mehr Sicherheit, mehr Sauberkeit, bessere Hilfe für die Kranken und Abhängigen im Bahnhofsviertel zu sorgen“.
Die stationären Anlagen sind im Eigentum der Stadt, werden jedoch ausschließlich von der Polizei genutzt, heißt es weiter. Schmidl spricht mehrere Vorteile für die Polizeiarbeit an: Einerseits könnten beobachtete Sachverhalte besser bewertet und schneller auf sie reagiert werden, indem etwa Einsatzkräfte schon auf der Fahrt entsprechend vorbereitet würden. Zudem könne das Geschehen durch die Live-Sicht fortlaufend neu bewertet werden. Andererseits könnten im Nachgang komplexe Abläufe wie Tumulte „beliebig oft aus verschiedenen Winkeln ausgewertet und rekonstruiert werden“.
Auch im Bereich des Bahnhofvorplatzes sind noch zwei Kamerastandorte, welche aufgrund ihres Alters erneuert werden sollen. Deren derzeitige Standorte sollen demnach im Bereich der Straßen Am Hauptbahnhof/Taunusstraße, Am Hauptbahnhof/Kaiserstraße und Am Hauptbahnhof zwischen den Hausnummern 10 und 12 verlagert werden.
Laut Rinn habe es viele Rückmeldungen von Gewerbetreibenden, Anwohnern und Touristen sowie Arbeitenden gegeben, die mehr „Videoschutz“ gefordert hätten. Und: „Der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, die Videoschutzanlagen für das Bahnhofsviertel zu ertüchtigen und zu erweitern, stammt immerhin aus dem Jahr 2018.“ Sie freut sich deshalb über den „großen Schritt hin zu mehr Sicherheit“, der „unter ausdrücklicher Wahrung des Datenschutzes“ gegangen worden sei.
Kritik an den neuen Kameras übt vor allem die Linke im Römer. Um Straftaten zu verhindern, seien Videokameras ungeeignet, sagt Monika Christiann, sicherheitspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion in einer Stellungnahme. „Vielmehr wird eine Sicherheit vorgegaukelt, denn eine Kamera kann oftmals spontane und impulsive Straftaten nicht verhindern.“ Wahrscheinlich sei hingegen, dass die Kriminalität in andere Straßen abwandere. Auch würden „unbescholtene Bürger“ mit überwacht werden. „Solche eine Gesellschaft wie in China will ich nicht.“
Auch der neue Koalitionsvertrag von der neuen hessischen Regierung stößt bei den Linken sauer auf. Dieser gestattet der Polizei unter anderem eine Ausweitung der Videoüberwachung und Wohnraumüberwachung sowie Gesichtserkennung. Auch der Einsatz von KI in der umstrittenen Auswertungssoftware „HessenData“ des US-amerikanische Unternehmens „Palantir“ sei zu befürchten, sagt Christiann. Die neuen „Hochleistungskameras“ würden weitere Strecken überblicken und auch Hauseingänge, Fenster und Balkone abfilmen können.
Um wirklich für Besserung im Bahnhofsviertel zu sorgen, bräuchte es dagegen soziale Maßnahmen gegen die Entwicklung des Drogenkonsums und die gesellschaftliche Spaltung. Christiann beanstandet auch die von der Stadtregierung benutzte Begrifflichkeit: So würde eine „Videoschutzanlage“ den „umstrittenen Einsatz von Überwachungskameras rechtfertigen und populistischen Forderungen nachgeben.“ Darüber hinaus vermisst sie die 2018 von der Stadtverordnetenversammlung mitbeschlossene jährliche Evaluation, die bis heute fehle.
Gegen den Optimismus der Verantwortlichen richtet sich auch die Initiative „dieDatenschützer Rhein-Main“. Mit Verweis auf mehrere Studien zweifeln sie an dem Nutzen der getroffenen Maßnahme, wie auf ihrer Internetseite deutlich wird. Laut einer Veröffentlichung eines Kriminologie-Professors von 2020 handeln viele Täter im Affekt oder im berauschten Zustand und vernachlässigen die Kameras deshalb. Mit Bedacht vorgehende Straftäter würden hingegen eher Orte ohne Videoüberwachung aufsuchen.
Eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen aus 2018 kommt zu dem Ergebnis, dass „ein kriminalitätsreduzierender Effekt der Videoüberwachung bisher nicht überzeugend geführt werden konnte“. An öffentlichen Plätzen in Stadtzentren würden die Effekte sehr unterschiedlich ausfallen.
17. Januar 2024, 12.45 Uhr
Till Geginat
Till Geginat
Jahrgang 1994, Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe Universität Frankfurt, seit November 2022 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Till
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