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Stadttaubenprojekt
Gefangene Tiere und gebrochene Flügel: Wie Tauben in Not geholfen wird
Jeden Tag gehen beim Stadttaubenprojekt Notrufe zu Tauben ein. JOURNAL-Redakteur Till Geginat durfte beim Notdienst mitfahren und sich einen Eindruck von dessen Arbeit machen.
Kurz nach zehn. Philip Hirt trifft auf dem Gelände des ehemaligen Kleintierzuchtvereins in Oberrad ein, schaut auf sein Handy: Drei Notrufe sind schon eingegangen. Wir packen einen Käscher und mehrere mit weichem Papier gepolsterte Pappkartons ein und fahren los: An drei Adressen der Stadt gilt es, Tauben in Not zu helfen. Er macht das ehrenamtlich und ich darf ihn heute dabei unterstützen.
Im Gallus ist unser erster Einsatzort. Eine junge Frau hat eine verletzte Taube auf ihrer Terrasse entdeckt. Freundlich empfängt sie uns und zeigt uns das verletzte Tier, dem sie einen Napf mit Körnern hingestellt hat. Den Käscher benötigt Hirt gar nicht, die Taube fängt er gezielt mit der Hand und untersucht sie: ein wohl gebrochener Flügel, vielleicht von einem Raubvogel verursacht. Vorsichtig bettet er sie in einen der Pappkartons und wir ziehen von dannen. „Vielleicht kommt sie ja hierher zurückgeflogen“, verabschiedet sich die Finderin und lacht dabei.
Mit Käscher und Pappkartons durch die Stadt
So verständnisvoll wie die Anwohnerin seien nicht alle, die den Taubennotruf wählen, sagt Hirt. Einige nehmen an, dass die Helfer vom Stadttaubenprojekt Nester und Küken einfach entfernen würden, was aber tierschutzrechtlich nicht erlaubt ist. Und auch wenn die Embryonen im Ei schon zu weit entwickelt seien, dürften die Eier nicht mehr gegen Attrappen ausgetauscht werden.
Der Eiertausch sei eine effektive Methode der Populationskontrolle, erzählt der Tierschutzaktivist. „Wenn keine Küken schlüpfen, geben die Tauben das Brüten manchmal auf.“ Seit etwa einem Jahr fährt er für das Stadttaubenprojekt durch Frankfurt und teils auch Umgebung – wenn er Zeit dafür hat. Denn eigentlich studiert er Medieninformatik und arbeitet nebenher in einem Fitnessstudio in seinem Wohnort im Westerwald.
Nestentfernung verstößt gegen das Tierschutzgesetz
Nach zwei weiteren kleinen Rettungsaktionen quer durchs Stadtgebiet ist in jedem Karton eine Taube und wir fahren zurück nach Oberrad, um die Tiere in die Auffangstation zu bringen. Eine Verschnaufpause gibt es nicht, die nächsten Notrufe sind bereits eingegangen, wir packen noch eine Leiter ein. Diesmal geht’s ins Ostend zu einem Bürogebäude. Über einem Dach hat die ansässige Firma ein größeres Schutznetz angebracht und mehrere Tauben sind darunter gefangen.
Die Leiter stellen wir auf: zu niedrig, um auf das Dach zu kommen. Glücklicherweise können wir von innen durch ein Bürofenster das Dach betreten. Mehrere, schon teils abgemagerte Tauben hocken auf den Vorsprüngen. Sie alle einzufangen, gestaltet sich diesmal schwieriger, da sie immer wieder wegfliegen. Mit etwas Geduld und Fingerspitzengefühl gelingt es Hirt dann doch und er legt sie sorgsam in die Kartons.
© red
Für die Tauben quer durch die Stadt
Bei der Netzkontrolle zeigt er mir die Probleme dieser Maßnahme: An vielen Stellen können sich die Tauben verhaken und sich im schlimmsten Fall nicht mehr selbst befreien. Oft seien solche Netz auch zu locker und die Maschen zu groß, sodass noch Vögel durchkommen, aber nicht wieder hinaus – eine tödliche Falle.
Nach etwas Suche ist das Loch im Netz gefunden und ein Beweisfoto geschossen. Beim Hinausgehen gibt es dann noch etwas Aufklärungsarbeit: Ein Angestellter und mehrere Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes fragen neugierig, was wir gemacht haben. Wie sich herausstellt, haben sie – so wie ich vor einigen Monaten – gar keine Ahnung davon, dass es solche Maßnahmen wie den Eiertausch gibt und der Nestabbau eigentlich verboten ist.
Taubenrettung und Aufklärungsarbeit
Wir bringen die eingefangenen Tauben zurück nach Oberrad, zum „Aufpeppeln“. So wie Hirt kümmern sich auch andere Ehrenamtliche um die Tauben in Frankfurt. Leider seien es immer noch zu wenig, bei der großen Taubenpopulation in der Stadt, so Hirt. Manchmal sei er von morgens bis abends unterwegs. Dass die beiden Taubenschläge in der Innenstadt nun abgebaut werden, verschlimmere die Lage weiter.
Vor allem viele Ehrenamtliche kümmern sich um die Tauben
Zwar gebe es nun 20 000 Euro mehr von der Stadt, erzählt Gudrun Stürmer vom Stadttaubenprojekt, aber das reiche nach wie vor nicht aus. Allein die Fahrtkosten gehen in die Zehntausende. Das meiste Geld komme weiterhin von Spendern. Noch einmal fahren wir los für einen Notfall: Im Mertonviertel hat eine Frau eine Taube von der Straße aufgelesen. Als wir ankommen, stellt sich die Taube als Ringeltaube heraus. Im Gegensatz zu den Stadttauben sind diese Wildtiere und nisten in Bäumen. Sie scheint krank zu sein und wir nehmen sie vorsichtshalber mit.
Für mich endet der Dienst hier. Hirt fährt weiter zur nächsten Station: Bei einem Dachboden müssen routinemäßig Eier getauscht werden. Ob er danach schon nach Hause kann, ist offen: Jederzeit kann wieder ein neuer Notruf eingehen und wer weiß, was dann zu tun ist.
Im Gallus ist unser erster Einsatzort. Eine junge Frau hat eine verletzte Taube auf ihrer Terrasse entdeckt. Freundlich empfängt sie uns und zeigt uns das verletzte Tier, dem sie einen Napf mit Körnern hingestellt hat. Den Käscher benötigt Hirt gar nicht, die Taube fängt er gezielt mit der Hand und untersucht sie: ein wohl gebrochener Flügel, vielleicht von einem Raubvogel verursacht. Vorsichtig bettet er sie in einen der Pappkartons und wir ziehen von dannen. „Vielleicht kommt sie ja hierher zurückgeflogen“, verabschiedet sich die Finderin und lacht dabei.
So verständnisvoll wie die Anwohnerin seien nicht alle, die den Taubennotruf wählen, sagt Hirt. Einige nehmen an, dass die Helfer vom Stadttaubenprojekt Nester und Küken einfach entfernen würden, was aber tierschutzrechtlich nicht erlaubt ist. Und auch wenn die Embryonen im Ei schon zu weit entwickelt seien, dürften die Eier nicht mehr gegen Attrappen ausgetauscht werden.
Der Eiertausch sei eine effektive Methode der Populationskontrolle, erzählt der Tierschutzaktivist. „Wenn keine Küken schlüpfen, geben die Tauben das Brüten manchmal auf.“ Seit etwa einem Jahr fährt er für das Stadttaubenprojekt durch Frankfurt und teils auch Umgebung – wenn er Zeit dafür hat. Denn eigentlich studiert er Medieninformatik und arbeitet nebenher in einem Fitnessstudio in seinem Wohnort im Westerwald.
Nach zwei weiteren kleinen Rettungsaktionen quer durchs Stadtgebiet ist in jedem Karton eine Taube und wir fahren zurück nach Oberrad, um die Tiere in die Auffangstation zu bringen. Eine Verschnaufpause gibt es nicht, die nächsten Notrufe sind bereits eingegangen, wir packen noch eine Leiter ein. Diesmal geht’s ins Ostend zu einem Bürogebäude. Über einem Dach hat die ansässige Firma ein größeres Schutznetz angebracht und mehrere Tauben sind darunter gefangen.
Die Leiter stellen wir auf: zu niedrig, um auf das Dach zu kommen. Glücklicherweise können wir von innen durch ein Bürofenster das Dach betreten. Mehrere, schon teils abgemagerte Tauben hocken auf den Vorsprüngen. Sie alle einzufangen, gestaltet sich diesmal schwieriger, da sie immer wieder wegfliegen. Mit etwas Geduld und Fingerspitzengefühl gelingt es Hirt dann doch und er legt sie sorgsam in die Kartons.
© red
Bei der Netzkontrolle zeigt er mir die Probleme dieser Maßnahme: An vielen Stellen können sich die Tauben verhaken und sich im schlimmsten Fall nicht mehr selbst befreien. Oft seien solche Netz auch zu locker und die Maschen zu groß, sodass noch Vögel durchkommen, aber nicht wieder hinaus – eine tödliche Falle.
Nach etwas Suche ist das Loch im Netz gefunden und ein Beweisfoto geschossen. Beim Hinausgehen gibt es dann noch etwas Aufklärungsarbeit: Ein Angestellter und mehrere Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes fragen neugierig, was wir gemacht haben. Wie sich herausstellt, haben sie – so wie ich vor einigen Monaten – gar keine Ahnung davon, dass es solche Maßnahmen wie den Eiertausch gibt und der Nestabbau eigentlich verboten ist.
Wir bringen die eingefangenen Tauben zurück nach Oberrad, zum „Aufpeppeln“. So wie Hirt kümmern sich auch andere Ehrenamtliche um die Tauben in Frankfurt. Leider seien es immer noch zu wenig, bei der großen Taubenpopulation in der Stadt, so Hirt. Manchmal sei er von morgens bis abends unterwegs. Dass die beiden Taubenschläge in der Innenstadt nun abgebaut werden, verschlimmere die Lage weiter.
Zwar gebe es nun 20 000 Euro mehr von der Stadt, erzählt Gudrun Stürmer vom Stadttaubenprojekt, aber das reiche nach wie vor nicht aus. Allein die Fahrtkosten gehen in die Zehntausende. Das meiste Geld komme weiterhin von Spendern. Noch einmal fahren wir los für einen Notfall: Im Mertonviertel hat eine Frau eine Taube von der Straße aufgelesen. Als wir ankommen, stellt sich die Taube als Ringeltaube heraus. Im Gegensatz zu den Stadttauben sind diese Wildtiere und nisten in Bäumen. Sie scheint krank zu sein und wir nehmen sie vorsichtshalber mit.
Für mich endet der Dienst hier. Hirt fährt weiter zur nächsten Station: Bei einem Dachboden müssen routinemäßig Eier getauscht werden. Ob er danach schon nach Hause kann, ist offen: Jederzeit kann wieder ein neuer Notruf eingehen und wer weiß, was dann zu tun ist.
25. Juli 2023, 12.30 Uhr
Till Geginat
Till Geginat
Jahrgang 1994, Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe Universität Frankfurt, seit November 2022 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Till
Geginat >>
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22. Dezember 2024
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