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Foto: © Bernd Kammerer
Foto: © Bernd Kammerer

Nach Schüssen im Hauptbahnhof

Staatsanwaltschaft Frankfurt schließt Familienfehde nicht aus

Im Tötungsfall am Hauptbahnhof wird weiterhin ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt bestätigt, dass die Tat im Zusammenhang mit einer Familienfehde stehen könnte.
Update, 14 Uhr: Frankfurter Oberstaatsanwalt Dominik Mies teilt nun mit, es hätten „sich Hinweise darauf ergeben, dass Anlass für die dem Tatverdächtigen vorgeworfene Tat eine Familienfehde gewesen sein könnte“. Das kolportierte Video „entspricht inhaltlich dem uns vorliegenden Video einer Überwachungskamera“. Er betont zudem, dass die vermeintlichen Tathintergründe in der Türkei derzeit nicht bestätigt werden können.

Schüsse am Frankfurter Hauptbahnhof deuten auf Familiendrama hin

Update, 23. August: Kurdischen sowie türkischen Medien zufolge hat die Tötung mitten in der Haupthalle des Bahnhofs eine familiäre Vorgeschichte. Laut Zeitungsberichten der AKP-nahen Tageszeitung Sabah, der als oppositionell geltenden Zeitung Cumhuriyet als auch vom kurdischen Fernsehsender Rûdaw, soll es bereits zu einem Vorfall in der Türkei gekommen sein. Den Berichten zufolge soll das Opfer im Mai dieses Jahres selbst einen Geschäftsmann in Antalya erschossen haben, den er wiederum für die Ermordung seines Bruders im Jahr 2016 verantwortlich machte.

In den Medienberichten heißt es, dass der 27-jährige nach der Tat von Antalya nach Deutschland geflüchtet sei, wo ihn der spätere Täter vom Frankfurter Hauptbahnhof, der Onkel des im Mai getöteten Geschäftsmanns, aufspürte.

Psychologe: Kopfschuss hat etwas „Demonstratives“

Laut Rudolf Egg, dem langjährigen Direktor der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden, habe die Tat in einem viel besuchten Hauptbahnhof „etwas Demonstratives, vielleicht sogar Inszeniertes“. Er erklärt gegenüber der dpa: „Wer in aller Öffentlichkeit eine solche Tat begeht, nimmt ein sehr hohes Entdeckungsrisiko in Kauf." Ob es eventuell keine andere Möglichkeit gegeben habe, die Tat zu begehen, darüber lasse sich vorerst nur spekulieren.

Im ganzen Hauptbahnhof sind Überwachungskameras angebracht. Dem Täter müsse also klar gewesen sein, dass die Tat aufgezeichnet und es auch viele Zeugen geben würde, sagt der Kriminalpsychologe und führt aus: „Wenn jemand so etwas macht, dann muss er schon ein sehr starkes Motiv haben oder unter sehr großem Druck gestanden haben"

Video zeigt Tat am Frankfurter Hauptbahnhof

In den sozialen Netzwerken kursiert derzeit ein Video einer mutmaßlichen Überwachungskamera, das die Tat zeigt. Dort ist zu sehen, wie sich ein Mann einem anderen von hinten nähert. Dann fallen der erste Schuss und zwei weitere – wobei die Pistole erst jetzt sichtbar ist –, nachdem das Opfer bereits umgefallen ist. Um den Tatort herum rennen Passanten panisch weg. Der Schütze entfernt sich im Anschluss mit schnellen Schritten. Die Festnahme durch die Bundespolizei ist wiederum nicht mehr im Video zu sehen.

GdP: Nicht mehr Sicherheit möglich, dafür ein härteres Waffenrecht

„Eine umfassende Sicherheit wird es nicht geben und kann es auch nicht geben", erklärt der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Jens Mohrherr. Die Polizei könne nicht alle Taten verhindern. Schärfere Kontrollen, ähnlich wie an Flughäfen, wie es manche Stimmen aus der Politik zuletzt forderten, hält Mohrherr nicht für sinnvoll und auch kaum umsetzbar.

Die Forderungen nach einem schärferen Waffenrecht und mehr Kontrollbefugnissen für die Polizei unterstütze die GdP hingegen. Für eine solche Umsetzung benötige die Behörde aber unbedingt mehr Personal.

Innenminister Poseck fordert strengeres Waffenrecht

Update, 22. August: Nun äußerte sich auch Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) zu dem Vorfall am Hauptbahnhof. Er nennt den Fall erschütternd und erklärt im Hinblick auf die Sicherheit in den Bahnhöfen würden solche Straftaten zu Verunsicherungen bei den Menschen führen. Zunächst müsste die Motivlage der Tat geklärt werden. Er betont aber auch, dass insgesamt ein größerer Fokus auf die Sicherheit gelegt werden müsste.

Der Politiker fordert schwere Konsequenzen: „Unabhängig vom konkreten Fall gehören für mich dazu ein strengeres Waffenrecht, mehr Kontrollbefugnisse für die Polizei und eine konsequente Anwendung des Ausländerrechts. Wir müssen Ausländer, die bei uns Waffen und Messer gegen andere Menschen einsetzen, konsequent in ihre Heimatstaaten zurückführen.“

Nächtliche Waffenverbotszone am Frankfurter Hauptbahnhof

Die nächtliche Waffenverbotszone hat sich erweitert und gilt seit dem 1. Juni auch im Bahnhofsgebäude. Seitdem dürfen zwischen 20 Uhr und 5 Uhr morgens keine Waffen nach dem Waffengesetz sowie Messer mit feststehender oder feststellbarer Klinge mit einer Länge von mehr als vier Zentimetern mitgeführt werden. Laut Angaben der Bundespolizei hätte sich die Zahl der Gewaltdelikte mit Waffengebrauch von 2019 bis 2022 mehr als verdoppelt.

Frankfurter Staatsanwaltschaft erhebt Mordanklage

Update, 17.15 Uhr: Frankfurter Oberstaatsanwalt Dominik Mies teilte die aktuellen Erkenntnisse zum Geschehen im Frankfurter Hauptbahnhof mit. Er erklärte, ihm lägen bisher keine neuen Erkenntnisse zu den Hintergründen der Tat vor, gleiches gelte für die Motivlage.

Neue Erkenntnisse gäbe es in Bezug auf den Tathergang: So habe sich der Täter dem späteren Opfer in der Höhe von Gleis 9 genähert und im Anschluss diesen mit einer Pistole von hinten in den Kopf geschossen. Es folgten zwei weitere Schüsse in den Kopf des auf dem Boden liegenden Opfers. Der 54-jährige Täter habe die Waffe zunächst in Richtung des Opfers geworfen und einen Zug besteigen wollen, was durch das schnelle Eingreifen einer Streife der Bundespolizei verhindert werden konnte.

Das verstorbene Opfer hatte offiziell keine feste Meldeadresse in Deutschland, erklärt Mies weiter. Der Täter hat seine Anschrift in Baden-Württemberg, polizeibekannt sei er nicht. Über die Tat habe sich der Festgenommene bisher nicht geäußert, sagt Mies. Über das Opfer wollte man zunächst keine Auskunft geben. Die Staatsanwaltschaft geht von Mord aus und hat Anklage erhoben.




Oberstaatsanwalt Dominik Mies äußerte sich zu aktuellen Erkenntnissen © red

Zeugin: „Die Leiche habe ich später an Gleis 9 gesehen“

Zum Zeitpunkt der Tat war noch ein reger Personenverkehr am Frankfurter Hauptbahnhof, viele Geschäfte hatten noch offen. So auch die Schmitt & Hahn Buchhandlung, die sich gegenüber von Gleis 9 befindet. Eine Mitarbeiterin war zu diesem Zeitpunkt im Geschäft. Sie hätte die Situation zuerst gar nicht begreifen können, erklärt sie im Gespräch mit dem JOURNAL Frankfurt und führt fort: „Ich habe hier hinten gestanden und plötzlich Schüsse gehört“.

Menschen seien panisch durch den Hauptbahnhof gelaufen und einige hätten Unterschlupf in der Buchhandlung gesucht, sagt sie. Sie und die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten die Türen geschlossen. Wenig später hätten schwer bewaffnete Polizisten mit Sturmhauben den Laden betreten und die Personen aufgefordert zu gehen. „Danach schlossen wir den Laden und machten das Licht aus. Die Leiche habe ich dann später an Gleis 9 gesehen“, erklärt sie.

Tödliche Schüsse am Frankfurter Hauptbahnhof

Erstmeldung, 21. August: Am Dienstag kam es in den Abendstunden zu einem Tötungsdelikt am Frankfurter Hauptbahnhof. Ein Mann wurde erschossen. Das teilte die Frankfurter Polizei am Mittwoch mit. Die Tat ereignete sich demnach gegen 21 Uhr in der Haupthalle des Bahnhofs. Am Bahnsteig vom Gleis 9 schoss der Täter, ein 54-jähriger Mann, einem 27-jährigen Mann von hinten in den Kopf. Der Täter floh anschließend vom Tatort und entledigte sich der Tatwaffe, heißt es von der Polizei.

Tödlicher Kopfschuss im Frankfurter Hauptbahnhof: Sperrung dauerte 25 Minuten

Nur wenige Meter entfernt wurde der Täter im Anschluss von der Bundespolizei festgenommen. Für das Opfer kam jede Hilfe zu spät und der Mann erlag noch am Tatort seinen schweren Verletzungen, heißt es weiter. Nach der Tat leitete die Polizei umfangreiche Spurensicherungsmaßnahmen ein, die bis in die Morgenstunden andauerten. Dabei konnten die Ermittler auch die Tatwaffe sicherstellen. Der Hauptbahnhof war für Züge und Passagiere wegen des Einsatzes vorerst gesperrt. Bis der Betrieb weiterlaufen konnte, dauerte es 25 Minuten. Die Spurensicherung war gegen 4.40 Uhr vollständig abgeschlossen. Danach wurde auch die Umgebung um den Tatort wieder freigegeben.

Im Laufe des Mittwochvormittags soll der Tatverdächtige durch die Staatsanwaltschaft dem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Frankfurt vorgeführt werden. Dieser wird über die anschließende Anordnung einer Untersuchungshaft entscheiden.
 
Fotogalerie:
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23. August 2024, 14.00 Uhr
tt/dpa
 
Till Christian Taubmann
Jahrgang 1997, Studium in Kommunikationsdesign an der Hochschule Mainz, Arbeit als freier Illustrator, seit Januar 2023 beim JOURNAL FRANKFURT. – Mehr von Till Christian Taubmann >>
 
 
 
 
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