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Gesichter der Stadt

Yok Yok-Betreiber: „Bahnhofsviertel ist der sicherste Stadtteil Frankfurts“

Nazim Alemdar arbeitet seit über 40 Jahren im Bahnhofsviertel, sein Kultkiosk Yok Yok wird zeitnah an neuer Stelle wiedereröffnen. Im Gespräch mit dem JOURNAL erzählt er über das Viertel, die unterstützten Initiativen und die angebotene Biervielfalt.
JOURNAL FRANKFURT: Herr Alemdar, das Yok Yok gehört zum Bahnhofsviertel wie der Eiserne Steg zum Main. Warum kommen die Leute so gerne?
NAZIM ALEMDAR: Eigentlich ist es mir lieber, wenn die Kunden das beantworten. Ich kann nur sagen: Wir sind kein typischer Kiosk. Das ist ein Treffpunkt. Jeder, der unseren Laden betritt, gehört zur Familie. Fertig. Und das meinen wir auch so. Wir haben keine Kundschaft, wir haben einen Freundeskreis. Wir kennen fast jeden unserer Kunden persönlich.

Bei Ihnen gibt es also mehr als nur den schnellen Einkauf?
Über Sorgen oder Probleme reden wir und zwar von Herzen gern. Aber wir sind echt dabei: Wenn wir lachen, dann lachen wir, und wenn wir schimpfen, dann schimpfen wir. Und ich glaube, das ist der Unterschied. Wir legen Wert auf unsere Kundenwünsche. Es gibt natürlich manche Sachen, die werden wir nie verkaufen, wenn zum Beispiel ein Skandal dahinter steht. Aber wir versuchen, immer was Neues zu finden, verschiedene Getränke, was Leckeres mit guter Qualität. Und dabei handeln wir auch umweltbewusst, nachhaltig. Wir verkaufen zum Beispiel nur Pfandflaschen.

Das Yok Yok im Frankfurter Bahnhofsviertel hat immer ein offenes Ohr

Das hört sich ja fast wie ein Auftrag an.
Wir sind sehr aktiv. Ich bin selbst Mitgründer vom Gewerbeverein im Bahnhofsviertel. Zum Beispiel geht unser Trinkgeld in gemeinnützige Sachen. In Frankfurt und auch außerhalb, zum Beispiel in eine Leukämie-Stiftung in Ankara oder ein Waisenhaus in Adana. Hier unterstützen wir etwa auch Fußballvereine, und das Schönste: Unsere Kunden wissen das und spenden mit. Manchmal gibt es monatlich mehrere hundert Euro.

Wie lang gibt es das Yok Yok jetzt schon?
Ich bin seit 43 Jahren im Bahnhofsviertel. Ich habe mehrere Sachen gemacht, bin auch zweimal pleitegegangen. Ich habe Bücher, Filme und Musik verkauft. Und dann kam das Internet, MP3 und USB-Stick und ich konnte nicht mehr die Miete bezahlen. Dann haben wir unser Geschäft langsam geändert und bestehen in dieser Form seit zehn Jahren. Später haben wir mit Geschäftsfreunden, die für uns wie eine Familie sind, das Yok Yok Eden eröffnet.

Yok Yok im Bahnhofsviertel: Kiosk, Spendenort und Treffpunkt in einem

Und nun am Mainkai…
Im Container ja, da sind wir direkt Partner. Letztes Jahr hat man den Mainkai gesperrt und es gab keine Veranstaltungen, nur Sitzplätze und so weiter. Jetzt ist er wieder bis Ende September gesperrt, aber es finden Aktionen statt. Wir haben einen Container in einen Bahnwaggon umbauen lassen. Wir nennen das Yok Yok am Fluss. Andere Firmen bieten da dann auch Essen und Getränke an.

Gerade als Tourist kennt man Frankfurt über das Bahnhofsviertel und hört viel Negatives. Was ist ihr Eindruck?
Natürlich kann man im Bahnhofsviertel Angst haben. Es gibt aber kein völlig steriles und sicheres Bahnhofsviertel, nirgendwo. Aber: Das Bahnhofsviertel ist der sicherste Stadtteil Frankfurts. Natürlich gibt es Schlägereien und so. Aber hier hast du mehr Polizeipräsenz und soziale Kontrolle. Wenn du hier um 3 Uhr nachts um Hilfe rufst, dann kommen mindestens 30 Leute. Geh mal ins Westend oder Nordend um ein Uhr nachts und ruf um Hilfe: Nicht genug Leute werden dir helfen. Wir haben hier negative Hotspots und positive. Wir müssen fordern, dass die negativen Hotspots weniger werden und die positiven mehr. Dafür müssen wir kämpfen.

Yok Yok auch bei Sommer am Main am Mainkai vertreten

Und wie sieht dieser Kampf aus?
Wir machen einiges im Viertel: Nikolaustag auf der Kaiserstraße oder einen Adventskalender. Dann die Viertel-App. Und als Gewerbeverein habe wir eine Initiative gegründet: Auf ins Viertel! Darüber haben wir vor kurzem einen Flohmarkt veranstaltet. Wir können in Zukunft auch weiter solche Sachen machen.

Wie sehen Sie Ihre Person im Bahnhofsviertel?
Das ist unser Viertel. Ich sehe mich als Frankfurter. Ich, beziehungsweise wir versuchen, unseren Stadtteil sauberer, sicherer und schöner zu machen. Die Kaiserstraße ist in der Vergangenheit zur Visitenkarte der Stadt ernannt worden. Dafür müssen wir auch etwas tun. Zurzeit ist das Viertel ein negativer Hotspot, aber das müssen wir ändern. Ich bin seit über 40 Jahren hier und werde, wenn ich gesund bin, bis zu meinem Lebensende hier bleiben.

„Das ist unser Viertel“

Sehen Sie Verbesserungsbedarf vonseiten der Stadtpolitik?
Wir haben durch die Corona-Zeit und die wirtschaftliche Entwicklung mehr Müll, durch To-go etwa. Die Stadt muss da mehr mithelfen. Auch bei der Polizei: Es ist gut, dass mehr Beamte hier zu Fuß herumlaufen. Derjenige, der etwas anstellen will, muss Angst haben, dass an jeder Ecke ein Polizist steht. Und derjenige, der hier feiern oder essen will, muss sich sicher fühlen. Deswegen sind mehr Beamte vor Ort wichtig. Bei der Drogenpolitik bin ich kein Experte, aber da muss auch mehr geschehen. Frankfurt ist so etwas wie ein Magnet für Suchtkranke.

Andere Städte bräuchten mehr Hilfestellen, damit sie nicht alle nach Frankfurt kommen. Und, seit zwanzig Jahren sage ich das, wir brauchen mehr öffentliche Toiletten. Das ist eine Schande. Frankfurt ist eine Finanzstadt, und im Bahnhofsviertel haben wir keine öffentlichen Toiletten. Im Weser5 und in der Bahnhofsmission gibt es welche, aber was machen Leute, die den ganzen Tag am Mainufer sind und dann durchs Bahnhofsviertel laufen?

„Deutschland ist ein Bierland“

Wenn ich ins Yok Yok gehe, was sollte ich kaufen, was können Sie empfehlen?
Also, Yok Yok-Pils, Yok Yok-Helles und Yok Yok-Radler (lacht) oder Yok Yok-Chai. Aber natürlich: Deutschland ist ein Bierland. Es gibt über 1000 Biermarken. Es ist Geschmackssache. Ein großer Teil der Kunden probiert verschiedene Biere, andere bleiben immer bei ihren zwei Sorten. Ist aber egal, wir sind für alle immer in Aktion.

Info
Zur Person: Nazim Alemdar lebt und arbeitet seit über 40 Jahren im Frankfurter Bahnhofsviertel. Seinen Kultkiosk Yok Yok wird der 61-Jährige bald am Hauptbahnhof 6 wiedereröffnen.


>> Dieser Text erschien zuerst in der August-Ausgabe des JOURNAL FRANKFURT (8/23).
 
Fotogalerie:
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17. August 2023, 12.00 Uhr
Till Geginat
 
Till Geginat
Jahrgang 1994, Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe Universität Frankfurt, seit November 2022 beim JOURNAL FRANKFURT. – Mehr von Till Geginat >>
 
 
 
 
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