Partner
Tarek Al-Wazir im Gespräch
„Wir verteidigen diese Heimat gegen die Angriffe von rechts.“
Tarek Al-Wazir ist seit 2014 stellvertretender Ministerpräsident Hessens. Nun stehen die Chancen gut, dass er mit der kommenden Landtagswahl am 28. Oktober sogar Ministerpräsident werden könnte. Im Gespräch mit uns hat er die wichtigsten Punkte seines Wahlprogramms zusammengefasst.
JOURNAL FRANKFURT: Fast fünf Jahre Schwarz-Grün: was bleibt?
Tarek Al-Wazir: Ein Blick nach vorne ist auch gleichzeitig ein Blick zurück. Wir haben uns 2013 mit Schwarz-Grün für etwas Ungewöhnliches entschieden – und es hat sich gelohnt. Uns ist es auch in der Koalition mit der CDU gelungen, Hessen grüner und gerechter zu machen. Wir haben dafür gesorgt, dass dieses Bundesland entscheidend voran gegangen ist. Wir waren zum Beispiel bei der Energiewende ganz am Ende der bundesweiten Rangliste, inzwischen liegen wir beim Zuwachs erneuerbarer Energien im vorderen Drittel.
Und sozialpolitisch?
Dank unseres Sozialbudgets bekommen Einrichtungen wie Frauenhäuser und Schuldnerberatungsstellen endlich wieder Geld. Hinzu kommt unser Umgang mit der Flüchtlingsfrage: Hessen ist das Land mit den geringsten rechtsextremen Gewalttaten und belegt bei der Quote an Geflüchteten, die erfolgreich in Ausbildung gehen, den zweiten Platz. Dass wir bei diesen Fragen der Integration so entscheidend vorankommen, das hat auch mit der Landesregierung zu tun und darauf können wir stolz sein.
Bildungs- und Chancengleichheit: Wie wollen Sie die Situation für Kinder und Jugendliche aus sozial schwächeren Familien oder solchen mit Migrationshintergrund verbessern?
Wir haben den Sozialindex an hessischen Schulen eingeführt: Zuvor lief die Zuweisung von Lehrern nur nach Köpfen von Schülerinnen und Schülern, jetzt wurden landesweit 730 Stellen geschaffen, die nach Sozialstruktur der Schülerschaft verteilt werden. Zusätzlich haben wir 700 Sozialpädagogen eingestellt, die nach den gleichen Kriterien an die Schulen kommen. Damit übernimmt das Land erstmals Verantwortung für die Schulsozialarbeit. Die Schulen mit den größten Herausforderungen müssen die meisten Ressourcen erhalten. Je früher man anfängt, junge Menschen zu fördern, desto eher wirkt man Problemen wie Arbeitslosigkeit vor.
Unser Innenminister Horst Seehofer fällt immer wieder durch unangebrachte Aussagen auf; bei der Landtagswahl in Bayern erreichte die CSU ein Rekordtief. Wie stehen Sie zu Seehofer und der CSU?
Horst Seehofer ist in seiner Position völlig überfordert. Realistisch betrachtet bekommt er nichts hin. Funktioniert das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seit Beginn von Seehofers Amtszeit besser? Nein. Er ist übrigens auch Bauminister. Haben Sie in den vergangenen sechs Monaten irgendwas von ihm gehört in dieser Frage? In der Heimatabteilung werden jetzt sicher einige von der CSU sitzen, aber was die bisher gemacht haben, weiß ich auch nicht so genau. Er reagiert wie alle Populisten: Wenn sie selbst nichts hinbekommen, ist der andere schuld – und am besten kommt der Schuldige von außen. Das ist die Methode Trump und das ist auch die Methode Seehofer. Wenn es nach Kriterien wie Leistung, Fähigkeit und Zukunftschancen geht, hätte er eigentlich gar nicht erst Innenminister werden dürfen.
Hat unsere Demokratie Zukunft?
Ich bin ein grundoptimistischer Mensch und ich glaube fest an die Vernunft auch der Deutschen. Es gibt den Populismus und die Angriffe von rechts auf unsere freie und offene Gesellschaft – dem müssen wir widerstehen. Wir müssen die Debatte drehen: In den vergangenen 50 Jahren haben wir Deutschland zu einer offenen, vielfältigen, toleranten und demokratischen Gesellschaft gemacht. Diese Gesellschaft wollen wir erhalten. Wir verteidigen diese Heimat gegen die Angriffe von rechts. Das ist unsere entscheidende Aufgabe in diesem Wahlkampf und darüber hinaus.
Über Tarek Al-Wazir: 47, gebürtiger Offenbacher, seit 2014 stellvertretender Ministerpräsident in Hessen und Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
Ein Auszug aus diesem Interview erschien zuerst in der Ausgabe 10/2018 des JOURNAL FRANKFURT.
Tarek Al-Wazir: Ein Blick nach vorne ist auch gleichzeitig ein Blick zurück. Wir haben uns 2013 mit Schwarz-Grün für etwas Ungewöhnliches entschieden – und es hat sich gelohnt. Uns ist es auch in der Koalition mit der CDU gelungen, Hessen grüner und gerechter zu machen. Wir haben dafür gesorgt, dass dieses Bundesland entscheidend voran gegangen ist. Wir waren zum Beispiel bei der Energiewende ganz am Ende der bundesweiten Rangliste, inzwischen liegen wir beim Zuwachs erneuerbarer Energien im vorderen Drittel.
Und sozialpolitisch?
Dank unseres Sozialbudgets bekommen Einrichtungen wie Frauenhäuser und Schuldnerberatungsstellen endlich wieder Geld. Hinzu kommt unser Umgang mit der Flüchtlingsfrage: Hessen ist das Land mit den geringsten rechtsextremen Gewalttaten und belegt bei der Quote an Geflüchteten, die erfolgreich in Ausbildung gehen, den zweiten Platz. Dass wir bei diesen Fragen der Integration so entscheidend vorankommen, das hat auch mit der Landesregierung zu tun und darauf können wir stolz sein.
Bildungs- und Chancengleichheit: Wie wollen Sie die Situation für Kinder und Jugendliche aus sozial schwächeren Familien oder solchen mit Migrationshintergrund verbessern?
Wir haben den Sozialindex an hessischen Schulen eingeführt: Zuvor lief die Zuweisung von Lehrern nur nach Köpfen von Schülerinnen und Schülern, jetzt wurden landesweit 730 Stellen geschaffen, die nach Sozialstruktur der Schülerschaft verteilt werden. Zusätzlich haben wir 700 Sozialpädagogen eingestellt, die nach den gleichen Kriterien an die Schulen kommen. Damit übernimmt das Land erstmals Verantwortung für die Schulsozialarbeit. Die Schulen mit den größten Herausforderungen müssen die meisten Ressourcen erhalten. Je früher man anfängt, junge Menschen zu fördern, desto eher wirkt man Problemen wie Arbeitslosigkeit vor.
Unser Innenminister Horst Seehofer fällt immer wieder durch unangebrachte Aussagen auf; bei der Landtagswahl in Bayern erreichte die CSU ein Rekordtief. Wie stehen Sie zu Seehofer und der CSU?
Horst Seehofer ist in seiner Position völlig überfordert. Realistisch betrachtet bekommt er nichts hin. Funktioniert das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seit Beginn von Seehofers Amtszeit besser? Nein. Er ist übrigens auch Bauminister. Haben Sie in den vergangenen sechs Monaten irgendwas von ihm gehört in dieser Frage? In der Heimatabteilung werden jetzt sicher einige von der CSU sitzen, aber was die bisher gemacht haben, weiß ich auch nicht so genau. Er reagiert wie alle Populisten: Wenn sie selbst nichts hinbekommen, ist der andere schuld – und am besten kommt der Schuldige von außen. Das ist die Methode Trump und das ist auch die Methode Seehofer. Wenn es nach Kriterien wie Leistung, Fähigkeit und Zukunftschancen geht, hätte er eigentlich gar nicht erst Innenminister werden dürfen.
Hat unsere Demokratie Zukunft?
Ich bin ein grundoptimistischer Mensch und ich glaube fest an die Vernunft auch der Deutschen. Es gibt den Populismus und die Angriffe von rechts auf unsere freie und offene Gesellschaft – dem müssen wir widerstehen. Wir müssen die Debatte drehen: In den vergangenen 50 Jahren haben wir Deutschland zu einer offenen, vielfältigen, toleranten und demokratischen Gesellschaft gemacht. Diese Gesellschaft wollen wir erhalten. Wir verteidigen diese Heimat gegen die Angriffe von rechts. Das ist unsere entscheidende Aufgabe in diesem Wahlkampf und darüber hinaus.
Über Tarek Al-Wazir: 47, gebürtiger Offenbacher, seit 2014 stellvertretender Ministerpräsident in Hessen und Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
Ein Auszug aus diesem Interview erschien zuerst in der Ausgabe 10/2018 des JOURNAL FRANKFURT.
22. Oktober 2018, 11.07 Uhr
Ronja Merkel
Ronja Merkel
Jahrgang 1989, Kunsthistorikerin, von Mai 2014 bis Oktober 2015 leitende Kunstredakteurin des JOURNAL FRANKFURT, von September 2018 bis Juni 2021 Chefredakteurin. Mehr von Ronja
Merkel >>
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Politik
Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt
„Anti-Kater“ führt in die Irre
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat entschieden, dass Mineraltabletten nicht unter der Bezeichnung „Anti-Kater“ verkauft werden dürfen.
Text: Daniel Geyer / Foto: Symbolbild © Adobe Stock/Cliff
PolitikMeistgelesen
- Interview„Frankfurt hat mein Herz. Es ist mein Zuhause“
- Bundestagswahl 2025Stadt Frankfurt sucht 4600 Wahlhelfer
- Nach Vandalismus unter FriedensbrückeGedenkbild für Hanau-Opfer in Frankfurt versiegelt
- Harris oder Trump?So hätte Frankfurt bei der US-Wahl abgestimmt
- 9. November„Wir geben nicht auf, wir sind Optimisten!“
24. November 2024
Journal Tagestipps
Freie Stellen