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Rechtsextremismus
„Ermüdet“ – das zivilgesellschaftliche Engagement sinkt
Der Bundesverband Mobile Beratung (BMB) stellt seinen Jahresrückblick 2023 vor. Das Fazit: Rechtsextremismus rückt näher. Auch in Frankfurt braucht es mehr zivilgesellschaftliches Engagement.
Das Jahr 2023 neigt sich dem Ende zu. Viele Menschen in Frankfurt und ganz Deutschland lassen das Erlebte der vergangenen 12 Monate Revue passieren. So auch der Bundesverband Mobile Beratung (BMB), der seinen Jahresrückblick dem Thema Rechtsextremismus widmet, das 2023 näher gerückt ist – ins private Umfeld, in die Nachbarschaft und an den Arbeitsplatz. Er zeigt außerdem auf, was dagegen hilft.
Im Mittelpunkt des 16-seitigen Berichts steht die AfD, die „2023 der größte und bedeutsamste Akteur innerhalb der extremen Rechten“ und „in nahezu allen Regionen präsent“ war. Bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern holte die AfD jeweils 18,4 und 14,6 Prozent – in Frankfurt waren es nur 10,3 Prozent – und in bundesweiten Umfragen liegt sie bei etwa 20 Prozent. Damit wäre sie zweitstärkste Kraft. In den ostdeutschen Bundesländern hat die AfD sogar das Potenzial stärkste Kraft zu werden, hier liegen ihre Zustimmungswerte mittlerweile bei über 30 Prozent.
Jahresrückblick 2023: AfD größter und bedeutsamster Akteur innerhalb der extremen Rechten
Warum ist die AfD so stark? Das Problem sieht der BMB bei den Vertreterinnen und Vertretern demokratischer Parteien, insbesondere aus dem konservativ-bürgerlichen Spektrum, welche die AfD 2023 immer wieder verharmlost hätten. Statt sich eindeutig von der Partei abzugrenzen und demokratische Antworten auf aktuelle Probleme zu finden, hätten einige Politikerinnen und Politiker (extrem) rechte Narrative übernommen und damit zu deren Normalisierung beigetragen, heißt es in dem Bericht.
Darüber hinaus zeigten sich auch 2023 die Auswirkungen der Pandemie: Zwar hätten Corona-Leugnerinnen und Leugner es geschafft, deutlich weniger Menschen zu mobilisieren als noch 2022 oder 2020, allerdings gebe es ein stabiles, antidemokratisches Protestmilieu, in dem sich diverse Personengruppen mischen und gemeinsam demonstrieren würden. Die Bandbreite der Themen reiche von der Rechtfertigung des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, über die Leugnung des Klimawandels und die Missbilligung der Regierungsparteien – insbesondere der Grünen – bis hin zu rassistischer Stimmungsmache. „Nahezu jede Krise wurde verschwörungsideologisch umgedeutet.“
Demonstrationen in 2023: „Nahezu jede Krise wurde verschwörungsideologisch umgedeutet“
Die ideologische Klammer sei – wie für Verschwörungstheorien üblich – der Antisemitismus in seinen verschiedenen Erscheinungsformen, der seit dem Angriff der Hamas auf Israel gestiegen ist, sowie die Delegitimierung demokratischer Institutionen und Standards. Zu den Strategien extrem rechter Akteurinnen und Akteure, im Osten wie im Westen, gehöre außerdem der Kauf von Immobilien und deren Nutzung, um weiter in die Sozialräume vorzudrängen. So besitze das rechtsextreme und esoterische „Anastasia“-Milieu beispielsweise Immobilien in mehreren Bundesländern, unter anderem auch in Hessen.
In der hessischen Gemeinde Wesertal hingegen hätten Anwohnerinnen und Anwohner Sorge gehabt, dass ein leerstehendes Haus in direkter Nachbarschaft zu einem bekannten Neonazi ebenfalls von Rechtsextremen erworben werden könnte. Also informierten sie den Landkreis, der die Immobilie daraufhin selbst gekauft habe und nun zu einem offenen Treffpunkt für demokratisch Engagierte umbaue. Dies ist nur eines von vielen Beispielen, das der BMB in seinem Jahresrückblick nennt.
Widerstand im hessischen Wesertal: Hausbesetzung mal anders
Mit Gegendemos, breiten Bündnissen und Aufklärungsarbeit sei es vielerorts gelungen, die Handlungsfähigkeit der extremen Rechten einzuschränken. Dennoch sei die Widerstandskraft der Zivilgesellschaft schwächer geworden, viele Menschen seien ermüdet. Daher appelliert der BMB an die Politikerinnen und Politiker auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene: „Stärken Sie zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechtsextremismus und stellen Sie sich an die Seite derjenigen, die sich für die Demokratie einsetzen.“
Den vollständigen Bericht lesen Sie hier.
Im Mittelpunkt des 16-seitigen Berichts steht die AfD, die „2023 der größte und bedeutsamste Akteur innerhalb der extremen Rechten“ und „in nahezu allen Regionen präsent“ war. Bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern holte die AfD jeweils 18,4 und 14,6 Prozent – in Frankfurt waren es nur 10,3 Prozent – und in bundesweiten Umfragen liegt sie bei etwa 20 Prozent. Damit wäre sie zweitstärkste Kraft. In den ostdeutschen Bundesländern hat die AfD sogar das Potenzial stärkste Kraft zu werden, hier liegen ihre Zustimmungswerte mittlerweile bei über 30 Prozent.
Warum ist die AfD so stark? Das Problem sieht der BMB bei den Vertreterinnen und Vertretern demokratischer Parteien, insbesondere aus dem konservativ-bürgerlichen Spektrum, welche die AfD 2023 immer wieder verharmlost hätten. Statt sich eindeutig von der Partei abzugrenzen und demokratische Antworten auf aktuelle Probleme zu finden, hätten einige Politikerinnen und Politiker (extrem) rechte Narrative übernommen und damit zu deren Normalisierung beigetragen, heißt es in dem Bericht.
Darüber hinaus zeigten sich auch 2023 die Auswirkungen der Pandemie: Zwar hätten Corona-Leugnerinnen und Leugner es geschafft, deutlich weniger Menschen zu mobilisieren als noch 2022 oder 2020, allerdings gebe es ein stabiles, antidemokratisches Protestmilieu, in dem sich diverse Personengruppen mischen und gemeinsam demonstrieren würden. Die Bandbreite der Themen reiche von der Rechtfertigung des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, über die Leugnung des Klimawandels und die Missbilligung der Regierungsparteien – insbesondere der Grünen – bis hin zu rassistischer Stimmungsmache. „Nahezu jede Krise wurde verschwörungsideologisch umgedeutet.“
Die ideologische Klammer sei – wie für Verschwörungstheorien üblich – der Antisemitismus in seinen verschiedenen Erscheinungsformen, der seit dem Angriff der Hamas auf Israel gestiegen ist, sowie die Delegitimierung demokratischer Institutionen und Standards. Zu den Strategien extrem rechter Akteurinnen und Akteure, im Osten wie im Westen, gehöre außerdem der Kauf von Immobilien und deren Nutzung, um weiter in die Sozialräume vorzudrängen. So besitze das rechtsextreme und esoterische „Anastasia“-Milieu beispielsweise Immobilien in mehreren Bundesländern, unter anderem auch in Hessen.
In der hessischen Gemeinde Wesertal hingegen hätten Anwohnerinnen und Anwohner Sorge gehabt, dass ein leerstehendes Haus in direkter Nachbarschaft zu einem bekannten Neonazi ebenfalls von Rechtsextremen erworben werden könnte. Also informierten sie den Landkreis, der die Immobilie daraufhin selbst gekauft habe und nun zu einem offenen Treffpunkt für demokratisch Engagierte umbaue. Dies ist nur eines von vielen Beispielen, das der BMB in seinem Jahresrückblick nennt.
Mit Gegendemos, breiten Bündnissen und Aufklärungsarbeit sei es vielerorts gelungen, die Handlungsfähigkeit der extremen Rechten einzuschränken. Dennoch sei die Widerstandskraft der Zivilgesellschaft schwächer geworden, viele Menschen seien ermüdet. Daher appelliert der BMB an die Politikerinnen und Politiker auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene: „Stärken Sie zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechtsextremismus und stellen Sie sich an die Seite derjenigen, die sich für die Demokratie einsetzen.“
Den vollständigen Bericht lesen Sie hier.
8. Dezember 2023, 12.48 Uhr
Sina Claßen
Sina Claßen
Studium der Publizistik und des Öffentlichen Rechts an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Oktober 2023 beim Journal Frankfurt. Mehr von Sina
Claßen >>
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