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Oberlandesgericht Frankfurt
Kein Prozess gegen rechtsextreme Polizei-Chatgruppe „Itiotentreff“
Das OLG hat die Beschwerde der Staatsanwaltschaft abgelehnt und schließt sich der Entscheidung des Landgerichts an: Die fünf Frankfurter Polizisten des „Itiotentreffs“ haben sich nicht durch Verbreitung strafbar gemacht.
Gegen die Mitglieder der rechtsextremen Polizei-Chatgruppe „Itiotentreff“ wird es kein Verfahren geben, das hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Montag (15. Juli) mitgeteilt. Damit schließt sich das Oberlandesgericht der Entscheidung des Frankfurter Landgerichts an, welches die Anklage der Staatsanwaltschaft im Februar 2023 mit der Begründung abgewiesen hatte, das Tatbestandsmerkmal des Verbreitens sei nicht erfüllt. Die Staatsanwaltschaft legte Beschwerde ein.
„Die Angeschuldigten haben zwar – insbesondere und vorrangig im Chat „Itiotentreff“ – in erheblichem Umfang teilweise nur schwer erträgliche menschenverachtende, rechtsextreme, gewaltverherrlichende, antisemitische, ableistische und rassistische Inhalte geteilt“, führte das Oberlandesgericht aus, strafbar seien diese Handlungen jedoch nicht. Allerdings begründen sie „erhebliche Zweifel an der Verfassungstreue der im Polizeidienst tätigen Angeschuldigten und erfordern dienstrechtliche Konsequenzen“.
OLG Frankfurt: Verbreiten sieht Zugänglichmachung zu größerem Personenkreis vor
Ein Verbreiten sei nicht erfolgt, da die Inhalte keinem „größeren Personenkreis zugänglich gemacht worden seien, „der nach Zahl und Individualität unbestimmt oder jedenfalls so groß gewesen sei, dass er für die Angeschuldigten nicht mehr kontrollierbar gewesen sei“. Stattdessen seien die Inhalte „in private, geschlossene Chatgruppen mit überschaubarem Personenkreis eingestellt worden, deren Mitglieder miteinander teilweise sehr eng verbunden gewesen seien“.
Auch zu berücksichtigen sei, „dass den Angeschuldigten bewusst gewesen sei, dass eine Weiterleitung insbesondere der nationalsozialistischen und ausländerfeindlichen Inhalte dienstrechtliche Konsequenzen hätte haben können“. Vielmehr sei es „Zweck“ der Gruppe gewesen, „durch Einstellen schockierender Inhalte die Chatmitglieder zu belustigen“. Dies habe sich bereits aufgrund des Namens „Itiotentreff“ aufgedrängt.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist nicht anfechtbar.
Info
Bei den Angeschuldigten handelt es sich um fünf Polizeibeamte des 1. Reviers in Frankfurt sowie die Lebensgefährtin eines der Polizisten. Ihnen wird vorgeworfen, zwischen Herbst 2014 und Herbst 2018 in verschiedenen Chatgruppen Bild- und Videodateien mit verbotenen Inhalten verbreitet zu haben. Im Zuge der Ermittlungen zu den Drohbriefen des „NSU 2.0“ wurden die Chats zufällig entdeckt, im April 2022 erhob die Staatsanwaltschaft daraufhin Anklage gegen die fünf Polizeibeamten.
Innenminister Poseck fordert Schließung der Strafbarkeitslücke
„Hass-Chatgruppen im öffentlichen Dienst sind unerträglich. Sie sind strafwürdig und zwar unabhängig davon, ob ein öffentliches Verbreiten von Inhalten erfolgt“, äußerte sich der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) und forderte eine Schließung dieser Strafbarkeitslücke. Die Disziplinarverfahren gegen die Polizeibeamten, die 2018 eingeleitet und zwischenzeitlich wegen des möglichen Prozesses ausgesetzt wurden, werden nun fortgeführt, wie er ankündigte.
Darüber hinaus sieht Poseck die hessische Polizei jedoch „im Kampf gegen den Rechtsextremismus gut aufgestellt“, wie er am Dienstag (16. Juli) in einer Pressemitteilung zum Verbot der Vereinigung „COMPACT-Magazin GmbH“ und ihrer Teilorganisation „CONSPECT FILM GmbH“ verlauten ließ: „Unser Rechtsstaat hat heute ein klares Signal gegen Rechtsextremismus, Demokratie- und Menschenfeindlichkeit gesetzt. Mit dem Verbot … wird ein Nährboden für rechtsextremistisches Gedankengut erstickt.“
„Die Angeschuldigten haben zwar – insbesondere und vorrangig im Chat „Itiotentreff“ – in erheblichem Umfang teilweise nur schwer erträgliche menschenverachtende, rechtsextreme, gewaltverherrlichende, antisemitische, ableistische und rassistische Inhalte geteilt“, führte das Oberlandesgericht aus, strafbar seien diese Handlungen jedoch nicht. Allerdings begründen sie „erhebliche Zweifel an der Verfassungstreue der im Polizeidienst tätigen Angeschuldigten und erfordern dienstrechtliche Konsequenzen“.
Ein Verbreiten sei nicht erfolgt, da die Inhalte keinem „größeren Personenkreis zugänglich gemacht worden seien, „der nach Zahl und Individualität unbestimmt oder jedenfalls so groß gewesen sei, dass er für die Angeschuldigten nicht mehr kontrollierbar gewesen sei“. Stattdessen seien die Inhalte „in private, geschlossene Chatgruppen mit überschaubarem Personenkreis eingestellt worden, deren Mitglieder miteinander teilweise sehr eng verbunden gewesen seien“.
Auch zu berücksichtigen sei, „dass den Angeschuldigten bewusst gewesen sei, dass eine Weiterleitung insbesondere der nationalsozialistischen und ausländerfeindlichen Inhalte dienstrechtliche Konsequenzen hätte haben können“. Vielmehr sei es „Zweck“ der Gruppe gewesen, „durch Einstellen schockierender Inhalte die Chatmitglieder zu belustigen“. Dies habe sich bereits aufgrund des Namens „Itiotentreff“ aufgedrängt.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist nicht anfechtbar.
Bei den Angeschuldigten handelt es sich um fünf Polizeibeamte des 1. Reviers in Frankfurt sowie die Lebensgefährtin eines der Polizisten. Ihnen wird vorgeworfen, zwischen Herbst 2014 und Herbst 2018 in verschiedenen Chatgruppen Bild- und Videodateien mit verbotenen Inhalten verbreitet zu haben. Im Zuge der Ermittlungen zu den Drohbriefen des „NSU 2.0“ wurden die Chats zufällig entdeckt, im April 2022 erhob die Staatsanwaltschaft daraufhin Anklage gegen die fünf Polizeibeamten.
„Hass-Chatgruppen im öffentlichen Dienst sind unerträglich. Sie sind strafwürdig und zwar unabhängig davon, ob ein öffentliches Verbreiten von Inhalten erfolgt“, äußerte sich der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) und forderte eine Schließung dieser Strafbarkeitslücke. Die Disziplinarverfahren gegen die Polizeibeamten, die 2018 eingeleitet und zwischenzeitlich wegen des möglichen Prozesses ausgesetzt wurden, werden nun fortgeführt, wie er ankündigte.
Darüber hinaus sieht Poseck die hessische Polizei jedoch „im Kampf gegen den Rechtsextremismus gut aufgestellt“, wie er am Dienstag (16. Juli) in einer Pressemitteilung zum Verbot der Vereinigung „COMPACT-Magazin GmbH“ und ihrer Teilorganisation „CONSPECT FILM GmbH“ verlauten ließ: „Unser Rechtsstaat hat heute ein klares Signal gegen Rechtsextremismus, Demokratie- und Menschenfeindlichkeit gesetzt. Mit dem Verbot … wird ein Nährboden für rechtsextremistisches Gedankengut erstickt.“
16. Juli 2024, 12.21 Uhr
Sina Claßen
Sina Claßen
Studium der Publizistik und des Öffentlichen Rechts an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Oktober 2023 beim Journal Frankfurt. Mehr von Sina
Claßen >>
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