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Nach Paradieshof-Sparbeschluss:

Quo vadis, Alt-Sachsenhausen?

Der Paradieshof sollte Alt-Sachsenhausen zum Kulturstandort machen und eine andere Klientel anlocken. Nun soll das Theater eingespart werden. Michael Quast ist empört. Und wie geht es mit dem Viertel weiter?
Die Architektin Marie-Theres Deutsch trauert um den „sehr schönen Entwurf“ des Paradieshofes, der zu einem echten Markpunkt für Alt-Sachsenhausen hätte werden können. „Der größte Ärger ist, dass für das Dom-Römer-Areal seit 15 Jahren Geld verplant und versenkt wird, obwohl in Alt-Sachsenhausen der Altbestand längst vorhanden ist“, sagt Deutsch. Bis vor etwa zwei Jahren habe aber „kein Hahn“ nach dem Kleinod auf der südlichen Mainseite „gekräht“. Inzwischen habe sich die Lage zum Glück geändert. Die Architektin glaubt nach wie vor daran, dass sich das viel geschasste Ausgeh-Viertel in den kommenden Jahren mausern kann. „Es gibt junge Investoren und junge Architekten, die das Viertel modern, aber adäquat transformieren wollen“, sagt Frau Deutsch. Das Ziel sei es, Alt-Sachsenhausen schon bald liebevoll „Puppenstube“ nennen zu können. Auch wenn nach dem Apfelweinmuseum, das dort einst im Gespräch war, nun der Paradieshof wohl nicht ins Viertel einziehen wird. Der Slogan „Die Altstadt ist hier!“ bleibe nach wie vor bestehen. Und vielleicht, so Deutsch, habe das Aus der Fliegenden Volksbühne ja auch etwas Gutes: „Einige Hausbesitzer haben zuletzt richtige Fantasiepreise für ihre Immobilien aufgerufen, weil sie registriert haben, dass die Stadt einiges in Alt-Sachsenhausen investiert“, so die Architektin. Werde der Paradieshof nun wiedererwarten doch nicht gebaut, könnte dies die Fantastereien dämpfen und den Verkauf sowie die Entwicklung einiger Immobilien vorantreiben.

An der Streichung des Paradieshofs kann Michael Quast naturgegeben nichts Gutes finden, letztlich wollte er der Fliegenden Volksbühne eine feste Produktionsstätte geben und die Mundart in Frankfurt pflegen. Gerade jetzt, da auch das Volkstheater in der Innenstadt bald nicht mehr ist. „Es ist eine Schande für die Stadt – gerade im Vergleich zu anderen Städten – wenn man seine Mundart nicht pflegt.“ Das Theatrallala im Nordend sei zumindest eine Initiative zur Mundartpflege. Es handele sich bei der Streichung der Gelder für den Paradieshof jedoch um eine rein technokratische Entscheidung. „Wenn man Maßnahmen ergreift, die Richtung Provinz gehen, hat das eben auch Auswirkungen auf den Standort“, sagt der Schauspieler. „Es ist kurzsichtig und nicht klug. Die Lebensqualität einer Stadt, die ohnehin ein Imageproblem hat, könnte man mit einem solchen Projekt fördern und mit einem Volkstheater eine kulturelle Identität schaffen. Doch an den Taten zeigt sich wie die Stadt wirklich zur Kultur steht, das Gerede von Frankfurts Standortfaktor Kultur ist offenbar doch nur ein Lippenbekenntnis. Aber den Effekt auf die Attraktivität der Stadt kann man nun mal nicht in Heller und Pfennig ausrechnen. Eigentlich müssten sich die Bürger beschweren.“

Hilfsangebote einzelner Personen habe es bereits gegeben. „Aber im Falle des Paradieshofs sind schon 9 Millionen Euro um den Spielbetrieb zum Laufen zu bringen nötig. Das finanziert sich nicht aus privater Tasche. Quast mahnt an, wie viel schon in das Projekt investiert worden sei. Die Nachricht von der Streichung des Projekts habe ihn auch erst am Freitag erreicht, dem Tag an dem der Stadtkämmerer Uwe Becker die Streichung in einer Pressekonferenz zur Haushaltskonsolidierung verkündet hat. So habe er es zunächst von der Presse und danach vom Kulturdezernenten erfahren, der letztlich auch nur ein Opfer sei. „Es hatte sich zuvor nur abgezeichnet, dass die Finanzierung nur zu Zweidritteln gesichert ist. Dafür hat man noch eine Lösung gesucht. Mit dieser Lösung aber hätte ich nicht gerechnet. Zumal es bei dem Paradieshof nun mal nicht nur ums Theater ging, es ist ja ein Strukturprojekt für Alt-Sachsenhausen.“

Die Fliegende Bühne müsse sich jetzt neu orientieren, vielleicht deutschlandweit Gastspiele absolvieren und sich gegebenenfalls weniger mit der Frankfurter Mundart befassen. „Es ist mühsam, keinen festen Produktionsort zu haben. Wir müssen uns immer die Logistik zusammenbetteln“, sagt Quast. Derzeit weiche man für die Proben immer nach Dreieich aus, weil dort Räume gestellt würden. „Auf die Dauer ist das aber kein Zustand. Das ist eine Form der Selbstausbeutung, die kaum Sinn macht. Wir sind auf Fördermittel angewiesen und so zu arbeiten ist nur sinnvoll, wenn man weiß, dass man bald in einen Hafen einläuft.“
 
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26. Februar 2013, 12.20 Uhr
nb/ges
 
 
 
 
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