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Hessen-Wahl 2023
Politiker antworten Erstwählern: „Für die AfD ist Rechtsextremismus kein Problem“
Kurz vor der Hessen-Wahl konnten auf der Veranstaltung „Demokratie in der Stadt. Unsere erste Wahl - unsere Zukunft “ Erstwählerinnen und Erstwähler sechs Politikerinnen und Politikern auf den Zahn fühlen.
In Hessen wird der Landtag neu gewählt. Bevor am Sonntag die Wahlbüros in Frankfurt öffnen, konnten sich Erstwähler und Erstwählerinnen bei der Veranstaltung „Demokratie in der Stadt. Unsere erste Wahl - unsere Zukunft “ gestern Abend im Saalbau vom DGB-Haus einen Eindruck von manchen Kandidaten und Kandidatinnen verschaffen und dabei Fragen an die Politiker stellen. Eingeladen hatte die Stiftung Polytechnische Gesellschaft zusammen mit dem StadtschülerInnenrat Frankfurt am Main in Kooperation mit dem JOURNAL FRANKFURT.
„Gerade in der heutigen Zeit ist uns als Stiftung das Thema Demokratiebildung für junge Menschen wichtig“, erklärte Katharina Kanold, Projektleiterin für Demokratiebildung von der Polytechnischen Gesellschaft und begrüßte gemeinsam mit Jasmin Schülke, der Chefredakteurin vom JOURNAL, die anwesenden Kandidaten und jungen Wählerinnen und Wähler. 4,3 Millionen Menschen in Hessen sind wahlberechtigt, darunter sind 266 000 Erstwählerinnen und Erstwähler.
Hessen-Wahl: Erstwähler erarbeiten Fragen für Politiker
Auf dem Podium waren Kaweh Nemati (CDU), Stefanie Minkley (SPD), Martina Feldmayer (Die Grünen), Yanki Pürsün (FDP), Willy Klinger (AfD) und Daniela Mehler-Würzbach (Die Linke). Dann verwies der Frankfurter Stadtschulsprecher Lorenz Aller auf die Themen-Tische, an denen die Erstwähler diskutierten, um jeweils zwei Fragen auszuarbeiten.
Insgesamt sechs Themenbereiche wurden behandelt: Wirtschaft, Nachhaltigkeit und Klima, Bildung, Kultur und Freizeit, Integration und Migration sowie Innere Sicherheit. Unterstützt wurden die jungen Wählerinnen und Wähler von Tischmoderatoren, ein eine Sprecherin oder ein Sprecher sollte die Fragen persönlich an die Politiker richten.
Vor der Hessen-Wahl: Diskussionen, Sorgen und Zukunftsvisionen
An den Themen-Tischen begannen kurz darauf die Debatten, wobei die Erstwähler großes Interesse an der hessischen Landespolitik bewiesen. Themen wie der Fachkräftemangel, Probleme im Bildungssystem, die schleppende Digitalisierung oder der zunehmende Klimawandel wurden diskutiert. Auch über den Ausbau vom öffentlichen Nahverkehr, Migration und Integration in den hiesigen Arbeitsmarkt, der Rückgang von kulturellen Einrichtungen und das Frankfurter Bahnhofsviertel wurde diskutiert. Ebenso fanden Diskurse über Rechtsextremismus in der hessischen Polizei oder der Umgang mit Geflüchteten statt.
Braucht Hessens Bildungssystem ein Update?
Dann begann die Fragerunde mit einer Frage an die CDU und die Linke: Wie kann man den Lehrerberuf wieder attraktiver machen?
Kaweh Nemati (CDU) erklärte, zukünftig IT-Hausmeister an Schulen einzustellen, zuständig für die Technik würde dieser dann auch Updates durchführen oder Lehrkräfte schulen. Neben der Renovierung einiger Schulgebäude sollten auch die Verwaltungsabläufe modernisiert werden.
Daniela Mehler-Würzbach (Die Linke) konterte, dass das CDU-geführte Kultusministerium zuletzt erklärt habe, es würden ausreichend Lehrerinnen und Lehrer in Hessen angestellt. Die Realität sähe anders aus, schließlich sei Grund für den hohen Krankenstand die hohe Arbeitsbelastung. Entlastung schaffe stattdessen die Erhöhung von Studienplätzen im Bereich Lehramt. Gleiches gelte für eine stärkere Unterstützung der Sozialarbeit und der Schulpsychologen.
Grüne Windkraft oder Atomkraft als Alternative?
Eine weitere Frage, diesmal zum Thema Nachhaltigkeit und Klima: Wie kann man Nachhaltigkeit für die Bevölkerung ansprechender machen? Die Frage galt den Grünen und der AfD.
Martina Feldmayer (die Grünen) sagte, dass das Bewusstsein für Klimaschutz und Nachhaltigkeit bei den Bürgern angekommen sei, nicht zuletzt dank „Fridays for Future“. Die Finanzierung dürfe aber nicht aus dem Auge gelassen werden, entsprechend benötige man dafür einen Klima- und Transformationsfond in Höhe von 6 Milliarden Euro. Die energetische Sanierung von Krankenhäusern und Schulen, aber auch Wohnhäusern müsse damit vorangetrieben werden.
Auch leide die deutsche Industrie seit dem Ukraine-Krieg. „Wenn wir nicht den Ausbau erneuerbarer Energie fördern und eine Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern erreichen, haben wir ein großes Problem in der Gesellschaft“, erklärte Feldmayer. Unternehmen wolle man zwar unterstützen, gleichzeitig müssten aber auch Arbeitnehmer davon profitieren. Klimaschutz und Nachhaltigkeit koste, sich dem zu verweigern, koste aber unendlich viel mehr.
Anders sahen die Argumente von Willy Klinger (AfD) aus. Nachhaltigkeit bedeute für ihn und seine Partei in erster Linie die Produktion von lokalen Lebensmitteln und die Förderung der hessischen Landwirtschaft. Seine Partei würde nicht auf „Umerziehung“, sondern auf die Bürger setzen, um diesen die Entscheidung selbst zu überlassen. Atomkraft sieht er weiterhin als nachhaltige Energiegewinnung. Diese sei kostengünstiger. Klinger erklärte: „Eine Abhängigkeit von Russland will keiner haben.“
Debatte vor der Hessen-Wahl: In der Pflege fehlt das Personal
Die Frage, wie man Berufe, in denen Fachkräftemangel herrscht, attraktiver machen könnte, richtete sich an die SPD und CDU.
Stefanie Minkley (SPD) erklärte, die Rahmenbedingungen in Krankenhäusern zu kennen. Vieles sei kommerzialisiert, Arbeitsbedingungen seien schwierig, aber veränderbar. Eine Lösung dafür wären ein fester Personalschlüssel und auch Lohnerhöhungen, trotz leichter Verbesserung. Der Bau von Berufsschulen solle genauso vorangetrieben werden, wie der von Wohnheimen. Azubis müssten insgesamt mehr Unterstützung erhalten.
Kaweh Nemati (CDU) führte das Problem darauf zurück, dass der Pflegeberuf unbeliebt sei. Entsprechend vertrat er die Meinung, man müsse den Beruf attraktiver machen. Das Gehalt wäre weniger ein Problem für Arbeitnehmer, sondern vielmehr die Belastung im Beruf. Fachkräfte aus dem Ausland wären unabdingbar, Genehmigungen müssten erleichtert und auch Deutsch-Kurse vermehrt angeboten werden.
Rechtsextremismus in Hessens Polizei. Alles „Einzelfälle“?
Kontroversen löste die Frage aus, warum sich die Polizei im Punkt Rechtsextremismus nicht selbst kontrolliert? Diese Frage richtete sich an die AfD und FDP.
Willy Klinger (AfD): „Die Frage überrascht mich etwas. Der einzige Fall, und dieser hat sich als aufgeblasen dargestellt, war beim SEK in Frankfurt.“ Ihm sei nicht bekannt, dass es ein Rechtsextremismus-Problem in der Polizei gibt. Jasmin Schülke wies auf die aktuellen Geschehnisse rund um die Veröffentlichungen rechtsextremer Chatgruppen durch Satiriker Jan Böhmermann hin und stellte in Frage, ob man diese noch leugnen könne. Klinger sprach hier von „Einzelfällen“ und fragte seinerseits, ob das Problem so gravierend sei. Er wüsste keine Lösung, sofern das Problem denn existiere. Stefanie Minkley von der SPD warf ein: „Für die AfD ist Rechtsextremismus kein Problem.“ Daraufhin folgte Jubel im Saal.
Yanki Pürsün (FDP) erklärte, er sähe im moralischen Kompass eines Beamten eine Kontrollinstanz. Das gemeinsame Auftreten zu zweit würde ebenso eine Kontrollinstanz im Alltag des Beamten schaffen. Die veröffentlichten Chats ekelten Pürsün an. Ihm sei auch ein Fall eines arabisch-stämmigen Polizisten bekannt, der aus der Polizei herausgemobbt worden sein soll, aufgrund seiner Herkunft. Einen Einzelfall könne man es nicht mehr nennen, und solche Vorfälle seien zu kontrollieren. Dazu wäre auch eine Instanz außerhalb der Polizei notwendig.
„Gerade in der heutigen Zeit ist uns als Stiftung das Thema Demokratiebildung für junge Menschen wichtig“, erklärte Katharina Kanold, Projektleiterin für Demokratiebildung von der Polytechnischen Gesellschaft und begrüßte gemeinsam mit Jasmin Schülke, der Chefredakteurin vom JOURNAL, die anwesenden Kandidaten und jungen Wählerinnen und Wähler. 4,3 Millionen Menschen in Hessen sind wahlberechtigt, darunter sind 266 000 Erstwählerinnen und Erstwähler.
Auf dem Podium waren Kaweh Nemati (CDU), Stefanie Minkley (SPD), Martina Feldmayer (Die Grünen), Yanki Pürsün (FDP), Willy Klinger (AfD) und Daniela Mehler-Würzbach (Die Linke). Dann verwies der Frankfurter Stadtschulsprecher Lorenz Aller auf die Themen-Tische, an denen die Erstwähler diskutierten, um jeweils zwei Fragen auszuarbeiten.
Insgesamt sechs Themenbereiche wurden behandelt: Wirtschaft, Nachhaltigkeit und Klima, Bildung, Kultur und Freizeit, Integration und Migration sowie Innere Sicherheit. Unterstützt wurden die jungen Wählerinnen und Wähler von Tischmoderatoren, ein eine Sprecherin oder ein Sprecher sollte die Fragen persönlich an die Politiker richten.
An den Themen-Tischen begannen kurz darauf die Debatten, wobei die Erstwähler großes Interesse an der hessischen Landespolitik bewiesen. Themen wie der Fachkräftemangel, Probleme im Bildungssystem, die schleppende Digitalisierung oder der zunehmende Klimawandel wurden diskutiert. Auch über den Ausbau vom öffentlichen Nahverkehr, Migration und Integration in den hiesigen Arbeitsmarkt, der Rückgang von kulturellen Einrichtungen und das Frankfurter Bahnhofsviertel wurde diskutiert. Ebenso fanden Diskurse über Rechtsextremismus in der hessischen Polizei oder der Umgang mit Geflüchteten statt.
Dann begann die Fragerunde mit einer Frage an die CDU und die Linke: Wie kann man den Lehrerberuf wieder attraktiver machen?
Kaweh Nemati (CDU) erklärte, zukünftig IT-Hausmeister an Schulen einzustellen, zuständig für die Technik würde dieser dann auch Updates durchführen oder Lehrkräfte schulen. Neben der Renovierung einiger Schulgebäude sollten auch die Verwaltungsabläufe modernisiert werden.
Daniela Mehler-Würzbach (Die Linke) konterte, dass das CDU-geführte Kultusministerium zuletzt erklärt habe, es würden ausreichend Lehrerinnen und Lehrer in Hessen angestellt. Die Realität sähe anders aus, schließlich sei Grund für den hohen Krankenstand die hohe Arbeitsbelastung. Entlastung schaffe stattdessen die Erhöhung von Studienplätzen im Bereich Lehramt. Gleiches gelte für eine stärkere Unterstützung der Sozialarbeit und der Schulpsychologen.
Eine weitere Frage, diesmal zum Thema Nachhaltigkeit und Klima: Wie kann man Nachhaltigkeit für die Bevölkerung ansprechender machen? Die Frage galt den Grünen und der AfD.
Martina Feldmayer (die Grünen) sagte, dass das Bewusstsein für Klimaschutz und Nachhaltigkeit bei den Bürgern angekommen sei, nicht zuletzt dank „Fridays for Future“. Die Finanzierung dürfe aber nicht aus dem Auge gelassen werden, entsprechend benötige man dafür einen Klima- und Transformationsfond in Höhe von 6 Milliarden Euro. Die energetische Sanierung von Krankenhäusern und Schulen, aber auch Wohnhäusern müsse damit vorangetrieben werden.
Auch leide die deutsche Industrie seit dem Ukraine-Krieg. „Wenn wir nicht den Ausbau erneuerbarer Energie fördern und eine Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern erreichen, haben wir ein großes Problem in der Gesellschaft“, erklärte Feldmayer. Unternehmen wolle man zwar unterstützen, gleichzeitig müssten aber auch Arbeitnehmer davon profitieren. Klimaschutz und Nachhaltigkeit koste, sich dem zu verweigern, koste aber unendlich viel mehr.
Anders sahen die Argumente von Willy Klinger (AfD) aus. Nachhaltigkeit bedeute für ihn und seine Partei in erster Linie die Produktion von lokalen Lebensmitteln und die Förderung der hessischen Landwirtschaft. Seine Partei würde nicht auf „Umerziehung“, sondern auf die Bürger setzen, um diesen die Entscheidung selbst zu überlassen. Atomkraft sieht er weiterhin als nachhaltige Energiegewinnung. Diese sei kostengünstiger. Klinger erklärte: „Eine Abhängigkeit von Russland will keiner haben.“
Die Frage, wie man Berufe, in denen Fachkräftemangel herrscht, attraktiver machen könnte, richtete sich an die SPD und CDU.
Stefanie Minkley (SPD) erklärte, die Rahmenbedingungen in Krankenhäusern zu kennen. Vieles sei kommerzialisiert, Arbeitsbedingungen seien schwierig, aber veränderbar. Eine Lösung dafür wären ein fester Personalschlüssel und auch Lohnerhöhungen, trotz leichter Verbesserung. Der Bau von Berufsschulen solle genauso vorangetrieben werden, wie der von Wohnheimen. Azubis müssten insgesamt mehr Unterstützung erhalten.
Kaweh Nemati (CDU) führte das Problem darauf zurück, dass der Pflegeberuf unbeliebt sei. Entsprechend vertrat er die Meinung, man müsse den Beruf attraktiver machen. Das Gehalt wäre weniger ein Problem für Arbeitnehmer, sondern vielmehr die Belastung im Beruf. Fachkräfte aus dem Ausland wären unabdingbar, Genehmigungen müssten erleichtert und auch Deutsch-Kurse vermehrt angeboten werden.
Kontroversen löste die Frage aus, warum sich die Polizei im Punkt Rechtsextremismus nicht selbst kontrolliert? Diese Frage richtete sich an die AfD und FDP.
Willy Klinger (AfD): „Die Frage überrascht mich etwas. Der einzige Fall, und dieser hat sich als aufgeblasen dargestellt, war beim SEK in Frankfurt.“ Ihm sei nicht bekannt, dass es ein Rechtsextremismus-Problem in der Polizei gibt. Jasmin Schülke wies auf die aktuellen Geschehnisse rund um die Veröffentlichungen rechtsextremer Chatgruppen durch Satiriker Jan Böhmermann hin und stellte in Frage, ob man diese noch leugnen könne. Klinger sprach hier von „Einzelfällen“ und fragte seinerseits, ob das Problem so gravierend sei. Er wüsste keine Lösung, sofern das Problem denn existiere. Stefanie Minkley von der SPD warf ein: „Für die AfD ist Rechtsextremismus kein Problem.“ Daraufhin folgte Jubel im Saal.
Yanki Pürsün (FDP) erklärte, er sähe im moralischen Kompass eines Beamten eine Kontrollinstanz. Das gemeinsame Auftreten zu zweit würde ebenso eine Kontrollinstanz im Alltag des Beamten schaffen. Die veröffentlichten Chats ekelten Pürsün an. Ihm sei auch ein Fall eines arabisch-stämmigen Polizisten bekannt, der aus der Polizei herausgemobbt worden sein soll, aufgrund seiner Herkunft. Einen Einzelfall könne man es nicht mehr nennen, und solche Vorfälle seien zu kontrollieren. Dazu wäre auch eine Instanz außerhalb der Polizei notwendig.
9. Oktober 2023, 09.42 Uhr
Till Taubmann
Till Christian Taubmann
Jahrgang 1997, Studium in Kommunikationsdesign an der Hochschule Mainz, Arbeit als freier Illustrator, seit Januar 2023 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Till Christian
Taubmann >>
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