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Goethe-Uni

Migrations-Kongress: „Schaulaufen pseudowissenschaftlicher Akteure“

Der Kongress „Migration steuern, Pluralität gestalten“ wird im Vorfeld wegen Einseitigkeit kritisiert. Nun distanziert sich auch der AStA der Uni. Das JOURNAL stellt das Podium vor.
Am 28. April findet an der Frankfurter Goethe-Universität die Veranstaltung „Migration steuern, Pluralität gestalten – Herausforderung und Konzepte von Einwanderungspolitik“ statt. Im Vorfeld wurde die Konferenz, organisiert vom Forschungszentrums Globaler Islam unter der Leitung von Susanne Schröter als einseitige Veranstaltung kritisiert. Hintergrund ist das Podium, auf dem etwa Tübingens umstrittener Oberbürgermeister Boris Palmer oder der als Islamkritiker bekannte Ahmad Mansour zum Diskurs beitragen sollen. „Wenn man Menschen einlädt, die antimuslimischen Rassismus fördern, dann geht es mit Sicherheit nicht darum, konstruktiv über Migration zu sprechen“, sagt etwa die Frankfurter Juristin Seda Başay-Yıldız.

Nun hat auch der AStA der Goethe-Uni Stellung bezogen. In seiner Pressemitteilung verweisen die Studierenden-Vertreterinnen auf die Toten im Mittelmeer, die nicht zuletzt Opfer einer europäischen Migrationspolitik sein dürften. Auch zeige bereits der Titel, dass es „nicht um eine seriöse wissenschaftliche Konferenz“ handele, da wie im Titel „Migration steuern“ unkontrollierte Einwanderung suggeriere. Allerdings gebe es „kaum etwas, das so gesteuert wird wie Migration“, sagt der Doktorand zum Thema, Alexander Kern. Der Slogan reproduziere ein „rechtspopulistisch genutztes Bild“.

AStA kritisiert Konferenz: „vom Rechtspopulismus nicht immer scharf abgegrenzten Akteure“

Entsprechend drehe sich die Konferenz eben nicht darum, wie Fluchtrouten zu sichern seien oder wie ein EU-weiter „solidarischer Umgang mit Migration“ aussehen könnte. Thematisiert würden Innlandaspekte wie „Familienclan und Großfamilien“ oder „Gewalt an deutschen Schulen“. Das eingeladene Personal tue sein übriges. „Das geplante Schaulaufen der pseudowissenschaftlichen und vom Rechtspopulismus nicht immer scharf abgegrenzten Akteure … kritisiert der AStA aufs Schärfste“, heißt es in der Mitteilung weiter. Entsprechend sei der Verweis auf eine „ideologiebefreite Wissenschaft“ als „Phantasma“ einzuordnen.

Doch wer sitzt im Gesamten auf dem Podium? Das JOURNAL hat sich über die einzelnen Akteurinnen informiert:


Hans-Peter Meidinger
ist der Präsident des Lehrerverbands, der das Buch „Die 10 Todsünden der Bildungspolitik“ veröffentlicht hat. Er fiel in der Vergangenheit auch dahingehend auf, das Streikrechtverbot verbeamteter Lehrerinnen zu befürworten oder ein Handy-Verbot an Schulen einführen zu wollen.

Lehrerin Ebel auf dem Uni-Podium: Protest im AfD-Umfeld



Birgit Ebel
ist eine Lehrerin aus Herford, die 2020 als „Kämpferin gegen den Islamismus“ an Schulen bekannt wurde. 2020 nahm sie an einem Protest in Herford gegen den Muezzin-Ruf teil, bei dem auch Menschen aus dem AfD-Umfeld und Reichsbürger präsent waren. Sie ist Initiatorin der Initiative „extrem-dagegen“, die auf ihrer Facebook-Seite „verschwörungsideologische Artikel sowie Statements“ teile, in denen „migrantisierte Jugendliche direkt mit Islamismus und Terrorgefahr assoziiert werden“, wie Migazin einordnet. Auch agitiert sie gegen trans Menschen („Ideologie einer Sekte“).

Vanessa Ahuja
, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg, plädiert für Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland. „Leistungen und Internationales“ ist ihr Resort, in dem sie unter anderem die Umsetzung des Bürgergelds sowie die Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland und die Leistungen der Familienkasse verantwortet.

Frank-Jürgen Weise ist Manager und Vorstandsvorsitzender der Hertie-Stiftung, Frankfurt. Er ist CDU-Mitglied und bekannt dafür, auf Unternehmensberater von McKinsey zurückzugreifen. Unter Weise sollte die Strategieberatung McKinsey die Bundesregierung in Sachen Geflüchtete unterstützen. McKinsey ist dafür bekannt, mit Entlassung zu operieren, wenn es um „Umstrukturierung“ von Unternehmen geht.

Kostner und das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit: Rechte Agenda?


Sandra Kostner
ist Historikerin und Soziologin mit dem Schwerpunkt Migration. Dagegen schreibt sie zur beziehungsweise gegen die sogenannte „politische Korrektheit“ etwa in dem Debattenbeitrag „Identitätslinke Läuterungsagenda“ und spricht von „Identitätslinken“. Koster kritisiert insbesondere an Hochschulen „identitätspolitische Agenden“ und hat zu diesem Zweck das „Netzwerk Wissenschaftsfreiheit“ gegründet.

Dem „Netzwerk Wissenschaftsfreiheit“ wird eine rechte Agenda zugeordnet.
Beispielsweise kritisierte das Netzwerk, dass der Beck-Verlag eine Zusammenarbeit mit Hans-Georg Maaßen beendet hatte. Und weiter vermuten sie „negative Konsequenzen für die Wissenschaftsfreiheit, wenn das Strafgesetzbuch um die Punkte Verharmlosung von Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit erweitert würde. Unterstützer ist unter anderem der rechte Block Tichys Einblick.

Ahmad Mansour ist Psychologe und bekannter Kritiker des Islam. Eine These lautet, dass „die Inhalte des IS im Mainstream-Islam“ angelegt seien, den viele Muslime in Deutschland praktizierten. Er kritisiert ebenso linke Gruppen als „nützliche Idioten des Islam“ und sieht im Demokratiefördergesetz die Finanzierung einer „homogenen linken Ideologie“, die versuche, „andere Meinungen und Sichtweisen zu kriminalisieren … oder zu canceln“. Mansour ist häufig Gast in TV-Talkshows.

Mansour ist ein bekannter Islam-Kritiker, der in der Linken eine Gefahr sieht

Ralph Ghadban ist Islamwissenschaftler und Gründer des Muslimischen Forums. Er arbeitet gegen kriminelle Familienclans und tritt für eine Reformierung des Islam ein. Seiner Meinung nach müsse eine Veränderung „von Innen“ kommen. Ghadban steht unter permanentem Polizeischutz.

Manuel Ostermann ist Polizist, CDU-Mitglied und stv. Vorsitzender der DPolG, deren Vorsitz Rainer Wendt inne hat. Wendt wird als Rechtspopulist mit Law-and-Order-Mentalität eingeordnet. Ostermann ist besonders auf Twitter aktiv, wo er einer „unkontrollierten Migration“ „sichere und kontrollierbare Grenzen“ entgegensetzen will. Im Kontext mit Gewalt verweist er auf die „Tatwaffe Messer“, die in rechten Kreisen als von Nicht-Deutschen eingesetzte Waffe geframt wird.

Daniel Thym ist Rechtswissenschaftler mit den Schwerpunkten Einwanderung, Asyl, Grenzschutz, Bürgerschaft, Integration und Staatsangehörigkeit. Er bezeichnete einen angeblichen fortwährenden Rechtsbruchs an den deutschen Grenzen als „Mythos“ und lieferte sich ein Streitgespräch mit Thilo Sarrazin. In der FAZ stufte er Push-Backs unter Umständen als rechtlich legitim ein.

Migrations-Kongress an der Goethe-Uni: Palmer als Migrationsexperte geladen


Ruud Koopmans ist niederländischer Sozialwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Migrationsforschung. Von einigen Kritikerinnen wird Koopmans „ordinärer Rassismus“ vorgeworfen, weiter beschuldigt man ihn, zumindest den „Nährboden für Rassismus zu legen“, weil er findet, dass „Multikulti eine schlechte Idee“ sei. Er glaubt, dass Muslime sich weniger integrierten als andere Gruppen. Die Kombination aus „liberalem Ausländerrecht“ und „Sozialstaat“ sei fatal.

Boris Palmer
ist umstrittener Oberbürgermeister von Tübingen, dessen Grüne Parteimitgliedschaft aktuell ruht. Er hat sich selbst als Anti-Anti-Rassist bezeichnet und markierte einen Radfahrer mit schlechtem Fahrstil als „Asylbewerber“, weil dieser dunkelhäutig war und sich hier „niemand so benimmt …, der hier aufgewachsen sei. Auch sah er bereits einen Unterschied darin, ob ein Asylbewerber eine Frau vergewaltige oder einer, „der in diesem Land aufgewachsen ist“.
 
Fotogalerie:
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27. April 2023, 13.19 Uhr
Katja Thorwarth
 
Katja Thorwarth
Die gebürtige Frankfurterin studierte an der Goethe-Uni Soziologie, Politik und Sozialpsychologie. Ihre journalistischen Schwerpunkte sind Politik, politisches Feuilleton und Meinung. Seit März 2023 Leitung online beim JOURNAL FRANKFURT. – Mehr von Katja Thorwarth >>
 
 
 
 
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