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Frankfurter Rundschau

Grünes Licht für die Übernahme durch Societät und FAZ

Das Bundeskartellamt gab grünes Licht - die FAZ und die Frankfurter Societät können die Frankfurter Rundschau übernehmen. 28 Rundschau-Redakteure sollen sich künftig vornehmlich ums Regionale kümmern, das Verlagshaus wird aufgegeben.
Die Frankfurter Rundschau wird weiter erscheinen. Allerdings unter dem Dach der FAZ und der Frankfurter Societät Gesellschaft, die unter anderem die Frankfurter Neue Presse herausgibt. Am Mittwochnachmittag gab das Bundeskartellamt das Verlagsgeschäft der insolventen Frankfurter Rundschau zum Erwerb frei. Danach begannen beide Seiten noch kleine Unebenheiten im Übernahmevertrag aus dem Weg zu räumen. Schließlich wurde der Kaufvertrag unterschrieben. Das große Ganze aber war zwischen den Verlagen schon vorher festgezurrt worden. Gesellschafter und Insolvenzverwalter waren einverstanden. Und somit gehört die Frankfurter Rundschau nicht mehr dem Verlag M. DuMont Schauberg aus Köln und nicht mehr der der SPD-Beteiligungsgesellschaft DDVG. Die Karl-Gerold-Stiftung jedoch, früher der Hauptanteilseigner der Rundschau, zuletzt nur noch mit zehn Prozent beteiligt, soll auch an der neu gegründeten Frankfurter Rundschau GmbH 10 Prozent der Anteile halten. Roderich Reifenrath, Vorsitzender der Stiftung, begründet das damit, dass sowohl im Gesellschaftervertrag als auch in den Arbeitsverträgen eine linksliberale Grundhaltung festgeschrieben wird.

Die Societät beteiligt sich mit 55 Prozent, und soll den Betrieb führen. Die FAZ hält 35 Prozent. Das ist nicht das einzige Zugeständnis der neuen Eigner, das klarmachen soll, dass das Profil der Rundschau erhalten bleiben soll. Auch Chefredakteur Arnd Festerling soll weiterhin an der Spitze der FR-Redaktion stehen. Er will aber von seinem Posten zurück ins Glied treten, wenn die Suche nach einem Nachfolger erfolgreich war. Dabei will er den Gesellschaftern zur Seite stehen. Sein Stellvertreter Rouven Schellenberger wird nicht weiter für die Rundschau tätig sein. Er hatte sich vorrangig ums digitale Geschäft, etwa die Webseite und die iPad-Ausgabe, gekümmert.

Der personelle Aderlass sieht besonders dramatisch aus, wenn man sich vor Augen führt, dass beim Druck- und Verlagshaus einst gut 1700 Menschen beschäftigt waren. Jetzt bleiben 28 Redakteure. Die übrigen 300 bis vor kurzem verbliebenen Mitarbeiter kommen in eine Transfergesellschaft, die in den kommenden sechs Monaten abgewickelt wird. Die Kernredaktion soll, wie in den vergangenen Jahren auch schon, durch den outgesourcten Pressedienst Frankfurt (PDF) unterstützt werden. Diese soll sogar noch ausgebaut werden. Statt 28 könnten bald 40 Menschen bei ihr beschäftigt sein, wenn es gelingt die regionalen Außenredaktionen in sie zu integrieren. Die Mantelseiten werden bis zum Aufbau einer eigenständigen Redaktion weiter durch die DuMont Redaktionsgemeinschaft in Berlin mit Texten beliefert. Größere inhaltliche Veränderungen werden für den geneigten Rundschau-Leser mit der Übernahme also erst einmal nicht einhergehen. "Es ist nicht die Aufgabe der Gesellschafter Einfluss zu nehmen auf die politische Ausrichtung der Zeitung", sagt Tobias Trevisan, Sprecher der Geschäftsführung der FAZ.

Auch der Druck soll noch in der einstigen FR-Druckerei in Neu-Isenburg abgewickelt werden - jedoch nicht mehr lange. Am 1. Mai dieses Jahres übernimmt die Frankfurter Societäts-Druckerei in Mörfelden-Walldorf den Auftrag. Ob das Format der Rundschau bleibt, soll noch diskutiert werden. Zur Societät hatte bereits zum Jahresende 2012 die Axel Springer AG einen Teil ihrer Druckaufträge verlagert. Mit Welt und Bild-Zeitung war der Rundschau während ihrer Insolvenz ein Großkunde abhanden gekommen, der nicht nur für gutes Geld sorgte, sondern - so will es die Legende - während eines finanziellen Engpasses der FR vor einigen Jahren auch dafür sorgte, dass die Stromrechnung unbürokratisch übernommen wurde, damit auch in der Redaktion der Bildzeitung in Neu-Isenburg die Lichter wieder angingen.

Das wiederum führt vor Augen, dass der Niedergang der Frankfurter Rundschau nicht erst gestern begann. Ihr Hoch hatte die Zeitung Anfang der 90er-Jahre, die Auflage lag damals weit über 200.000 Exemplaren und es sah tatsächlich so aus, als könnte sich die FR als zweite überregionale Tageszeitung neben der FAZ etablieren. Gegründet worden war die Zeitung am 1. August 1945, die FNP kam erst im Jahr danach, die FAZ 1949 - beides konservative Gegengewichte zur Rundschau, die ihrer linksliberalen Tradition bis zuletzt treuzubleiben versuchte. Bereits 1947 wirkte Karl Gerold als Mitherausgeber des Blattes, 1954 hielt er als Herausgeber, Mehrheitseigner und Chefredakteur die Rundschau fest in seinen Händen. Zwei Jahre nach seinem Tod 1973 wurde die Rundschau zu großen Teilen an die neugegründete Karl-Gerold-Stiftung übergeben. 1984 übernahm sie das Verlagshaus ganz und sollte eigentlich die publizistische wie wirtschaftliche Unabhängigkeit der FR auf alle Zeiten zementieren. Nach Auflagenverlusten, Einbußen im Anzeigenmarkt, finanziellen Abenteuern wie der CIty-Rundschau und nicht zuletzt einem Personalapparat, an dem die geringeren Erfordernisse der digitalen Zeitungsproduktion nahezu spurlos vorbeigegangen waren, begann der massive Personalabbau. Als im Frühjahr 2006 M. DuMont Schauberg die Rundschau übernahm verblieb der Karl-Gerold-Stiftung nur mehr ein Anteil von besagten 10 Prozent. Die Verluste des Hauses konnte der Kölner Verlag gleichwohl nicht senken. Obwohl der überregionale Mantel mit der Berliner Zeitung verschmolzen wurde und fortan von einer Redaktionsgemeinschaft geliefert wurde, obwohl Mitarbeiter zu schlechteren Löhnen in externen Gesellschaften angestellt wurden und Volontärpools geschaffen wurden, auf dass die journalistische Arbeit von Auszubildenden geschultert werde. Auch eine Formatumstellung wurde durchgesetzt - auch dadurch sollten Kosten gespart werden, denn in die neue Rundschau passte nun nicht mehr soviel, wie man das heute nennt, content. Tabloid-Format nennt die Zeitungsbranche die Größe, wobei im englischen Sprachraum damit vor allem die yellow press mit diesem Attribut geschmückt wird. Nicht wenigen Abonnenten kam es so vor, als wäre auch die Redaktion näher an den Boulevard gerückt, unvergessen eine Ausgabe, die mit einem postergroßen Foto des Prinzenpaares Kate und William aufmachte und das alte Logo mit royalen Krönchen verzierte. 20 bis 25 Millionen Euro musste Dumont im Jahr nachschießen, das konnte nicht lange gutgehen. Im November 2012 wollten die Gesellschafter nicht mehr, der Geschäftsführer des Druck- und Verlagshauses, Karlheinz Kroke, trat den Gang zum Amtsgericht an. Ein Großteil der verbliebenen 450 Mitarbeiter muss gehen, eine Transfergesellschaft soll den Übergang für sechs Monate etwas weicher gestalten.

Weil das Geld der insolventen Frankfurter Rundschau nur bis Ende Februar reichte, hatte das Bundeskartellamt für sein Prüfungsverfahren nur wenig Zeit. Ob durch die Übernahme der FR eine marktbeherrschende Stellung durch FNP und FAZ entstünde, die über die RheinMainMedia das Anzeigengeschäft gemeinsam organisieren, wollte das Kartellamt nicht sehen. Der Präsident des Bundeskartellamtes Andreas Mundt sagte am Mittwoch: „Wir haben hier eine sogenannte Sanierungsfusion geprüft und im Ergebnis bejaht.“ Daneben beschäftigte sich das Bundeskartellamt mit dem Angebot des türkischen Medienunternehmers Burak Akbay, der das Verlagsgeschäft und auch die Druckerei fortführen wollte. Vom Gläubigerausschuss wurde dieses jedoch bereits vergangene Woche als "nicht ausreichend" bewertet und schließlich auch vom Bundeskartellamt abgelehnt, da nicht damit zu rechnen sei, dass „dieses Angebot eine Zerschlagung der Frankfurter Rundschau verhindern würde.“

Chefredakteur Arnd Festerling zeigte sich erleichtert: "Ich bin froh, dass es so gekommen ist", sagte er. Es gebe weiterhin eine klare Trennung von Redaktion und Verlag. Herr Festerling, der 1990 bei der Frankfurter Rundschau anfing, ging sogar noch einen Schritt weiter und sagte, dass die Unabhängigkeit nun noch größer sei als zuvor. "Wir haben vollkommene Freiheit", sagte er auf die Frage, ob die FR ihr linkes Profil noch schärfen würde.

FAZ-Geschäftsführer Tobias Trevisan gab zugleich bekannt, dass die FAZ wie auch das Handelsblatt seine Auflagenzahlen nach unten korrigieren werde. Sonstige Verläufe wie etwa Bordexeplare würden künftig nicht mehr gezählt, dadurch werde die Auflagenmeldung um gut 10.000 Exemplare am Tag sinken. Gleiches Prozedere auch bei der Frankfurter Rundschau, die damit künftig auf eine Auflage von sechzig- bis siebzigtausend Exemplare komme (gemeldet wurden zuletzt 109.000). Der bundesweite Vertrieb soll unter dem Dach des FAZ-Leserservice weiterhin aufrechterhalten werden. Das Verlagshaus im Sachsenhäuser Depot wird aber aufgegeben. Die Redakteure sollen künftig in der Frankenallee unter dem Dach der Frankfurter Societät arbeiten. Dort sitzt auch die gemeinsame Anzeigenvermarktung von Rhein-Main-Zeitung, FNP und künftig der Frankfurter Rundschau. Wer eine Anzeige dort bucht, der landet mit seiner Reklame künftig also in allen drei Zeitungen.

Hinweis: Dieser Artikel wurde nach einer Pressekonferenz am Donnerstagmittag entsprechend aktualisiert und erweitert.
 
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28. Februar 2013, 10.51 Uhr
mim/nil
 
 
 
 
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