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Flüchtlingspolitik in Frankfurt
„Die Situation ist herausfordernd – aber wir sind handlungsfähig“
Wie geht Frankfurt mit Geflüchteten um bzw. wie verhält sich die Stadt zu den Asylpolitik-Plänen der Ampel-Regierung? Das JOURNAL hat mit der verantwortlichen Stadträtin Elke Voitl gesprochen.
Frau Voitl, Frankfurt soll bis Jahresende 86 Geflüchtete pro Woche aufnehmen. Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Zum Höhepunkt der Fluchtbewegung 2016 und zu Beginn des Krieges in der Ukraine war Deutschland auf die anstehenden Herausforderungen nicht gut vorbereitet. Es gab keine Szenarien, keine festgelegten Abläufe. Das hat sich inzwischen geändert. Jetzt stehen wir vor der Lage und können auf damals erarbeitete Strukturen zurückgreifen.
Zum Beispiel betreibt die Stadt seit 2016 zwei Notunterkünfte, deren Hallen derzeit leer stehen. Diese können wir jederzeit reaktivieren und zumindest als zentrale Ankunftsstellen wieder in Betrieb nehmen. Aktuell habe ich die Kritische Infrastruktur wieder hochgefahren. Damit erarbeiten jetzt erfahrene Stäbe anhand bestehender Ablaufpläne mögliche Szenarien, wie wir mit der wöchentlich steigenden Zahl an Geflüchteten umgehen werden. Die Situation ist herausfordernd – aber wir sind handlungsfähig.
Geflüchtete in Frankfurt: Stadt hat sich zum „Gesicherten Hafen“ erklärt
In Frankfurt gibt es sehr viel Leerstand bei Büroimmobilien. Wieso kommen solche Flächen nicht als Unterkünfte in Frage?
Die Stadt Frankfurt ist permanent auf der Suche nach geeigneten Immobilien, um darin Übergangsunterkünfte einzurichten. Dabei greifen wir selbstverständlich auch auf leerstehende Büroimmobilien zurück – sofern sie zur Miete oder zum Kauf überhaupt angeboten werden. Da Bürogebäude aber in aller Regel weder Duschen noch ausreichend Kochmöglichkeiten haben, müssen sie erst umgebaut werden. Gerade sanieren wir zum Beispiel in Bockenheim eine große Übergangsunterkunft mit gut 200 Wohneinheiten. Das Haus war früher ein Bürogebäude.
Frankfurt gilt als sogenannter „sicherer Hafen“. Wie könnte sich das neue Asylpaket der Ampel auf diese Zuschreibung auswirken?
Die Stadt Frankfurt hat sich zum Sicheren Hafen erklärt. Das haben wir nicht nur aus politischer Überzeugung, sondern auch und vor allem aus humanitärer und gesellschaftlicher Verantwortung getan. Wir bieten vor Krieg und Vertreibung, vor Repression und Gewalt geflüchteten Menschen einen sicheren Ort, an dem sie ankommen können. In den kommenden Wochen und Monaten wird sich zeigen, dass das keine leeren Parolen sind – sondern, dass wir es ernst meinen. Wenn Menschen in ein anderes Land flüchten müssen, um ihre Kinder und sich selbst in Sicherheit zu bringen, dann stellt sich nicht die Frage, ob man helfen muss oder kann – sondern es stellt sich nur die Frage: Wie können wir helfen?
Elke Voitl (Die Grünen) über Abschiebehaftpläne der Ampel
Konkret sollen Geduldete ohne weitere Ankündigung abgeschoben werden. Heißt das, dass möglicherweise Auszubildende aus dem Unterricht geholt werden, wie dies bereits in Baden-Württemberg der Fall war?
Wie sich die Pläne der Regierung in der Praxis ausgestalten, bleibt abzuwarten.
Die Ampelregierung will die Abschiebehaft von zehn auf 28 Tage verlängern. Inwiefern hilft das, die Lage in Frankfurt zu entspannen?
Das entlastet uns als Kommune kaum. Denn gemessen an der Gesamtzahl der Geflüchteten ist der Anteil der von Abschiebung betroffenen Geflüchteten gering und die Zahl wird sich durch die Verlängerung der Abschiebehaft vermutlich nur unwesentlich erhöhen.
Info
Elke Voitl (Die Grünen) ist seit dem 9. September 2021 Dezernentin für Soziales und Gesundheit der Stadt Frankfurt am Main. Sie ist zuständig für das Jugend- und Sozialamt, das Gesundheitsamt, die Kommunale Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Frankfurt am Main, die Stabsstelle Unterbringungsmanagement und Geflüchtete, das Drogenreferat und für die gemeinsame Einrichtung Jobcenter Frankfurt am Main.
Zum Höhepunkt der Fluchtbewegung 2016 und zu Beginn des Krieges in der Ukraine war Deutschland auf die anstehenden Herausforderungen nicht gut vorbereitet. Es gab keine Szenarien, keine festgelegten Abläufe. Das hat sich inzwischen geändert. Jetzt stehen wir vor der Lage und können auf damals erarbeitete Strukturen zurückgreifen.
Zum Beispiel betreibt die Stadt seit 2016 zwei Notunterkünfte, deren Hallen derzeit leer stehen. Diese können wir jederzeit reaktivieren und zumindest als zentrale Ankunftsstellen wieder in Betrieb nehmen. Aktuell habe ich die Kritische Infrastruktur wieder hochgefahren. Damit erarbeiten jetzt erfahrene Stäbe anhand bestehender Ablaufpläne mögliche Szenarien, wie wir mit der wöchentlich steigenden Zahl an Geflüchteten umgehen werden. Die Situation ist herausfordernd – aber wir sind handlungsfähig.
In Frankfurt gibt es sehr viel Leerstand bei Büroimmobilien. Wieso kommen solche Flächen nicht als Unterkünfte in Frage?
Die Stadt Frankfurt ist permanent auf der Suche nach geeigneten Immobilien, um darin Übergangsunterkünfte einzurichten. Dabei greifen wir selbstverständlich auch auf leerstehende Büroimmobilien zurück – sofern sie zur Miete oder zum Kauf überhaupt angeboten werden. Da Bürogebäude aber in aller Regel weder Duschen noch ausreichend Kochmöglichkeiten haben, müssen sie erst umgebaut werden. Gerade sanieren wir zum Beispiel in Bockenheim eine große Übergangsunterkunft mit gut 200 Wohneinheiten. Das Haus war früher ein Bürogebäude.
Frankfurt gilt als sogenannter „sicherer Hafen“. Wie könnte sich das neue Asylpaket der Ampel auf diese Zuschreibung auswirken?
Die Stadt Frankfurt hat sich zum Sicheren Hafen erklärt. Das haben wir nicht nur aus politischer Überzeugung, sondern auch und vor allem aus humanitärer und gesellschaftlicher Verantwortung getan. Wir bieten vor Krieg und Vertreibung, vor Repression und Gewalt geflüchteten Menschen einen sicheren Ort, an dem sie ankommen können. In den kommenden Wochen und Monaten wird sich zeigen, dass das keine leeren Parolen sind – sondern, dass wir es ernst meinen. Wenn Menschen in ein anderes Land flüchten müssen, um ihre Kinder und sich selbst in Sicherheit zu bringen, dann stellt sich nicht die Frage, ob man helfen muss oder kann – sondern es stellt sich nur die Frage: Wie können wir helfen?
Konkret sollen Geduldete ohne weitere Ankündigung abgeschoben werden. Heißt das, dass möglicherweise Auszubildende aus dem Unterricht geholt werden, wie dies bereits in Baden-Württemberg der Fall war?
Wie sich die Pläne der Regierung in der Praxis ausgestalten, bleibt abzuwarten.
Die Ampelregierung will die Abschiebehaft von zehn auf 28 Tage verlängern. Inwiefern hilft das, die Lage in Frankfurt zu entspannen?
Das entlastet uns als Kommune kaum. Denn gemessen an der Gesamtzahl der Geflüchteten ist der Anteil der von Abschiebung betroffenen Geflüchteten gering und die Zahl wird sich durch die Verlängerung der Abschiebehaft vermutlich nur unwesentlich erhöhen.
Elke Voitl (Die Grünen) ist seit dem 9. September 2021 Dezernentin für Soziales und Gesundheit der Stadt Frankfurt am Main. Sie ist zuständig für das Jugend- und Sozialamt, das Gesundheitsamt, die Kommunale Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Frankfurt am Main, die Stabsstelle Unterbringungsmanagement und Geflüchtete, das Drogenreferat und für die gemeinsame Einrichtung Jobcenter Frankfurt am Main.
30. Oktober 2023, 11.20 Uhr
Katja Thorwarth
Katja Thorwarth
Die gebürtige Frankfurterin studierte an der Goethe-Uni Soziologie, Politik und Sozialpsychologie. Ihre journalistischen Schwerpunkte sind Politik, politisches Feuilleton und Meinung. Seit März 2023 Leitung online beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Katja
Thorwarth >>
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