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Drogenkonsumräume Frankfurt
„Wenn ich die nicht reinlasse, dann sterben die vor der Tür“
Stadträtin Elke Voitl zieht zur ihrer Amtshalbzeit Bilanz und hebt den Paradigmenwechsel in Frankfurts Sozialpolitik hervor. Im Fokus stehen dabei strukturelle Veränderungen, Bürgernähe und neue Ansätze in der Drogenhilfe.
Sozialdezernentin Elke Voitl (Grüne) hat eine Halbzeitbilanz ihrer ersten Amtszeit gezogen. In der Frankfurter Sozialpolitik hätte in den letzten Jahren ein Paradigmenwechsel stattgefunden. So hebt Voitl einige erreichte Ziele hervor, zeigt die Positionen ihres Dezernats auf und will vor allem verdeutlichen: „Die Zeiten, in denen von oben herab verwaltet wurde, sind in dieser Stadt vorbei.“
Probleme sind Systeme und gewachsene Strukturen, die verändert werden müssen, erklärt Voitl. Nicht die Verwaltung, sondern die Gestaltung sei das Ziel der Politikerin. Ein gutes Beispiel für gelungene veränderte Strukturen seien etwa die Sozialrathäuser. In Bockenheim wurden die Abläufe in der täglichen Arbeit analysiert und verbessert. Es folgte ein Umbau des Eingangsbereichs, die Besetzung mit mehr Personal. Dieses gilt nun als Modellprojekt in Frankfurt.
Vertrauen schaffen und Strukturen aufbrechen
Generell sei das Ziel, mehr Kontakt zu den Menschen aufzubauen, Vertrauen zu entwickeln und dabei Organisationsstrukturen aufzubrechen. Dies sorge zwar auch für Unsicherheiten, erklärt die Stadträtin weiter. Der Blick ihres Dezernats richte sich aber auch in alle Richtungen und es gebe keine eindimensionalen Lösungen. Neben der Kinder- und Jugendhilfe, die jährlich nun mehr Geld zu Verfügung hat und deren Zuschüsse um drei Prozent erhöht wird, ist etwa auch der Gesundheitsdienst personell aufgestockt worden, was sich positiv auf die gesamte Stadtbevölkerung auswirkt.
Mit dem damaligen Corona-Aktionsplan, der die Kooperation von vielen verschiedenen Ämtern in Frankfurt erforderte, seien viele Verbesserungen umgesetzt worden. Dadurch sei viel Erfahrung gesammelt worden. Die Arbeit im Bahnhofsviertel würde vielen Menschen helfen, nicht nur der Drogenszene. „Im Viertel leben viele Menschen, Familien aber auch Kinder“. Geplant sei deshalb noch vieles im Bahnhofsviertel, darunter die Schaffung eines integrierten Drogen- und Suchthilfezentrums.
Drogenhilfe stark im Fokus von Stadträtin Voitl
Frankfurts Drogenszene rund um den Hauptbahnhof ist unübersehbar. Voitl gibt zu, dass sie sich für die Hilfsangebote rechtfertigen müsse und sagt aber: „Wenn ich die nicht reinlasse, dann sterben die vor der Tür“. In 30 Jahren ist noch niemand in den Drogenkonsumräumen verstorben, die Drogentoten in Frankfurt werden immer weniger und auch eine Alterspflegeeinrichtung für Drogenabhängige plant das Dezernat.
Veränderung im Drogenmarkt und legales Koks in Frankfurt?
Früher sei Heroin noch die Hauptdroge gewesen, gibt Voitl an. Seit der Opium-Anbau in Afghanistan stark unterbunden wird, hat sich der Markt verändert und es gibt kaum noch Heroin. Immer häufiger sei dafür Fentanyl im Umlauf. Bereits sei jetzt das wenige vorhandene Heroin mit Fentanyl getreckt. Die sonst in der Medizin verwendeten Pflaster würden aufgekocht und injiziert werden. Die Wirkung, Gefährlichkeit und die Chance beim Konsum zu sterben, ist bei Fentanyl um ein vielfaches erhöht.
Die Forderung von Frankfurter Vereinen, Konsumräume für Crack anzubieten und Kokain als Substitut freizugeben, stößt bei ihr auf Zustimmung. Weit über die Hälfte von Frankfurts offener Drogenszene konsumiere inzwischen Crack. „Wir müssen uns für Eventualitäten und andere Drogen aufstellen.“ Gespräche mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) seien bereits gut verlaufen und sie habe für eine Offenheit geworben, Frankfurt als Modellstadt ins Spiel zu bringen.
Alternativ sei auch eine Therapie mit Cannabis möglich. Der Suchtdruck bliebe zwar, nur die Konsum-Intervalle würden länger werden. Auch Medikamente, dessen Nebenwirkungen den Suchtdruck mildern, seien im Gespräch. Aufzuhalten sei der Konsum und die Masse an Drogen ohnehin nicht, erklärt sie: „Das originäre Problem ist, dass diese Stadt und ganz Deutschland mit Drogen überschwemmt wird.“
Probleme sind Systeme und gewachsene Strukturen, die verändert werden müssen, erklärt Voitl. Nicht die Verwaltung, sondern die Gestaltung sei das Ziel der Politikerin. Ein gutes Beispiel für gelungene veränderte Strukturen seien etwa die Sozialrathäuser. In Bockenheim wurden die Abläufe in der täglichen Arbeit analysiert und verbessert. Es folgte ein Umbau des Eingangsbereichs, die Besetzung mit mehr Personal. Dieses gilt nun als Modellprojekt in Frankfurt.
Generell sei das Ziel, mehr Kontakt zu den Menschen aufzubauen, Vertrauen zu entwickeln und dabei Organisationsstrukturen aufzubrechen. Dies sorge zwar auch für Unsicherheiten, erklärt die Stadträtin weiter. Der Blick ihres Dezernats richte sich aber auch in alle Richtungen und es gebe keine eindimensionalen Lösungen. Neben der Kinder- und Jugendhilfe, die jährlich nun mehr Geld zu Verfügung hat und deren Zuschüsse um drei Prozent erhöht wird, ist etwa auch der Gesundheitsdienst personell aufgestockt worden, was sich positiv auf die gesamte Stadtbevölkerung auswirkt.
Mit dem damaligen Corona-Aktionsplan, der die Kooperation von vielen verschiedenen Ämtern in Frankfurt erforderte, seien viele Verbesserungen umgesetzt worden. Dadurch sei viel Erfahrung gesammelt worden. Die Arbeit im Bahnhofsviertel würde vielen Menschen helfen, nicht nur der Drogenszene. „Im Viertel leben viele Menschen, Familien aber auch Kinder“. Geplant sei deshalb noch vieles im Bahnhofsviertel, darunter die Schaffung eines integrierten Drogen- und Suchthilfezentrums.
Frankfurts Drogenszene rund um den Hauptbahnhof ist unübersehbar. Voitl gibt zu, dass sie sich für die Hilfsangebote rechtfertigen müsse und sagt aber: „Wenn ich die nicht reinlasse, dann sterben die vor der Tür“. In 30 Jahren ist noch niemand in den Drogenkonsumräumen verstorben, die Drogentoten in Frankfurt werden immer weniger und auch eine Alterspflegeeinrichtung für Drogenabhängige plant das Dezernat.
Früher sei Heroin noch die Hauptdroge gewesen, gibt Voitl an. Seit der Opium-Anbau in Afghanistan stark unterbunden wird, hat sich der Markt verändert und es gibt kaum noch Heroin. Immer häufiger sei dafür Fentanyl im Umlauf. Bereits sei jetzt das wenige vorhandene Heroin mit Fentanyl getreckt. Die sonst in der Medizin verwendeten Pflaster würden aufgekocht und injiziert werden. Die Wirkung, Gefährlichkeit und die Chance beim Konsum zu sterben, ist bei Fentanyl um ein vielfaches erhöht.
Die Forderung von Frankfurter Vereinen, Konsumräume für Crack anzubieten und Kokain als Substitut freizugeben, stößt bei ihr auf Zustimmung. Weit über die Hälfte von Frankfurts offener Drogenszene konsumiere inzwischen Crack. „Wir müssen uns für Eventualitäten und andere Drogen aufstellen.“ Gespräche mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) seien bereits gut verlaufen und sie habe für eine Offenheit geworben, Frankfurt als Modellstadt ins Spiel zu bringen.
Alternativ sei auch eine Therapie mit Cannabis möglich. Der Suchtdruck bliebe zwar, nur die Konsum-Intervalle würden länger werden. Auch Medikamente, dessen Nebenwirkungen den Suchtdruck mildern, seien im Gespräch. Aufzuhalten sei der Konsum und die Masse an Drogen ohnehin nicht, erklärt sie: „Das originäre Problem ist, dass diese Stadt und ganz Deutschland mit Drogen überschwemmt wird.“
4. September 2024, 13.00 Uhr
Till Taubmann
Till Christian Taubmann
Jahrgang 1997, Studium in Kommunikationsdesign an der Hochschule Mainz, Arbeit als freier Illustrator, seit Januar 2023 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Till Christian
Taubmann >>
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