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Ausländerbehörde Frankfurt
250 000 Euro und drei befristete Arbeitskräfte
Bis Jahresende soll die Stadt Frankfurt 86 Geflüchtete pro Woche aufnehmen, ihre Unterbringung wird eine Herausforderung. Gleichzeitig stellt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Ausländerbehörde erneut auf die Probe.
„Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“ – titelt der Spiegel in seiner 43. Ausgabe des Jahres vergangene Woche samt Bild eines ernst dreinblickenden Olaf Scholz (SPD). Der Bundeskanzler macht sich die irreguläre Migration zur Chefsache und erklärt, wie er die Zahl der Flüchtlinge reduzieren will. Teil des Plans der Ampel: Geduldete ohne weitere Ankündigung abschieben.
Kritik kommt nicht nur aus den Reihen der eignen Partei, sondern auch vom grünen Koalitionspartner und von der Linken: „Statt in den Chor der Rechten einzustimmen, sollte der Kanzler dafür sorgen, dass es mehr bezahlbare Wohnungen gibt, deutlich mehr Geld für die Kommunen und dass die Arbeitsverbote endlich abgeschafft werden. Das alles gerne im großen Stil“, schrieb die Frankfurter Bundestagsabgeordnete Janine Wissler letzten Freitag auf der Plattform X (vormals Twitter).
Sozialdezernentin Voitl: Die Lage in Frankfurt ist herausfordernd
Das Thema bezahlbarer Wohnraum beschäftigt auch die Frankfurter Sozial- und Gesundheitsdezernentin Elke Voitl (Die Grünen): „Die Lage ist – um es klar zu sagen – herausfordernd“, lautet ihre Einschätzung in einer Pressemitteilung am Mittwoch, den 18. Oktober. Demnach soll die Stadt Frankfurt bis Jahresende 86 geflüchtete Menschen pro Woche aufnehmen. Hessenweit sind es im vierten Quartal rund 18 000 Geflüchtete, die verteilt werden müssen, doppelt so viele wie noch im Quartal davor.
„Die Stadt Frankfurt ist Sicherer Hafen und hat im vergangenen Jahr weit mehr geflüchtete Menschen aufgenommen als ihr zugewiesen wurden. Daher gab es in diesem Jahr bislang keine Zuweisungen. Das hat uns einen kleinen Puffer gebracht“, sagte Voitl letzte Woche. Insgesamt leben in den 67 Übergangsunterkünften der Stadt Frankfurt sowie in 33 eigens dafür angemieteten Hotels derzeit 4910 Geflüchtete und 3827 Wohnungslose (Stand: 9. Oktober 2023).
Frankfurter Wohnungsmarkt bietet Geflüchteten keine Chance
Darüber hinaus gibt es zwei Notunterkünfte, die seit der Fluchtbewegung im Jahr 2016 im Auftrag der Stadt Frankfurt betrieben werden und deren Hallenplätze derzeit leer stehen. Man habe sie zur Sicherheit weiterhin vorgehalten – eine gute, vorausschauende und hilfreiche Entscheidung, wie die Sozialdezernentin findet. Das Problem seien jedoch nicht die Geflüchteten, sondern der Frankfurter Wohnungsmarkt, der ihnen kaum eine Chance biete, eine eigene Wohnung mit eigenem Mitvertrag zu finden.
Stattdessen müssen sie in den Übergangsunterkünften wohnen bleiben, die oftmals überfüllt und überholungsbedürftig sind. Eine vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) betriebene Unterkunft in Bockenheim mit rund 200 Wohneinheiten wurde erst kürzlich umgebaut, sodass dort künftig Familien mit Kindern untergebracht werden können. Die Küche und die sanitären Einrichtungen wurden renoviert. Eine weitere Unterkunft des DRK mit 35 Wohneinheiten wurde in Bonames neu eröffnet, eine Schwanheimer Unterkunft der Diakonie Frankfurt und Offenbach wurde ebenfalls umgebaut.
Fachkräfteeinwanderungsgesetz sorgt für zusätzliches Arbeitsaufkommen
Unterdessen hat die Bundesregierung bereits im Sommer das Gesetz zur Fachkräfteeinwanderung erlassen, dessen Regelungen teilweise schon diesen November in Kraft treten, die restlichen Teile dann ab März beziehungsweise Juni 2024. Kurz zusammengefasst steht es auf der Internetseite der Bundesregierung: „Wer zwei Jahre Berufserfahrung und einen Abschluss im Heimatland hat, kann als Fachkraft nach Deutschland kommen.“ Die Verdienstgrenze für die Blaue Karte werde abgesenkt, außerdem werde eine Chancenkarte mit einem Punktesystem eingeführt.
Angesichts dieser Gesetzesänderung sowie dem andauernden Krieg in der Ukraine rechnet Ordnungsdezernentin Annette Rinn (FDP) künftig mit einem „deutlich erhöhten Arbeitsaufkommen für die Ausländerbehörde“ in Frankfurt. Um diese zu entlasten sollen 250 000 Euro aus den Budgetresten des Vorjahres bereitgestellt werden, weiß die Frankfurter Rundschau. Zudem wolle man drei Zeitarbeitskräfte für ein Jahr lang einstellen und vorhandene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fortbilden.
Ordnungsdezernentin Rinn verspricht 250 000 Euro für Frankfurter Ausländerbehörde
Ob und inwiefern 250 000 Euro und drei befristete Arbeitskräfte die Probleme der Ausländerbehörde in Frankfurt lösen werden, ist fraglich. Zuletzt stand die Behörde mit ihrem neuen Online-Portal in der Kritik, das den Antragsstau bewältigen sollte. Der Knackpunkt: Während die Anträge zwar in zehn Sprachen zum Download bereitstanden, war die Nutzungsoberfläche des Portals nur auf Deutsch.
Kritik kommt nicht nur aus den Reihen der eignen Partei, sondern auch vom grünen Koalitionspartner und von der Linken: „Statt in den Chor der Rechten einzustimmen, sollte der Kanzler dafür sorgen, dass es mehr bezahlbare Wohnungen gibt, deutlich mehr Geld für die Kommunen und dass die Arbeitsverbote endlich abgeschafft werden. Das alles gerne im großen Stil“, schrieb die Frankfurter Bundestagsabgeordnete Janine Wissler letzten Freitag auf der Plattform X (vormals Twitter).
Das Thema bezahlbarer Wohnraum beschäftigt auch die Frankfurter Sozial- und Gesundheitsdezernentin Elke Voitl (Die Grünen): „Die Lage ist – um es klar zu sagen – herausfordernd“, lautet ihre Einschätzung in einer Pressemitteilung am Mittwoch, den 18. Oktober. Demnach soll die Stadt Frankfurt bis Jahresende 86 geflüchtete Menschen pro Woche aufnehmen. Hessenweit sind es im vierten Quartal rund 18 000 Geflüchtete, die verteilt werden müssen, doppelt so viele wie noch im Quartal davor.
„Die Stadt Frankfurt ist Sicherer Hafen und hat im vergangenen Jahr weit mehr geflüchtete Menschen aufgenommen als ihr zugewiesen wurden. Daher gab es in diesem Jahr bislang keine Zuweisungen. Das hat uns einen kleinen Puffer gebracht“, sagte Voitl letzte Woche. Insgesamt leben in den 67 Übergangsunterkünften der Stadt Frankfurt sowie in 33 eigens dafür angemieteten Hotels derzeit 4910 Geflüchtete und 3827 Wohnungslose (Stand: 9. Oktober 2023).
Darüber hinaus gibt es zwei Notunterkünfte, die seit der Fluchtbewegung im Jahr 2016 im Auftrag der Stadt Frankfurt betrieben werden und deren Hallenplätze derzeit leer stehen. Man habe sie zur Sicherheit weiterhin vorgehalten – eine gute, vorausschauende und hilfreiche Entscheidung, wie die Sozialdezernentin findet. Das Problem seien jedoch nicht die Geflüchteten, sondern der Frankfurter Wohnungsmarkt, der ihnen kaum eine Chance biete, eine eigene Wohnung mit eigenem Mitvertrag zu finden.
Stattdessen müssen sie in den Übergangsunterkünften wohnen bleiben, die oftmals überfüllt und überholungsbedürftig sind. Eine vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) betriebene Unterkunft in Bockenheim mit rund 200 Wohneinheiten wurde erst kürzlich umgebaut, sodass dort künftig Familien mit Kindern untergebracht werden können. Die Küche und die sanitären Einrichtungen wurden renoviert. Eine weitere Unterkunft des DRK mit 35 Wohneinheiten wurde in Bonames neu eröffnet, eine Schwanheimer Unterkunft der Diakonie Frankfurt und Offenbach wurde ebenfalls umgebaut.
Unterdessen hat die Bundesregierung bereits im Sommer das Gesetz zur Fachkräfteeinwanderung erlassen, dessen Regelungen teilweise schon diesen November in Kraft treten, die restlichen Teile dann ab März beziehungsweise Juni 2024. Kurz zusammengefasst steht es auf der Internetseite der Bundesregierung: „Wer zwei Jahre Berufserfahrung und einen Abschluss im Heimatland hat, kann als Fachkraft nach Deutschland kommen.“ Die Verdienstgrenze für die Blaue Karte werde abgesenkt, außerdem werde eine Chancenkarte mit einem Punktesystem eingeführt.
Angesichts dieser Gesetzesänderung sowie dem andauernden Krieg in der Ukraine rechnet Ordnungsdezernentin Annette Rinn (FDP) künftig mit einem „deutlich erhöhten Arbeitsaufkommen für die Ausländerbehörde“ in Frankfurt. Um diese zu entlasten sollen 250 000 Euro aus den Budgetresten des Vorjahres bereitgestellt werden, weiß die Frankfurter Rundschau. Zudem wolle man drei Zeitarbeitskräfte für ein Jahr lang einstellen und vorhandene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fortbilden.
Ob und inwiefern 250 000 Euro und drei befristete Arbeitskräfte die Probleme der Ausländerbehörde in Frankfurt lösen werden, ist fraglich. Zuletzt stand die Behörde mit ihrem neuen Online-Portal in der Kritik, das den Antragsstau bewältigen sollte. Der Knackpunkt: Während die Anträge zwar in zehn Sprachen zum Download bereitstanden, war die Nutzungsoberfläche des Portals nur auf Deutsch.
27. Oktober 2023, 16.57 Uhr
Sina Claßen
Sina Claßen
Studium der Publizistik und des Öffentlichen Rechts an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Oktober 2023 beim Journal Frankfurt. Mehr von Sina
Claßen >>
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