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8. März – Internationaler Frauentag
„Trans Frauen sind Frauen – auch wenn manche uns das absprechen“
Was fordern trans Frauen am 8. März, dem internationalen Frauentag? Sue Ehmisch wünscht sich im Interview mit dem JOURNAL FRANKFURT Zusammenhalt von allen Frauen.
JOURNAL FRANKFURT: Sie waren lange Zeit Vorständin im Bündnis Akzeptanz und Vielfalt. Sind Sie immer noch aktiv?
Sue Ehmisch: Ich war von 2018 bis 2022 Mitglied im Bündnis Akzeptanz und Vielfalt Frankfurt. Im Februar 2019 war ich dann eines der Gründungsmitglieder des Fördervereins Akzeptanz und Vielfalt, in dessen Vorstand ich 2021 gewählt wurde. Im Dezember trat ich dann sowohl aus dem Bündnis als auch aus dem Förderverein aus. Ich bin und werde aber weiterhin in der Community als freie trans Aktivistin aktiv sein.
Wie akzeptiert fühlen Sie sich in Frankfurt als trans Frau?
Ich fühle mich als trans Frau in der queeren Community akzeptiert. Das liegt sicher zum Teil an meinen Redebeiträgen bei Kundgebungen wie dem Transgender Day of Remembrance, oder Solikundgebungen gegen queerfeindliche Gewalt in Frankfurt. Das war etwa nach dem Angriff 2021 auf Fabienne, einer Transidenten Frau aus Frankfurt, oder 2022 gegen Electra Pain, einer Dragqueen, sowie nach dem homophoben Angriff auf Manuel Irlbeck. All diese Angriffe fanden im Bereich Regenbogen Viertel/ Konstabler Wache statt.
trans Frauen werden öfter Opfer von Gewalt und Übergriffen
Die Politik spricht von Solidarität, doch die Übergriffe auf trans Menschen nehmen eher zu. Woran könnte das liegen?
Die Politik ist mit uns solidarisch und nimmt unsere Sorgen und Ängste ernst, das gilt auch für die Polizei. Woran es liegt, das trans Frauen öfter Opfer von Gewalt und Übergriffen werden, die Frage ist nicht einfach zu beantworten, zumal für mich nicht nur die körperliche Gewalt sondern auch die verbale Gewalt dazu zählen.
Was wäre ein Erklärungsansatz?
Wir trans Frauen fallen auf, ohne dass wir es wollen. Da ist zum einen unser Aussehen, ich zum Beispiel gehe generell nie ungeschminkt aus dem Haus, ich will als der Mensch wahrgenommen werden, der ich bin: eine Frau! Unsere Stimme ist etwas tiefer, egal ob wir ein Kleid oder Jeans tragen, einige Menschen in unserem Umfeld stört das. Wir werden angepöbelt, ausgelacht oder auch körperlich angegriffen.
Ist Ihnen das auch passiert?
Körperlich wurde ich bisher noch nicht angegriffen, dafür aber mehrmals verbal, zuletzt hier auf der Hauptwache. Es war im letzten Sommer, da fiel ich einem Jugendlichen auf, der mir dann diese Fragen stellte: „Sind Sie ein Mann oder sind Sie eine Frau, sind Sie schon geoutet …“ Das bekamen viele Menschen mit, nur gesagt hat niemand etwas. Für mich war es sehr beleidigend, ich fühlte mich hilflos und hatte auch Angst, da ich nicht wusste, was kommt als nächstes. Meine einzige Reaktion war, er solle mich in Ruhe lassen!
Trans Frauen sind Frauen - daran ändern auch Frauen nichts, die uns unser Frausein absprechen
In den sozialen Medien gibt es eine Bewegung von Frauen, die gegen trans Menschen mobil machen und auch trans Frauen ihr Frausein absprechen. Wie gehen Sie mit solchen Angriffen um?
Laut Gesetz sind trans Frauen Frauen, und daran ändern auch die Frauen nichts, welche uns unser Frausein absprechen. Ich bin mit vielen Frauen befreundet, einige kenne ich seit meinem Coming Out 2018, und - oh Wunder - für sie alle bin ich eine Frau. Von den oben erwähnten Bewegungen*(TERFs) werden gezielt falsche Behauptungen aufgestellt, die teilweise so absurd sind, dass man nur noch den Kopf schütteln kann.
*TERFs= Trans-Exclusionary Radical Feminism (Trans-ausschließender radikaler Feminismus).
Haben Sie Beispiele?
Eine davon ist zum Beispiel, wir würden in geschützte Frauenräume eindringen. Warum sollten wir das tun? Gerne genannt werden Toiletten oder Umkleideräume und Duschen für Frauen in Schwimmbädern. Mein erstes Mal nach meinem Coming Out, in der Dusche eines Schwimmbades, hat keine der anwesenden Frauen gestört. Denn ich trug einen Badeanzug und hatte mir im Duschraum eine der freien Duschkabinen ausgesucht. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, mich nackt in dem Duschraum zu zeigen. Leider glauben viele den Unsinn, der von diesen Bewegungen verbreitet wird.
Bei Angriffen von TERFs hilft nur Aufklärung
Bei solchen Angriffen hilft nur Aufklärung, aber dabei müssen uns alle Frauen unterstützen, die nicht diesen Bewegungen angehören.
„Das Geschlecht sitzt nicht zwischen den Beinen, sondern zwischen den Ohren“, haben Sie in einem Interview gesagt. Warum sind gerade viele Frauen so genitialienfixiert?
Ja, das habe ich in einem Interview genau so gesagt. Da viele davon reden, Männer würden mit ihrem Genital denken, doch das ist leider falsch. Denn denken können Frauen und auch Männer nur mit ihrem Gehirn.
Aber sind nicht die Terfs genitalfixiert, die Geschlecht einzig an Genitalien festmachen?
Das ist ganz sicher so, aber woher wollen Frauen aus diesen Bewegungen denn wissen, wie unsere Körper unter unserer Kleidung aussehen? Denn ob eine trans Frau ihre geschlechtsangleichende OP hatte oder nicht, das sieht man uns nicht an. Unsere Brüste sind nicht anders als bei anderen Frauen auch. Auch die eventuell tiefen Stimmen … Es gab und gibt viele Frauen mit einer sehr tiefen Stimme. Am evtl. vorhandenem Bartschatten kann man es auch nicht erkennen, denn es gibt viele Frauen, die einen Damenbart haben.
Die Ampel-Regierung will das Selbstbestimmungsgesetz in diesem Jahr umsetzen. Was wird sich für transidente Menschen verbessern?
Auf das Selbstbestimmungsgesetz warten wir jetzt schon sehr lange. Es soll das Transsexuellen Gesetz (TSG) ersetzen, denn dieses ist menschenverachtend, und wird von vielen trans Frauen aus diesem Grund auch abgelehnt. Für unsere Vornamens- und Personenstandsänderung benötigen Transidente Menschen zurzeit zwei psychiatrische Gutachten, der Name sagt es schon. Man wird begutachtet, das kostet ca.1500 Euro und die darf die Transidente Person selbst zahlen.
Wer bestimmt die Gutachter?
Die Gutachter werden vom Gericht bestimmt, die Frage der Psychiater könnten etwa sein, ob man Sex mit einem Mann hat. Was hat diese Frage mit der Änderung des Vornamens und des Personenstands zu tun?
Bei einer Gesetzesänderung fällt die Begutachtung weg, auch genügt es dann, vorm Standesamt zu erklären, wie ich jetzt heißen möchte. Und dass ich meinen Geschlechtseintrag von männlich in weiblich ändern möchte. Das ist nur eine der Änderungen, und diese stört schon jetzt die TERFs. Denn die behaupten, dass man seinen Namen und Geschlecht öfters ändern könnte. Aber das wird keine Transidente Person machen.
Was wünschen Sie sich bis zum nächsten Weltfrauentag?
Bis zum nächsten Weltfrauentag wünsche ich mir, das alle Frauen dieser Welt, egal ob Lesbisch, Heterosexuell oder Transident, solidarisch zusammenhalten, denn Frau ist Frau!
_____________________________________________________________
Zur Person:
Sue Ehmisch ist eine 70-jährige Transidente Frau, sie ist verheiratet und hat zwei Kinder und vier Enkelkinder. Geoutet hat sie sich im Januar 2018, im Juli 2018 hat sie mit einer Hormon- Ersatz-Therapie (HET) begonnen. Vornamens- und Personenstandsänderung folgte im Februar 2019, die geschlechtsangleichende OP im Januar 2022
Ihr Profilspruch: Ich bin anders, na und!
Sue Ehmisch: Ich war von 2018 bis 2022 Mitglied im Bündnis Akzeptanz und Vielfalt Frankfurt. Im Februar 2019 war ich dann eines der Gründungsmitglieder des Fördervereins Akzeptanz und Vielfalt, in dessen Vorstand ich 2021 gewählt wurde. Im Dezember trat ich dann sowohl aus dem Bündnis als auch aus dem Förderverein aus. Ich bin und werde aber weiterhin in der Community als freie trans Aktivistin aktiv sein.
Wie akzeptiert fühlen Sie sich in Frankfurt als trans Frau?
Ich fühle mich als trans Frau in der queeren Community akzeptiert. Das liegt sicher zum Teil an meinen Redebeiträgen bei Kundgebungen wie dem Transgender Day of Remembrance, oder Solikundgebungen gegen queerfeindliche Gewalt in Frankfurt. Das war etwa nach dem Angriff 2021 auf Fabienne, einer Transidenten Frau aus Frankfurt, oder 2022 gegen Electra Pain, einer Dragqueen, sowie nach dem homophoben Angriff auf Manuel Irlbeck. All diese Angriffe fanden im Bereich Regenbogen Viertel/ Konstabler Wache statt.
trans Frauen werden öfter Opfer von Gewalt und Übergriffen
Die Politik spricht von Solidarität, doch die Übergriffe auf trans Menschen nehmen eher zu. Woran könnte das liegen?
Die Politik ist mit uns solidarisch und nimmt unsere Sorgen und Ängste ernst, das gilt auch für die Polizei. Woran es liegt, das trans Frauen öfter Opfer von Gewalt und Übergriffen werden, die Frage ist nicht einfach zu beantworten, zumal für mich nicht nur die körperliche Gewalt sondern auch die verbale Gewalt dazu zählen.
Was wäre ein Erklärungsansatz?
Wir trans Frauen fallen auf, ohne dass wir es wollen. Da ist zum einen unser Aussehen, ich zum Beispiel gehe generell nie ungeschminkt aus dem Haus, ich will als der Mensch wahrgenommen werden, der ich bin: eine Frau! Unsere Stimme ist etwas tiefer, egal ob wir ein Kleid oder Jeans tragen, einige Menschen in unserem Umfeld stört das. Wir werden angepöbelt, ausgelacht oder auch körperlich angegriffen.
Ist Ihnen das auch passiert?
Körperlich wurde ich bisher noch nicht angegriffen, dafür aber mehrmals verbal, zuletzt hier auf der Hauptwache. Es war im letzten Sommer, da fiel ich einem Jugendlichen auf, der mir dann diese Fragen stellte: „Sind Sie ein Mann oder sind Sie eine Frau, sind Sie schon geoutet …“ Das bekamen viele Menschen mit, nur gesagt hat niemand etwas. Für mich war es sehr beleidigend, ich fühlte mich hilflos und hatte auch Angst, da ich nicht wusste, was kommt als nächstes. Meine einzige Reaktion war, er solle mich in Ruhe lassen!
Trans Frauen sind Frauen - daran ändern auch Frauen nichts, die uns unser Frausein absprechen
In den sozialen Medien gibt es eine Bewegung von Frauen, die gegen trans Menschen mobil machen und auch trans Frauen ihr Frausein absprechen. Wie gehen Sie mit solchen Angriffen um?
Laut Gesetz sind trans Frauen Frauen, und daran ändern auch die Frauen nichts, welche uns unser Frausein absprechen. Ich bin mit vielen Frauen befreundet, einige kenne ich seit meinem Coming Out 2018, und - oh Wunder - für sie alle bin ich eine Frau. Von den oben erwähnten Bewegungen*(TERFs) werden gezielt falsche Behauptungen aufgestellt, die teilweise so absurd sind, dass man nur noch den Kopf schütteln kann.
*TERFs= Trans-Exclusionary Radical Feminism (Trans-ausschließender radikaler Feminismus).
Haben Sie Beispiele?
Eine davon ist zum Beispiel, wir würden in geschützte Frauenräume eindringen. Warum sollten wir das tun? Gerne genannt werden Toiletten oder Umkleideräume und Duschen für Frauen in Schwimmbädern. Mein erstes Mal nach meinem Coming Out, in der Dusche eines Schwimmbades, hat keine der anwesenden Frauen gestört. Denn ich trug einen Badeanzug und hatte mir im Duschraum eine der freien Duschkabinen ausgesucht. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, mich nackt in dem Duschraum zu zeigen. Leider glauben viele den Unsinn, der von diesen Bewegungen verbreitet wird.
Bei Angriffen von TERFs hilft nur Aufklärung
Bei solchen Angriffen hilft nur Aufklärung, aber dabei müssen uns alle Frauen unterstützen, die nicht diesen Bewegungen angehören.
„Das Geschlecht sitzt nicht zwischen den Beinen, sondern zwischen den Ohren“, haben Sie in einem Interview gesagt. Warum sind gerade viele Frauen so genitialienfixiert?
Ja, das habe ich in einem Interview genau so gesagt. Da viele davon reden, Männer würden mit ihrem Genital denken, doch das ist leider falsch. Denn denken können Frauen und auch Männer nur mit ihrem Gehirn.
Aber sind nicht die Terfs genitalfixiert, die Geschlecht einzig an Genitalien festmachen?
Das ist ganz sicher so, aber woher wollen Frauen aus diesen Bewegungen denn wissen, wie unsere Körper unter unserer Kleidung aussehen? Denn ob eine trans Frau ihre geschlechtsangleichende OP hatte oder nicht, das sieht man uns nicht an. Unsere Brüste sind nicht anders als bei anderen Frauen auch. Auch die eventuell tiefen Stimmen … Es gab und gibt viele Frauen mit einer sehr tiefen Stimme. Am evtl. vorhandenem Bartschatten kann man es auch nicht erkennen, denn es gibt viele Frauen, die einen Damenbart haben.
Die Ampel-Regierung will das Selbstbestimmungsgesetz in diesem Jahr umsetzen. Was wird sich für transidente Menschen verbessern?
Auf das Selbstbestimmungsgesetz warten wir jetzt schon sehr lange. Es soll das Transsexuellen Gesetz (TSG) ersetzen, denn dieses ist menschenverachtend, und wird von vielen trans Frauen aus diesem Grund auch abgelehnt. Für unsere Vornamens- und Personenstandsänderung benötigen Transidente Menschen zurzeit zwei psychiatrische Gutachten, der Name sagt es schon. Man wird begutachtet, das kostet ca.1500 Euro und die darf die Transidente Person selbst zahlen.
Wer bestimmt die Gutachter?
Die Gutachter werden vom Gericht bestimmt, die Frage der Psychiater könnten etwa sein, ob man Sex mit einem Mann hat. Was hat diese Frage mit der Änderung des Vornamens und des Personenstands zu tun?
Bei einer Gesetzesänderung fällt die Begutachtung weg, auch genügt es dann, vorm Standesamt zu erklären, wie ich jetzt heißen möchte. Und dass ich meinen Geschlechtseintrag von männlich in weiblich ändern möchte. Das ist nur eine der Änderungen, und diese stört schon jetzt die TERFs. Denn die behaupten, dass man seinen Namen und Geschlecht öfters ändern könnte. Aber das wird keine Transidente Person machen.
Was wünschen Sie sich bis zum nächsten Weltfrauentag?
Bis zum nächsten Weltfrauentag wünsche ich mir, das alle Frauen dieser Welt, egal ob Lesbisch, Heterosexuell oder Transident, solidarisch zusammenhalten, denn Frau ist Frau!
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Zur Person:
Sue Ehmisch ist eine 70-jährige Transidente Frau, sie ist verheiratet und hat zwei Kinder und vier Enkelkinder. Geoutet hat sie sich im Januar 2018, im Juli 2018 hat sie mit einer Hormon- Ersatz-Therapie (HET) begonnen. Vornamens- und Personenstandsänderung folgte im Februar 2019, die geschlechtsangleichende OP im Januar 2022
Ihr Profilspruch: Ich bin anders, na und!
8. März 2023, 12.45 Uhr
Katja Thorwarth
Katja Thorwarth
Die gebürtige Frankfurterin studierte an der Goethe-Uni Soziologie, Politik und Sozialpsychologie. Ihre journalistischen Schwerpunkte sind Politik, politisches Feuilleton und Meinung. Seit März 2023 Leitung online beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Katja
Thorwarth >>
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