Als Hitler-Attentäter Graf von Stauffenberg verkleidet besuchte Martin Sonneborn, ehemaliger Titanic-Chefredakteur und Bundesvorsitzender von DIE PARTEI, am Freitagnachmittag die Buchmesse. Die Aktion stellte einen Protest gegen rechte Verlage und den Auftritt Björn Höckes dar.
Ronja Merkel /
Nachdem bekannt geworden war, dass Björn Höcke auch dieses Jahr wieder die Buchmesse besuchen wolle, ließ es sich DIE PARTEI nicht nehmen, dem AfD-Politiker ein Empfangskomitee zu schicken. Bundesvorsitzender Martin Sonneborn reiste anlässlich der für Freitagnachmittag geplanten Lesung Höckes extra nach Frankfurt, um dort als Graf von Stauffenberg verkleidet die Buchmesse zu besuchen. In Anlehnung an das versuchte Hitler-Attentat, plante Sonneborn eine Aktentasche auf dem Lesepult Höckes abzulegen.
Bereits vor dem offiziellen Beginn der Lesung tummelten sich zahlreiche Schaulustige rund um den Veranstaltungsort, die Polizei sperrte den Bereich jedoch weitläufig ab und ließ nur Mitglieder der Presse und einzelne Messe-Besucher durch. Sonneborn wurde der Zugang verweigert, laut Polizei sei die SS-Uniform, die er während der Protestaktion trug, eine Provokation. Der Versuch Sonneborns über den Notausgang des Treppenhauses zur Lesung zu kommen, scheiterte am Sicherheitspersonal. Der Stadtverordnete Nico Wehnemann betonte, dass man keinen Konflikt suche und es auch im Interesse der Partei sei, Tumulte, wie sie im vergangenen Jahr vorgekommen waren, zu vermeiden. Weitere Versuche zu Höckes Veranstaltung vorzudringen, blieben daher aus; Sonneborn und die übrigen Partei-Mitglieder besuchten stattdessen den Stand der Jungen Freiheit. Wehnemann war dort bereits früher am Tag von Stand-Mitarbeitern der Zutritt verweigert worden. Es sei ausgesprochen ärgerlich, dass die Verantwortlichen der Buchmesse einmal mehr verhindert haben, dass man den Rechten den „Garaus“ machen konnte, sagte Wehnemann nach der Protestaktion.
Während die Polizei zwar pflichtschuldig, aber doch mit professioneller Gelassenheit ihrer Aufgabe nachging, schien das zusätzlich georderte Sicherheitspersonal der Messe mit der Gesamtsituation überfordert zu sein. Die fast schon hysterische Aufregung, mit der auch von Kathrin Grün, Leiterin der Kommunikationsabteilung der Buchmesse, eingeladene Journalisten beim Einlass kontrolliert wurden, ließ einiges an Angst erkennen. Wirklich beängstigend war dabei jedoch vor allem ein kleiner Teil des Publikums: eine Handvoll junger Männer, die breitschultrig, in Anzug und mit akkuratem Seitenscheitel stramm im Raum verteilt standen und jeden musterten, der hinein oder hinaus wollte. Die Lesung Höckes selbst verlief unspektakulär. Als „sterbenslangweilig“ bezeichnete auch Grün die Veranstaltung. Etwas anderes war von dem AfD-Politiker aber auch kaum zu erwarten.
Deniz Yücel trifft auf Graf von Stauffenberg (Foto: Nico Wehnemann)
Jahrgang 1989, Kunsthistorikerin, von Mai 2014 bis Oktober 2015 leitende Kunstredakteurin des JOURNAL FRANKFURT, von September 2018 bis Juni 2021 Chefredakteurin.