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Nach Schläger-Attacke gegen 22-Jährigen

Wie eine Frankfurter Polizeimeldung nach Kroatien findet – und als Fake News zurückkommt

Ist der 22-Jährige gestorben, der in Alt-Sachsenhausen von Schlägern angegriffen wurde? Ein Facebook-Eintrag eines Fotografen aus Norddeutschland behauptete das. Auf der Spur einer Fake News.
Die Meldung im November schlug Wellen. Ein 22-Jähriger wurde von einer Bande Jugendlicher zusammengeschlagen, so sehr, dass er schwer verletzt ins Krankenhaus kam. Er ist noch immer nicht vernehmungsfähig, wenngleich er aus dem Koma erwacht ist. Auch das Journal Frankfurt berichtete – und musste sich Kritik gefallen lassen, nicht vollumfänglich zu berichten, weil die vermuteten Herkunftsländer der Täter in dem Bericht fehlen.

Zu dem Opfer wissen wir aber: Er ist eines mit Sicherheit nicht – tot. Und er ist auch nicht der Mann auf dem obigen Bild, das der Fotograf Markus Hibbeler auf seiner Facebook-Seite verbreitete:


Foto und Name des vermeintlichen Opfers haben wir unkenntlich gemacht.

Hibbeler hat auf Facebook etliche Tausend Follower – und informiert diese auch über Nachrichten, die er in den Medien für, sagen wir mal, unterrepräsentiert hält. Besonders die Gefahren, die von Flüchtlingen ausgingen, machen ihm Sorgen.

Hier nun regt er sich darüber auf, dass die deutschen Medien nicht über den Tod von Igor S. berichten. Die Meldung, gepostet am 22. Dezember, verbreitet sich rasend schnell – und wird wie bei dieser Faktenlage üblich kommentiert. Neben vielen Beileidsbekundungen heißt es dort auch: "Die Medien sind ganz in linker Hand, die werden sowas nicht berichten."

Fünf Tage später haben weit über 3000 Menschen den Post geteilt, eine auch für Hibbeler erstaunliche Menge. Das hängt vermutlich damit zusammen, das hier eine für die Followerschaft erstaunliche Gemengelage entstanden ist: Ausländer prügeln jungen Mann tot – und keiner will darüber berichten. Soll hier etwa etwas verheimlicht werden?

Schon bald greifen Portale wie unzensuriert oder Journalisten-Watch die Nachricht auf, letztere Seite betitelt sie mit den Worten: "Afrikaner prügelt 'Passanten' tot – und keinen interessiert’s".

Laut Staatsanwaltschaft Frankfurt ist der Mann aber am Leben. Nach den Tätern werde gleichwohl noch gefahndet, Zeugen würden immer noch gesucht. Die Staatsanwaltschaft sagt auch: Das von Hibbeler verbreitete Foto zeige nicht das Opfer, dessen Name sei auch nicht Igor S.

Markus Hibbeler meldet sich nach unserer Anfrage schnell, sagt am Telefon, ihm sei das Herz in die Hose gerutscht, als er erfahren habe, dass das Opfer noch am Leben sei. "Ich will eines nicht: Etwas Falsches verbreiten", sagt er und verspricht, den ursprünglichen Post zu löschen. Dies tut er auch – und postet zugleich eine Richtigstellung, in der es heißt: "Ich bedauere das sehr, da es mir immer wichtig ist, keine Falschmeldungen zu verbreiten. Bei allen möchte ich mich hiermit entschuldigen."

Im Gespräch sagt er, dass er von einer Bloggerin auf die Geschichte von Igor S. aufmerksam gemacht worden sei, seine Recherche habe ihn rasch zu kroatischen Medien geführt, die ebenso über den Todesfall berichteten. In der Tat ist der Name Igor S. in mehreren Artikeln zu finden, etwa beim Fenix-Magazin. Dort heißt es, Herr S. sei zur fraglichen Zeit in Frankfurt gewesen, es sei Alkohol im Spiel gewesen, man habe ihn auf einer Parkbank gefunden – bereits im Koma. Das Magazin meint: Igor S. könnte das Opfer der Prügelattacke sein – auch wenn die Polizei das nicht bestätigt habe. Wahr ist: Igor S. hatte nichts mit dem im selben Artikel geschilderten Vorfall zu tun.

Die Richtigstellung von Markus Hibbeler erregt nur wenig Aufmerksamkeit. Etwas über 30 Shares, ziemlich unterdurchschnittlich. Da hat es die neueste Meldung auf seiner Facebook-Seite schon leichter. In wenigen Minuten wird sie über 100 Mal geteilt. Die Nachricht stammt aus der Bild-Zeitung. Überschrift: "Afghane (15) ersticht deutsches Mädchen."

Lesen Sie dazu auch: Wie digitale Stämme Fake News verbreiten – ein Interview mit dem Kulturwissenschaftler Michael Seemann
 
Fotogalerie:
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27. Dezember 2017, 22.03 Uhr
Nils Bremer
 
 
 
 
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