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Erzeugermarkt auf der Konstablerwache:

Eine Frau mit großem Marktwert

Seit 1989 gibt es den Erzeugermarkt auf der Konstablerwache. Die Gemüse- und Obstverkäuferin Lore Bäuscher ist von Anfang an dabei. Und Besucher des Markts freuen sich auf schöne Begegnungen. Ein Besuch.
Lore Bäuscher ist eine Marke: Herzlich, patent und robust. Die 77-Jährige steht bereits seit der Gründung des Erzeugermarktes bei Wind und Wetter an der Konstablerwache hinter ihrem Stand. Jeden Morgen steht sie gegen halb vier oder auch etwas später – je nach dem, wann der Markt öffnet – auf und fährt zusammen mit ihrem Enkel die Waren an den Platz. Egal, wie anstrengend ihre Arbeit ist: Lore Bäuscher verliert nie ihr strahlendes Lächeln. „Die Lore, die ist die Beste, die Allerbeste“, ruft ein Kunde während ich mit ihr plausche. Im Laufe unseres Gesprächs, wird der Herr nicht der Einzige bleiben, der voll der Anteilnahme und Lobes für die tüchtige Marktfrau ist.



Kürzlich war sie dann wohl doch mal krank. Zu Hause geblieben ist sie aber nicht – es muss ja weitergehen. Gerade erkundigt sich wieder eine ältere Dame nach ihrem Befinden: „Ach, mir geht’s schon wieder viel besser“, ruft die Marktfrau, „der blöde Reizhusten hat mich die letzten Nächte auf Trab gehalten!“ Ansonsten sei sie aber fit wie ein Turnschuh, sagt sie. Das läge an der vielen Arbeit: „Die hat mir nicht geschadet, ganz im Gegenteil! Ich kann noch wunderbar laufen und ertrage sehr viel Druck“, sagt sie mit überzeugter Stimme.

Dabei hatte Lore Bäuscher als sie jung war gar nichts mit Landwirtschaft, Gemüse und Marktarbeit am Hut. Die gelernte Modistin fand erst durch ihren Mann zu ihrem jetzigen Beruf. Der war als Bub bei seiner Oma auf dem Land groß geworden und träumte davon, seinen Installateurs-Job an den Nagel zu hängen, um in die Landwirtschaft zu gehen. „Ich habe aus Liebe geheiratet und dann habe ich auch aus Liebe bei seinem Traum mitgemacht“, schmunzelt Lore Bäuscher. 1962 gründen die beiden in Bad Weilbach einen landwirtschaft­lichen Lohnbetrieb, kurz darauf bauen sie in Lore Bäuschers Heimatort Flörsheim-Wicker einen Aussied-lerhof. Lore Bäuscher kümmert sich um die Erdbeeren und das Gemüse, ihr Mann arbeitet mit den Landma-schinen. 1965 geht sie das erste Mal mit ihren Erzeugnissen auf einen Markt: In Höchst bietet sie dreimal die Woche Obst, Spinat, Bohnen und Erbsen an. 1979 startet sie dann ihren saisonalen Erdbeerenverkauf in der Kinopassage in Frankfurt.



Im Winter, wenn nicht so viel zu tun ist, näht sie immer noch gerne Hüte und Kostüme für die Mainzer Fastnacht und für das Theater. 1989 ist sie schließlich eines von sechs Gründungsmitgliedern des Erzeuger-marktes auf der Konstablerwache, hinter dessen Konzept die Marktfrau immer noch komplett steht: „Ich kaufe immer nur regionale und saisonale Produkte. Das ist eine ganz andere Qualität. Auf Fast Food verzichte ich ganz und bei Aldi und Rewe werden Sie mich auch nicht sehen. Wenn, dann hole ich meinen Bedarf direkt vom Bauern oder beim Kollegen auf dem Markt, denn hier gibt es doch alles, was man braucht: Gemüse, Blumen, Fisch und Fleisch. Und alles ist aus der Umgebung und ganz frisch“, sagt sie überzeugt und zeigt auf den Lammstand nebenan.



„Die Leute wollen Trauben im Winter und Kiwis von Übersee. Das verstehe ich nicht. Wir haben doch auch so viele tolle Obst- und Gemüsesorten, die man auch im Winter essen kann. Zum Beispiel die hier!“ Vor Lore Bäuscher türmt sich ein riesiger Berg frischer Grünkohl. Daneben reihen sich knackige Äpfel, Rot- und Weißkohl sowie Sellerie. „Mit dem oder auch Karotten und Lauch kann man wunderbar Salate zubereiten. Das sind wahre Vitaminbomben. Da braucht keiner Superfoods. Zweimal die Woche eine Portion Grünkohl reicht.“, erklärt sie.

Lore Bäuscher isst am liebsten Wirsing mit Schnitzel und Kartoffeln. „Wenn die Leute sich einfacher ernähren würden und das essen würden, was aus ihrer Region stammt, dann würde es ihnen gut gehen. So wie meinen Vorfahren, denn die sind immer gesund geblieben.“ Lore Bäuscher hat diese Einstellung in jedem Fall nicht geschadet. Die rüstige Frau ist tatkräftig wie eh und je. Als ihr Mann vor 17 Jahren verstarb, schmiss sie 10 Jahre alles ganz allein. Dann lernte sie Ihren jetzigen Lebensgefährten kennen, der sie in jeder Lebenslage unterstützt. Außerdem geht ihr seit einiger Zeit ihr Enkel zur Hand, den sie langsam aber stetig anlernt.



„Ich liebe die Arbeit und so lange ich gesund bin, mache ich weiter. Aber für den Fall, dass es nicht mehr geht, brauche ich meinen Neffen Christoph. Dieser Job kostet Kraft!“ Deshalb hat sie bis März auf dem Erzeugermarkt Winterpause. Wer bis dahin trotzdem nicht auf das Gemüse von Lore Bäuscher verzichten möchte, muss aber nicht verzweifeln: In ihrem Bauernladen in Bockenheim geht der Verkauf Donnerstag bis Samstag von 10 bis 19 Uhr weiter. Lore Bäuscher tankt aber erstmal neue Energie: Zwei Wochen im Jahr fliegt sie immer ins Warme, dieses Mal geht es nach Gran Canaria. „Da lasse ich mich mal bedienen und schlafe aus!“, sagt die Marktfrau mit einem Augenzwinkern und wendet sich schon dem nächsten Kunden zu.

Und was sagen die Besucher des Erzeugermarktes? Sehen Sie hier:
 
Fotogalerie:
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3. März 2017, 11.26 Uhr
Katharina Bruns
 
 
 
 
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