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Blockupy-Proteste 2015
Dumm, ignorant, kontraproduktiv
Die Ziele von Tausenden friedlichen Demonstranten wurden durch die Gewalt von wenigen ad absurdum geführt. Was bleiben wird, ist nicht die notwendige Debatte über die Krisenpolitik, sondern Bilder brennender Autos.
Wenn Blockupy-Anmelder und Linken-Politiker Ulrich Wilken sagt, die Gewalt komme nun in jene Stadt, von der sie durch die EZB-Politik ausgehe, dann ist das mehr als eine verkürzte Weltsicht. Wenn schwarzvermummte Demonstranten einem Journalisten androhen, ihm das Handy kaputtzumachen, dann ist das mehr als ein plumper Eingriff in die Pressefreiheit. Und wenn Straßenbahnen beschmiert, Autos wahllos angezündet, Feuerwehrleute mit Steinen beworfen werden, dann zeigen sich darin vor allem zwei Dinge: Erstens, dass das Blockupy-Bündnis die Kontrolle über einen Teil seiner Bewegung verloren hat. Und zweitens dass hier ein Demo-Tourismus eingesetzt hat, der die notwendigen Debatten scheut und eine Vereinfachung der Weltlage zum Programm erhoben hat, um simpelsten revolutionären Gedanken nachzuhängen, die vom Großteil der Bevölkerung eben nicht geteilt werden. Es ist ein fast schon faschistoider Gedankenzug zu glauben, die Revolution in den Köpfen werde schon einsetzen, wenn die Gewalt erst einmal auf die Straße gebracht wurde.
Der Linken-Politikerin Janine Wissler muss man da für ihre Reaktion wiederum mehr als dankbar sein. Kopfschüttelnd stand sie Mittwochmittag auf dem Römerberg und gab ihr Unverständnis über die Gewalt gegen Menschen und gegen Sachen Ausdruck. "Was wird von dieser Demonstration, was wird von dieser eigentlich sehr guten, fröhlichen Stimmung bei den meisten Demonstranten bleiben?" Zugleich sagt sie: Wie soll man das verhindern? Wie soll man die Gewalttäter ausschließen?
Nun, vielleicht, in dem man sich von vornherein eindeutig von ihnen distanziert. Das aber ist nicht geschehen. Im Gegenteil: Das Blockupy-Bündnis hat sich sprachlich einer Metaphorik bedient, die den ausgerollten Stacheldrähten der Polizei in nichts nachsteht. Rhetorisch hält man es dialektisch: Gewalt, natürlich nicht, aber Widerstand von der Straße schließt die natürlich auch nicht aus. Siehe auch das Zitat von Ulrich Wilken oben. Oder in den Worten von Blockupy-Sprecher Christoph Kleine: "Wenn wir über Gewalt sprechen, müssen wir zuallererst über die tödliche, existenzielle Gewalt gegenüber den Menschen in Griechenland sprechen. Und wir müssen über die Gewalt der Polizei sprechen, über den massiven Einsatz von Tränengasgranaten und Wasserwerfern. Wenn wir das ins Verhältnis gesetzt haben, müssen wir auch sagen: Es gab neben vielen Aktionen im Rahmen unseres Konsenses bei den Protesten am Vormittag auch Aktionen, die wir nicht gewollt haben und nicht gut finden."
Zwei Tage vor dem Protest war auf der Blockupy-Website in einem Beitrag der interventionistischen Linken zu lesen: "Das ist für uns der politische Kern von Blockupy – heute schon aufblitzen zu lassen, was eine kommende radikale gesellschaftliche Linke sein könnte. Auch Götter können sterben, wenn niemand mehr an sie glaubt." Was für eine schöne Lyrik! Nur verkennt sie leider, dass wir über die Ausrichtung der Krisenpolitik eine Debatte brauchen, verkennt ebenso, dass sich dieser Debatte viele Menschen verschließen werden, die die Bilder von zerstörten Polizeiautos sehen oder von Straßenbahnen, auf die Vermummte mit Feuerlöschern zustürmen, als wäre die Linie 11 das Ziel und nicht etwa die Bundesregierung oder der IWF oder die EZB. Wer so auftritt, mit dem möchte man halt auch nicht diskutieren - erst recht nicht über eine neue Gesellschaftsordnung.
Der Linken-Politikerin Janine Wissler muss man da für ihre Reaktion wiederum mehr als dankbar sein. Kopfschüttelnd stand sie Mittwochmittag auf dem Römerberg und gab ihr Unverständnis über die Gewalt gegen Menschen und gegen Sachen Ausdruck. "Was wird von dieser Demonstration, was wird von dieser eigentlich sehr guten, fröhlichen Stimmung bei den meisten Demonstranten bleiben?" Zugleich sagt sie: Wie soll man das verhindern? Wie soll man die Gewalttäter ausschließen?
Nun, vielleicht, in dem man sich von vornherein eindeutig von ihnen distanziert. Das aber ist nicht geschehen. Im Gegenteil: Das Blockupy-Bündnis hat sich sprachlich einer Metaphorik bedient, die den ausgerollten Stacheldrähten der Polizei in nichts nachsteht. Rhetorisch hält man es dialektisch: Gewalt, natürlich nicht, aber Widerstand von der Straße schließt die natürlich auch nicht aus. Siehe auch das Zitat von Ulrich Wilken oben. Oder in den Worten von Blockupy-Sprecher Christoph Kleine: "Wenn wir über Gewalt sprechen, müssen wir zuallererst über die tödliche, existenzielle Gewalt gegenüber den Menschen in Griechenland sprechen. Und wir müssen über die Gewalt der Polizei sprechen, über den massiven Einsatz von Tränengasgranaten und Wasserwerfern. Wenn wir das ins Verhältnis gesetzt haben, müssen wir auch sagen: Es gab neben vielen Aktionen im Rahmen unseres Konsenses bei den Protesten am Vormittag auch Aktionen, die wir nicht gewollt haben und nicht gut finden."
Zwei Tage vor dem Protest war auf der Blockupy-Website in einem Beitrag der interventionistischen Linken zu lesen: "Das ist für uns der politische Kern von Blockupy – heute schon aufblitzen zu lassen, was eine kommende radikale gesellschaftliche Linke sein könnte. Auch Götter können sterben, wenn niemand mehr an sie glaubt." Was für eine schöne Lyrik! Nur verkennt sie leider, dass wir über die Ausrichtung der Krisenpolitik eine Debatte brauchen, verkennt ebenso, dass sich dieser Debatte viele Menschen verschließen werden, die die Bilder von zerstörten Polizeiautos sehen oder von Straßenbahnen, auf die Vermummte mit Feuerlöschern zustürmen, als wäre die Linie 11 das Ziel und nicht etwa die Bundesregierung oder der IWF oder die EZB. Wer so auftritt, mit dem möchte man halt auch nicht diskutieren - erst recht nicht über eine neue Gesellschaftsordnung.
18. März 2015, 15.18 Uhr
Nils Bremer
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