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Kolumne von Ana Marija Milkovic
Fuck the EU!
Unsere Kolumnistin hat die Bild gelesen, und dort den Artikel von Franz-Josef Wagner, in dem dieser behauptet, Peter Scholl-Latour sei seine Welt gewesen als kleiner Junge. Grund genug, den Text umzudichten.
Lieber Peter Scholl-Latour,
Sie waren der berühmteste Kriegsreporter Deutschlands. Jetzt sind Sie im Alter von 90 Jahren eines friedlichen Todes gestorben. Das ist gut für Sie, nur, mit Verlaub, was wird mit uns? Sie stammen noch aus der Generation, die den Tag mit einer Schusswunde begann und überlassen uns heute den Sesselfurzern, die uns aus dem Archiv heraus glauben machen, dass die Dinge sich zum Guten wenden.
Sie selbst antworteten in einem Interview mit dem Tagesspiegel auf die Frage, warum Sie die Zukunft so düster sehen: "Geben Sie mir einen Grund zu großer Heiterkeit und ich werde einstimmen." Dabei lieferten Sie doch selbst die Gründe dafür. Zum Beispiel skizzierten Sie uns Afghanistan als prosperierenden Markt. Heute, so ließen Sie uns wissen, ist Afghanistan unter Aufsicht der Organisation des Nordatlantikvertrags, kurz Nato genannt, der größte Heroin- und Opiumproduzent der Welt.
Sie waren es, der uns auch darauf aufmerksam machte, dass Esel die Wahlurnen durch blühende afghanische Landschaften trugen und Warlords dafür den Weg markierten. Erst durch Ihre Ausführungen verstand ich das große Unbehagen des russischen Präsidenten Putin gegenüber der NATO, die sich mit ihren ukrainischen Freunden anschickte, in unmittelbarer Nachbarschaft Stellung zu beziehen. Und hatten nicht Ihres Wissens nach erst die Amerikaner Saigon zu einem einzigen Puff verwandelt?
Die Globalisierung der Welt, sagten Sie, führte zu einer betrüblichen Provinzialisierung. Ich fürchte, lieber Herr Scholl-Latour, wenn ich Disney mit unserer zukünftigen Frankfurter Altstadt vergleiche, dann behalten Sie womöglich sogar Recht. Da Sie nun die Tür endgültig hinter sich zugeschlagen haben, wird mir heute schmerzlich bewusst, welche Tür sich für uns nie geöffnet hat. Sie waren Kriegsreporter, bestenfalls Welterklärer, leider kein Feuilletonist.
Während Sie die Kriegsgebiete unserer Welt bereisten, fesselte Europa ein Weltgeist, der, vorsichtig ausgedrückt, auch ein Verbrechen an unserer Landschaft ist. Was mögen, frage ich Sie, nachfolgende Generationen von Architekten denken, die unseren umbauten Raum von Millionen an Quadratmetern verrotteten Dämmungen kostenintensiv entsorgen werden müssen? Welche energiesparenden Modellrechnungen werden sie dabei noch verwenden können?
In Ihrer Welt dagegen waren die Positionen klar verteilt. Hier die Schurken, dort die Gauner. Noch dazu, Political Correctness war Ihre Sache nicht. Damit sind Sie mir sympathisch. Sie fänden mich sicherlich heute auch sympathisch, da ich feststelle, dass niemand in Frankfurt einen Arsch in der Hose hat, unseren Vertretern des Magistrats zu erklären, dass bereits durch die hirnrissigen Auflagen aus der EU sozialer Wohnungsbau schwer, im Passivhausbau aber tatsächlich unmöglich herzustellen ist.
Ich schließe mich deswegen Ihren Worten "Fuck the EU" an und wünsche Ihnen eine gute letzte Reise.
Hochachtungsvoll,
Ana Marija Milkovic
PS: Franz-Josef Wagners Brief finden Sie hier.
Sie waren der berühmteste Kriegsreporter Deutschlands. Jetzt sind Sie im Alter von 90 Jahren eines friedlichen Todes gestorben. Das ist gut für Sie, nur, mit Verlaub, was wird mit uns? Sie stammen noch aus der Generation, die den Tag mit einer Schusswunde begann und überlassen uns heute den Sesselfurzern, die uns aus dem Archiv heraus glauben machen, dass die Dinge sich zum Guten wenden.
Sie selbst antworteten in einem Interview mit dem Tagesspiegel auf die Frage, warum Sie die Zukunft so düster sehen: "Geben Sie mir einen Grund zu großer Heiterkeit und ich werde einstimmen." Dabei lieferten Sie doch selbst die Gründe dafür. Zum Beispiel skizzierten Sie uns Afghanistan als prosperierenden Markt. Heute, so ließen Sie uns wissen, ist Afghanistan unter Aufsicht der Organisation des Nordatlantikvertrags, kurz Nato genannt, der größte Heroin- und Opiumproduzent der Welt.
Sie waren es, der uns auch darauf aufmerksam machte, dass Esel die Wahlurnen durch blühende afghanische Landschaften trugen und Warlords dafür den Weg markierten. Erst durch Ihre Ausführungen verstand ich das große Unbehagen des russischen Präsidenten Putin gegenüber der NATO, die sich mit ihren ukrainischen Freunden anschickte, in unmittelbarer Nachbarschaft Stellung zu beziehen. Und hatten nicht Ihres Wissens nach erst die Amerikaner Saigon zu einem einzigen Puff verwandelt?
Die Globalisierung der Welt, sagten Sie, führte zu einer betrüblichen Provinzialisierung. Ich fürchte, lieber Herr Scholl-Latour, wenn ich Disney mit unserer zukünftigen Frankfurter Altstadt vergleiche, dann behalten Sie womöglich sogar Recht. Da Sie nun die Tür endgültig hinter sich zugeschlagen haben, wird mir heute schmerzlich bewusst, welche Tür sich für uns nie geöffnet hat. Sie waren Kriegsreporter, bestenfalls Welterklärer, leider kein Feuilletonist.
Während Sie die Kriegsgebiete unserer Welt bereisten, fesselte Europa ein Weltgeist, der, vorsichtig ausgedrückt, auch ein Verbrechen an unserer Landschaft ist. Was mögen, frage ich Sie, nachfolgende Generationen von Architekten denken, die unseren umbauten Raum von Millionen an Quadratmetern verrotteten Dämmungen kostenintensiv entsorgen werden müssen? Welche energiesparenden Modellrechnungen werden sie dabei noch verwenden können?
In Ihrer Welt dagegen waren die Positionen klar verteilt. Hier die Schurken, dort die Gauner. Noch dazu, Political Correctness war Ihre Sache nicht. Damit sind Sie mir sympathisch. Sie fänden mich sicherlich heute auch sympathisch, da ich feststelle, dass niemand in Frankfurt einen Arsch in der Hose hat, unseren Vertretern des Magistrats zu erklären, dass bereits durch die hirnrissigen Auflagen aus der EU sozialer Wohnungsbau schwer, im Passivhausbau aber tatsächlich unmöglich herzustellen ist.
Ich schließe mich deswegen Ihren Worten "Fuck the EU" an und wünsche Ihnen eine gute letzte Reise.
Hochachtungsvoll,
Ana Marija Milkovic
PS: Franz-Josef Wagners Brief finden Sie hier.
20. August 2014, 10.02 Uhr
Ana Marija Milkovic
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