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Gastbeitrag von Tobias Rehberger
"Frankfurt ist rough"
Wer holte Rehberger nach Frankfurt? Die Liebe. Wer holte ihn an die Städelschule? Das Bürgertelefon. Diese Anekdoten hat der Künstler 2010 fürs Journal aufgeschrieben – hier ist der Text erstmals online zu lesen.
Es war nicht die Städelschule, nicht die Kunstszene und auch nicht Thomas Bayrle, die mich 1987 nach Frankfurt lockten. Ich wusste nicht mal, dass es eine Städelschule gab. Ich kam aus Esslingen, und obwohl Frankfurt nicht weit von Stuttgart entfernt ist, kannte ich bis dahin Hamburg, München, Köln und Berlin. Frankfurt kannte ich nicht. Um Frankfurt machten viele einen Bogen, was zum Teil heute ja noch so ist. Ich zog hierher, weil meine damalige Freundin hier lebte, machte mich mit dem Auto auf den Weg, ohne Karte und genauere Informationen, stand schließlich am Eschenheimer Tor in einer Telefonzelle und beschrieb meiner Freundin, was ich so sah, damit sie mich abholen konnte. Sie machte sich auf den Weg, und ich pinkelte nach der langen Fahrt in eine Hecke. Wenn man so will, habe ich da in der Stadt meine erste Marke gesetzt. Weil ich neu in der Stadt war, spielten PflasterStrand und Auftritt natürlich eine wichtige Rolle. Wo geht man hin? Was passiert wo? Es gab ja kein Internet, man konnte nichts mal eben googlen. Ich erinnere mich noch an die Musik, Frankfurt war noch geprägt von Punk und Rock, die Batschkapp wurde gewissermaßen mein Hangout. Das änderte sich 1989/1990, als die elektronische Musik Frankfurt übernahm, der Sound of Frankfurt, das Dorian Gray und das Omen beeinflussten uns, und auch in anderen Städten wie Berlin wurde der Techno gefeiert. Doch in Frankfurt war die Musik immer ein Stückchen rougher, dreckiger auch, das verband sie mit der Stadt, in der sie entstand. Und das ist es auch, was mich an Frankfurt von Anfang an faszinierte. Ich mag den rauen Charme, das Direkte, das Nicht-Gemütliche. Klar, es gibt auch die Apfelweinkneipen, aber mich haben eher andere Ecken interessiert.
Der Künstler 1997 bei seiner Ausstellung im Portikus (im Hintergrund neben anderen: Kaspar König). Die Exponate im Bild sind heute auch wieder in der Schirn zu sehen. Foto: Harald Schröder.
Vielleicht hat die Stadt damit auch mehr meine Kunst beeinflusst, als ich weiß. Es geht in meinen Arbeiten ja gerade nicht darum, gemütlich und nett zu sein. Es sind die Gegensätze, die mich in Frankfurt seit 23 Jahren gehalten haben. Und noch etwas anderes: Ich kann hier gut arbeiten. In Stuttgart sagt man ja: Wer viel saufe kann, kann auch viel schaffe. In Berlin feiern die Leute vielleicht ein bisschen mehr, in Frankfurt arbeitet man vielleicht ein bisschen mehr. Aber es gibt ja überall beides. Damit ist die Stadt mein Fixpunkt geblieben, auch wenn ich in der Welt viel unterwegs bin, auch in Berlin jetzt wieder öfter, einer Stadt, der man sich als Künstler nicht ganz entziehen sollte. Was weiß ich, was die Zukunft bringt, wo ich in drei, fünf oder zehn Jahren sein werde. Ich weiß nur eins: keine Stadt hat einen Ort wie die Kleinmarkthalle. Auch nicht Berlin.
Auch heute schaue ich noch ab und an ins JOURNAL. Bei den Gastrokritiken bin ich vorsichtig, denn da habe ich manchmal eine ganz andere Meinung als die Redaktion. Aber wenn ich wissen will, welche Konzerte sich lohnen, greife ich zu. Ich erfahre viel über Frankfurt, wie 1987, als es noch zwei Stadtmagazine gab. Kenntnis von der Städelschule erlangte ich damals allerdings auf anderem Wege. Ich rief beim Bürgertelefon an und fragte, wo man denn hier Kunst studieren könne. Die Antwort kam prompt. So seltsam ist es manchmal im Leben.
Der Text erschien im Oktober 2010 anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Journal Frankfurt.
Beachten Sie zum Thema auch unsere aktuelle Titelstory.
Der Künstler 1997 bei seiner Ausstellung im Portikus (im Hintergrund neben anderen: Kaspar König). Die Exponate im Bild sind heute auch wieder in der Schirn zu sehen. Foto: Harald Schröder.
Vielleicht hat die Stadt damit auch mehr meine Kunst beeinflusst, als ich weiß. Es geht in meinen Arbeiten ja gerade nicht darum, gemütlich und nett zu sein. Es sind die Gegensätze, die mich in Frankfurt seit 23 Jahren gehalten haben. Und noch etwas anderes: Ich kann hier gut arbeiten. In Stuttgart sagt man ja: Wer viel saufe kann, kann auch viel schaffe. In Berlin feiern die Leute vielleicht ein bisschen mehr, in Frankfurt arbeitet man vielleicht ein bisschen mehr. Aber es gibt ja überall beides. Damit ist die Stadt mein Fixpunkt geblieben, auch wenn ich in der Welt viel unterwegs bin, auch in Berlin jetzt wieder öfter, einer Stadt, der man sich als Künstler nicht ganz entziehen sollte. Was weiß ich, was die Zukunft bringt, wo ich in drei, fünf oder zehn Jahren sein werde. Ich weiß nur eins: keine Stadt hat einen Ort wie die Kleinmarkthalle. Auch nicht Berlin.
Auch heute schaue ich noch ab und an ins JOURNAL. Bei den Gastrokritiken bin ich vorsichtig, denn da habe ich manchmal eine ganz andere Meinung als die Redaktion. Aber wenn ich wissen will, welche Konzerte sich lohnen, greife ich zu. Ich erfahre viel über Frankfurt, wie 1987, als es noch zwei Stadtmagazine gab. Kenntnis von der Städelschule erlangte ich damals allerdings auf anderem Wege. Ich rief beim Bürgertelefon an und fragte, wo man denn hier Kunst studieren könne. Die Antwort kam prompt. So seltsam ist es manchmal im Leben.
Der Text erschien im Oktober 2010 anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Journal Frankfurt.
Beachten Sie zum Thema auch unsere aktuelle Titelstory.
25. Februar 2014, 16.47 Uhr
Tobias Rehberger
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