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Satire und komische Kunst

Haderer im Caricatura: Urlaubsgrüße aus Lampedusa

Das Caricatura stellt Gerhard Haderer aus, den Meister der komischen Kunst. Am heutigen Mittwoch feiert das Haus die Eröffnung.
Gerhard Haderer gilt als ein Meister der komischen Kunst. Sein Schaffen umspannt verschiedene Ausdrucksformen vom Comic über den Cartoon bis hin zu großflächigen Ölgemälden, die dennoch manches gemein haben: Sie sind gesellschaftskritisch, hochpolitisch, bitterböse – und in der Regel alles auf einmal. Bis zum 17. September ist Haderer im Caricatura zu sehen, dem einzigen Museum für komische Kunst in Europa.

Caricatura - Das schönste Museum der Welt

Achim Frenz, Caricatura-Leiter, spricht denn auch vom „besten Museum der Welt“, mit der aktuell womöglich „schönsten Ausstellung“, wie Haderer unbescheiden ergänzt. „Anecken, Stören, provozieren“, umschreibt Frenz die Haltung des Karikaturisten, wobei in der heutigen Zeit die „Rebellion auf dem Papier umso wichtiger“ sei.

Und tatsächlich bekommt am Weckmarkt in der Altstadt von Haderer jeder, der es verdient hat, sein Fett weg. Denn das ist die Grundvoraussetzung: Verdient muss man es schon haben. Dennoch verweist er bezüglich Tabus auf selbst gesteckte Grenzen: „Mit dem Attentat auf Charlie Hebdo haben sich die Vorzeichen geändert.“

Gerhard Haderer im Caricatura: Fünf Ölgemälde – insgesamt 200 Exponate

Jener Terroranschlag am 7. Januar 2015, an dem zwölf Menschen ermordet wurden, ist auch Thema des 2,50 Meter auf 1,80 Meter großen Ölgemäldes „Der Tag danach“. Ein schwarz vermummter Attentäter mit Maschinengewehr findet sich umringt von zahllosen Buntstiften, die symbolhaft stehen für die Kunst, die dem Terror widerstehen wird. Oder ihn schlussendlich besiegt?

Terrorismus ist das eine Thema; Religion, Migration, der Klimawandel, soziale Ungerechtigkeit – oder einfach nur die Abgründe menschlichen Verhaltens sind andere. „Es wäre schön, die Mächtigen mit dem Bleistift in Grund und Boden zeichnen zu können“, sagt Haderer, und er sagt auch: „Das Verhalten der Menschen interessiert mich.“ Einst sei er in Angela Merkel verknallt gewesen, doch „seit die weg ist, gibt es keinen Grund mehr, sich anderen Einzelfiguren zuzuwenden“.




@Bernd Kammerer

Migration, Rechtsextremismus, Abgründe menschlichen Verhaltens – Haderer im Caricatura

Ebenfalls im Großformat ist der „Messias“ zu sehen, der dem Papst den Hintern versohlt. Oder das „Das Attentat“ (2012), das Adolf Hitler im Unterhemd zeigt, Kot auf dem Kopf und umringt von Polizeibeamten und dem Geheimdienst. Welche Rolle Blondi in dieser Gemengelage spielt – schauen Sie selbst. Bedrückend sind die „Urlaubsgrüße aus Lampedusa“, die ein mitteleuropäisches Paar auf einer aufblasbaren Sonneninsel zeigen, während im Hintergrund gekenterte Geflüchtete um ihr Leben schwimmen.

Überhaupt beschäftigt sich Haderer viel mit der Flüchtlingspolitik der EU und jener Österreichs, etwa als er im März 2021 ein 230 Quadratmeter großes Plakat des „Herzlosen Kanzlers“ Sebastian Kurz in die Wiener Öffentlichkeit platzierte. Oder in seinen Werken immer wieder auf ein unerreichbares Paradies verweist, das nur durch Stacheldraht erfahrbar wird.

200 Werke von Gerhard Haderer im Caricatura

200 Werke umfasst die Schau, in der es schwerfällt, einen persönlichen Favoriten herauszudeuten. Unter die Top 200 kämen sicherlich die Glatzen, des Lesens offenbar nicht mächtig, die sich doch bitte in Geduld üben mögen: „Mein Kampf erscheint bald als Hörbuch.“ Oder die drei Herrschaften in der Wüste, die pflichtschuldig vor einer einsamen roten Ampel verharren. Oder der traurige Dagobert Duck, der feststellen muss, dass es sich in einer goldenen Kreditkarte nicht baden lässt.

Die Welt des Gerhard Haderer ist nichts anderes als die Normalität seines Publikums in überzeichneter Form. Das ist nicht immer bequem-kuschelig, aber immer große Kunst.


Info_________________________________________________________

Die Eröffnung findet am Mittwoch, dem 5. April, um 18.00 Uhr auf dem Weckmarkt vor dem Caricatura Museum Frankfurt statt. Gerhard Haderer ist anwesend. Das Grußwort spricht Dr. Ina Hartwig (Kulturdezernentin), Maren Kroymann (Schauspielerin, Kabarettistin und Sängerin) sendet eine Videobotschaft. Musikalisch begleitet wird die Eröffnung von Attwenger. Anmeldung per E-Mail erbeten: caricatura.museum@stadt-frankfurt.de.
 
Fotogalerie:
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5. April 2023, 16.26 Uhr
Katja Thorwarth
 
Katja Thorwarth
Die gebürtige Frankfurterin studierte an der Goethe-Uni Soziologie, Politik und Sozialpsychologie. Ihre journalistischen Schwerpunkte sind Politik, politisches Feuilleton und Meinung. Seit März 2023 Leitung online beim JOURNAL FRANKFURT. – Mehr von Katja Thorwarth >>
 
 
 
 
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