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Frankfurter Romanfabrik
„Meine Frau hat den größeren Bücherstapel zu Hause liegen“
Seit November ist Gregor Praml neuer künstlerischer Leiter der Frankfurter Romanfabrik. Einen neuen Anstrich hat er ihr schon verpasst. Was bedeutet das für das Programm? Am 19. April gibt es ein „Fest zur (Wieder-) Eröffnung“.
Eigentlich wollte er Rockstar werden. Mit 14 begann er, Bass zu spielen. Jeff Ament von Pearl Jam war sein großer Held. Mit seiner Band Frantic spielte er Grunge, studiert hat er dann allerdings an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar E- und Kontrabass mit Schwerpunkt Jazz- und Popularmusik. Später folgte noch eine Masterclass in New York. Das sind drei wichtige Stationen, bittet man Gregor Praml um seinen Werdegang im Zeitraffer.
Alles Weitere ist eng mit Frankfurt verbunden. Etwa das Quartett Mi Loco Tango. „Ohne das Projekt wäre ich nicht so weit gekommen“, meint er. Gespielt wurde nicht nur der Nuevo Tango von Astor Piazzolla, sondern auch italienische Filmmusik von Nino Rota und Ennio Morricone. Opulente Orchestermusik, heruntergebrochen auf eine Klavier-Geige-Akkordeon-Bass-Besetzung. Das brachte Aufmerksamkeit. So lernte Praml auch Franco di Gemini kennen, den Mundharmonikaspieler von „Spiel mir das Lied vom Tod“, den er von einer Zusammenarbeit überzeugen konnte. Ein echter Coup.
Vom freien Journalisten zum Leiter der Romanfabrik: der „LOKA Listener“ als Türöffner zur Kulturszene
Neben seiner musikalischen Tätigkeit war Praml ab 2003 zwanzig Jahre als freier Redakteur beim Hessischen Rundfunk im Programm von hr2-kultur tätig. Seine Moderationserfahrung brachte er in eine Idee ein, die er unter dem Namen „The LOKAL Listener“ als Matinee im Lokal des Künstlerhauses Mousonturm realisieren konnte. Ein Gesprächskonzert-Format, zu dem Praml Musiker unterschiedlichster Genres einlud.
Ein charmanter Blick hinter die Kulissen. „Wenn mir Matthias Pees, der damalige Intendant des Hauses, nicht die Tür aufgemacht hätte, glaube ich nicht, dass ich heute hier sitzen würde und die Chance bekommen hätte, mich hier zu beweisen“, spielt Praml auf seine neue Rolle als künstlerischer Leiter und Geschäftsführer der Romanfabrik an. „Denn durch den „LOKAL Listener“ ist meine Vernetzung innerhalb der Kulturszene seit 2017 exponentiell größer geworden.“ Und er hat festgestellt, „dass ich auf eine Bühne gehen und moderieren kann, ohne dass mir das je jemand beigebracht hätte“. Diese Präsenz war einfach da. Eine glückliche Fügung.
Info
Gregor Praml wurde am 16.6.1974 in Offenbach geboren, wuchs in Dietzenbach und Götzenhain auf, ging zunächst auf das Heinrich-von-Gagern-Gymnasium in Frankfurt, dann ab der 9. Klasse in Paris zur Schule, kam über Hamburg nach Düsseldorf, wo er schließlich Abitur und Zivildienst gemacht hat. Seit 2000 ist er zurück in Frankfurt und lebt seit 2009 mit seiner Familie im Nordend.
„Riesenbezug zu Romanen“ dank Vater Willy Praml und dem Theater in der Naxoshalle
In seinem Portfolio fanden sich zudem bald zahlreiche Kompositionen für Theater-, Tanz- und Performance-Produktionen und die viel beachtete Konzertlesung „In Auschwitz gab es keine Vögel“ mit Autorin Monika Held. Denn wer Praml hauptsächlich als Musiker und Radiomann wahrgenommen hatte, fragte natürlich nach der Eignung für das neue Amt im Literaturbetrieb. Da kommt Pramls Vater Willy Praml mit seinem Theater in der Naxoshalle ins Spiel. „Ich habe natürlich durch das Theater einen Riesenbezug zu Romanen“, erklärt er. „Mein Vater ist jemand, der schon immer eine große Freude daran hatte, statt der klassischen Stoffe auch Romane auf die Bühne zu bringen. Da habe ich vieles mitbekommen.“
Aber er bekennt freimütig, selbst nie ein großer Leser gewesen zu sein. „Meine Frau hat den größeren Bücherstapel zu Hause liegen“, sagt er und lacht. „Sie freut sich natürlich, dass ich jetzt mit der neuen Aufgabe das Lesen wieder intensiviert habe.“ Mit seiner Frau Claudia, die als Leiterin Kommunikation im Museum Sinclair-Haus in Bad Homburg arbeitet und seit zwanzig Jahren seine Lebenspartnerin ist, hat er einen „unglaublich starken Austausch“ über alles, was sie tun. „Wir sind keine Menschen, die zu Hause irgendwie die Arbeit außen vorlassen, sondern sie ist eigentlich immer präsent.“
Die drei Säulen Text-Ton-Thema der Romanfabrik leben auch nach dem Tod von Michael Hohmann weiter
Als neuer künstlerischer Leiter fühlt sich Praml dem im Dezember 2022 unerwartet verstorbenen Kopf der Romanfabrik, Michael Hohmann, verpflichtet. Der hatte das Haus seit jeher auf drei Säulen gestellt, die er Text-Ton-Thema nannte. Diesem bewährten Konzept als Mischung aus Literatur, Musik und Themenabenden wird Praml neues Leben einhauchen.
Es gilt, sich noch mehr abzusetzen und das eigene Profil zu schärfen. „Ich muss ja nicht dem Literaturhaus oder dem Literaturforum Konkurrenz machen, mit dem, was sie gut machen, nämlich sehr gute Autorinnen und Autoren für Lesungen einzuladen“, sagt Praml. „Sondern ich kann hier die Chance ergreifen und an den richtigen Stellen Sachen miteinander verknüpfen.“ Etwa auf der Lesebühne „Lisa kommt nicht“. „Das ist der Versuch, die Leute aus der Poetry Slam-Szene einzuladen, hier regelmäßig etwas zu machen“, verrät Praml.
Viele weiter Ideen für die Nutzung der Räume der Romanfabrik in Frankfurt
Eine weitere Idee ist, die Räume der Romanfabrik, wenn sie nicht für Veranstaltungen genutzt werden, Musikern zum Proben zur Verfügung zu stellen. Erster Nutznießer ist das Frankfurter Jazz Collective FÄZZ. Die im Haus erarbeiteten Programme mit unterschiedlichen Gästen werden unter der Überschrift „FÄZZ am Freitag“ vierteljährlich zur Aufführung gebracht. Am 23. Februar gab es schon eine erste Konzertlesung: „Pearl Jam oder Du sollst keine gute Laune haben“ von Dirk Gieselmann.
Dazu lud Praml die Frankfurter Musiker Uncle Maze und Sepp’l Niemeyer ein, um mit ihnen die Musik der Grunge-Heroen zu spielen. So schließen sich die Kreise. Zwei weitere Konzertlesungen sind bis Sommer geplant, zudem Kooperationen mit der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt und den Nachbarn der Jungen Deutschen Philharmonie.
Info
Beim „Fest zur Wiedereröffnung“ am 19. April wird er u.a. Jan Cönig, FÄZZ, Leon Joskowitz, Gastone, Fee. und andere zu Gast haben, was die Nähe seiner Arbeit zur Musik und vor allem auch der regionalen Szene unterstreicht. Durch die langjährige Zusammenarbeit mit der Jazzinitiative Frankfurt kommen ohnehin nationale und internationale Künstler in die Hanauer Landstraße 186. Weitere Infos finden Sie HIER
Alles Weitere ist eng mit Frankfurt verbunden. Etwa das Quartett Mi Loco Tango. „Ohne das Projekt wäre ich nicht so weit gekommen“, meint er. Gespielt wurde nicht nur der Nuevo Tango von Astor Piazzolla, sondern auch italienische Filmmusik von Nino Rota und Ennio Morricone. Opulente Orchestermusik, heruntergebrochen auf eine Klavier-Geige-Akkordeon-Bass-Besetzung. Das brachte Aufmerksamkeit. So lernte Praml auch Franco di Gemini kennen, den Mundharmonikaspieler von „Spiel mir das Lied vom Tod“, den er von einer Zusammenarbeit überzeugen konnte. Ein echter Coup.
Neben seiner musikalischen Tätigkeit war Praml ab 2003 zwanzig Jahre als freier Redakteur beim Hessischen Rundfunk im Programm von hr2-kultur tätig. Seine Moderationserfahrung brachte er in eine Idee ein, die er unter dem Namen „The LOKAL Listener“ als Matinee im Lokal des Künstlerhauses Mousonturm realisieren konnte. Ein Gesprächskonzert-Format, zu dem Praml Musiker unterschiedlichster Genres einlud.
Ein charmanter Blick hinter die Kulissen. „Wenn mir Matthias Pees, der damalige Intendant des Hauses, nicht die Tür aufgemacht hätte, glaube ich nicht, dass ich heute hier sitzen würde und die Chance bekommen hätte, mich hier zu beweisen“, spielt Praml auf seine neue Rolle als künstlerischer Leiter und Geschäftsführer der Romanfabrik an. „Denn durch den „LOKAL Listener“ ist meine Vernetzung innerhalb der Kulturszene seit 2017 exponentiell größer geworden.“ Und er hat festgestellt, „dass ich auf eine Bühne gehen und moderieren kann, ohne dass mir das je jemand beigebracht hätte“. Diese Präsenz war einfach da. Eine glückliche Fügung.
Gregor Praml wurde am 16.6.1974 in Offenbach geboren, wuchs in Dietzenbach und Götzenhain auf, ging zunächst auf das Heinrich-von-Gagern-Gymnasium in Frankfurt, dann ab der 9. Klasse in Paris zur Schule, kam über Hamburg nach Düsseldorf, wo er schließlich Abitur und Zivildienst gemacht hat. Seit 2000 ist er zurück in Frankfurt und lebt seit 2009 mit seiner Familie im Nordend.
In seinem Portfolio fanden sich zudem bald zahlreiche Kompositionen für Theater-, Tanz- und Performance-Produktionen und die viel beachtete Konzertlesung „In Auschwitz gab es keine Vögel“ mit Autorin Monika Held. Denn wer Praml hauptsächlich als Musiker und Radiomann wahrgenommen hatte, fragte natürlich nach der Eignung für das neue Amt im Literaturbetrieb. Da kommt Pramls Vater Willy Praml mit seinem Theater in der Naxoshalle ins Spiel. „Ich habe natürlich durch das Theater einen Riesenbezug zu Romanen“, erklärt er. „Mein Vater ist jemand, der schon immer eine große Freude daran hatte, statt der klassischen Stoffe auch Romane auf die Bühne zu bringen. Da habe ich vieles mitbekommen.“
Aber er bekennt freimütig, selbst nie ein großer Leser gewesen zu sein. „Meine Frau hat den größeren Bücherstapel zu Hause liegen“, sagt er und lacht. „Sie freut sich natürlich, dass ich jetzt mit der neuen Aufgabe das Lesen wieder intensiviert habe.“ Mit seiner Frau Claudia, die als Leiterin Kommunikation im Museum Sinclair-Haus in Bad Homburg arbeitet und seit zwanzig Jahren seine Lebenspartnerin ist, hat er einen „unglaublich starken Austausch“ über alles, was sie tun. „Wir sind keine Menschen, die zu Hause irgendwie die Arbeit außen vorlassen, sondern sie ist eigentlich immer präsent.“
Als neuer künstlerischer Leiter fühlt sich Praml dem im Dezember 2022 unerwartet verstorbenen Kopf der Romanfabrik, Michael Hohmann, verpflichtet. Der hatte das Haus seit jeher auf drei Säulen gestellt, die er Text-Ton-Thema nannte. Diesem bewährten Konzept als Mischung aus Literatur, Musik und Themenabenden wird Praml neues Leben einhauchen.
Es gilt, sich noch mehr abzusetzen und das eigene Profil zu schärfen. „Ich muss ja nicht dem Literaturhaus oder dem Literaturforum Konkurrenz machen, mit dem, was sie gut machen, nämlich sehr gute Autorinnen und Autoren für Lesungen einzuladen“, sagt Praml. „Sondern ich kann hier die Chance ergreifen und an den richtigen Stellen Sachen miteinander verknüpfen.“ Etwa auf der Lesebühne „Lisa kommt nicht“. „Das ist der Versuch, die Leute aus der Poetry Slam-Szene einzuladen, hier regelmäßig etwas zu machen“, verrät Praml.
Eine weitere Idee ist, die Räume der Romanfabrik, wenn sie nicht für Veranstaltungen genutzt werden, Musikern zum Proben zur Verfügung zu stellen. Erster Nutznießer ist das Frankfurter Jazz Collective FÄZZ. Die im Haus erarbeiteten Programme mit unterschiedlichen Gästen werden unter der Überschrift „FÄZZ am Freitag“ vierteljährlich zur Aufführung gebracht. Am 23. Februar gab es schon eine erste Konzertlesung: „Pearl Jam oder Du sollst keine gute Laune haben“ von Dirk Gieselmann.
Dazu lud Praml die Frankfurter Musiker Uncle Maze und Sepp’l Niemeyer ein, um mit ihnen die Musik der Grunge-Heroen zu spielen. So schließen sich die Kreise. Zwei weitere Konzertlesungen sind bis Sommer geplant, zudem Kooperationen mit der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt und den Nachbarn der Jungen Deutschen Philharmonie.
Beim „Fest zur Wiedereröffnung“ am 19. April wird er u.a. Jan Cönig, FÄZZ, Leon Joskowitz, Gastone, Fee. und andere zu Gast haben, was die Nähe seiner Arbeit zur Musik und vor allem auch der regionalen Szene unterstreicht. Durch die langjährige Zusammenarbeit mit der Jazzinitiative Frankfurt kommen ohnehin nationale und internationale Künstler in die Hanauer Landstraße 186. Weitere Infos finden Sie HIER
13. April 2024, 11.00 Uhr
Detlef Kinsler
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22. November 2024
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