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documenta 16
Neue Findungskommission berufen
Nach dem Antisemitismus-Skandal rund um die documenta 15 wurde im Mai der empfohlene Verhaltenskodex veröffentlicht – unter Kritik. Nun steht auch die Findungskommission für die documenta 16 fest.
Update, 4. Juli: „Für die neue Findungskommission der documenta 16 konnten sechs herausragende internationale Expert*innen der zeitgenössischen Kunst gewonnen werden“, heißt es in einer neuen Pressemitteilung: Yilmaz Dziewior, Sergio Edelsztein, N'Goné Fall, Gridthiya Gaweewong, Mami Kataoka, und Yasmil Raymond wurden vom Aufsichtsrat auf Vorschlag der Geschäftsführung einstimmig berufen.
Kein Verhaltenskodex für Künstlerische Leitung
Update, 10. Mai: Der Weg für das Aufstellen einer neuen Findungskommission für die documenta 16 ist frei, heißt es in einer Pressemitteilung der documenta und des Museums Fridericianum. Im Zuge einer Managementberatung wurden fünf Empfehlungen für den zukünftigen Ablauf der Ausstellung aufgestellt, von denen drei nun umgesetzt werden: Die Findungskommission wird beibehalten und weiterhin auf Vorschlag der Geschäftsführung aufgestellt. Ein sechsköpfiger wissenschaftlicher Beirat wird eingerichtet, dessen Vorsitzende als beratendes Mitglied ohne Stimmrecht in den Aufsichtsrat aufgenommen wird. Außerdem wird es fortan ein Management Board geben, dem die Abteilungsleitungen sowie die Künstlerische Leitung angehören.
Entgegen der Empfehlungen wird es keine zwei „Codes of Conduct“ geben, sondern nur einen, dem die documenta und das Museum Fridericianum als Trägergesellschaft unterliegen – der Künstlerischen Leitung wird kein Verhaltenskodex auferlegt. Stattdessen soll sie im Veranstaltungslauf frühzeitig ihr künstlerisches Konzept vorstellen und ihr Verständnis von der Achtung der Menschenwürde und dessen Wahrung darlegen. Zudem wird der Aufsichtsrat nicht verkleinert.
Kritik kommt vonseiten der ehemaligen Kasseler SPD-Bürgermeister Hans Eichel, Bertram Hilgen und Wolfram Bremeier. Sie warnten in einer gemeinsamen Stellungnahme vor einer zunehmenden Bürokratisierung der documenta. Es bestehe die Gefahr, dass jegliche Kreativität zu ersticken drohe, heißt es darin unter anderem.
Brief an Documenta: „Intellektuelles Klima der Vereinfachung“
Update, 18. November: Nachdem die ehemaligen Mitglieder der documenta-Findungskommission, Simon Njami, Gong Yan, Kathrin Rhomberg und María Inés Rodríguez, ihren Rücktritt erklärt haben, wenden diese sich nun in einem Brief an die documenta. Der „Letter of resignation“ ist an documenta-Chef Andreas Hoffmann gerichtet.
„Wenn Kunst den komplexen kulturellen, politischen und sozialen Realitäten unserer Gegenwart Rechnung tragen soll, braucht sie angemessene Bedingungen, die ihre vielfältigen Perspektiven, Wahrnehmungen und Diskurse zulassen“, heißt es in dem Schriftstück. Weiter werde daran gezweifelt, dass diese Voraussetzungen „für eine kommende documenta-Ausgabe in Deutschland derzeit gegeben“ seien – und dies nach der „unwidersprochenen medialen und öffentlichen Diskreditierung unseres Kollegen Ranjit Hoskote“.
Documenta 16: Rückgetretene Findungskommission mit „Letter of resignation“
„Gleichzeitig läuft dieses Bewusstsein für die besondere Verantwortung aber auch Gefahr, für Meinungspolitik missbraucht zu werden, um unerwünschte Ansätze und deren breite und offene Diskussion von vornherein zu unterdrücken. An die Stelle von Debatte und Diskussion treten so allzu leicht Vereinfachungen und Vorurteile.“ Es sei ein seit der documenta15 vorherrschendes „emotionales und intellektuelles Klima der Vereinfachung komplexer Realitäten und der daraus resultierenden restriktiven Begrenzungen“, was es „uns gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Krisen unserer Welt unmöglich macht, ein starkes und signalhaftes Ausstellungsprojekt zu konzipieren und damit eine verantwortungsvolle Fortführung des Auswahlprozesses zur Bestimmung eines kuratorischen Konzepts für die documenta16 zu ermöglichen“.
Man halte es für „respektlos gegenüber dem Erbe der documenta, sich einfach mit der aktuellen Situation zufrieden zu geben“. Das vollständige Schreiben wurde auf e-flux Notes veröffentlicht.
Antisemitismus-Debatte: Documenta-Findungskommission tritt zurück
Erstmeldung: Nach der documenta 15 ist rund um die weltgrößte Schau zeitgenössischer Kunst nichts mehr wie es war. Der Antisemitismusskandal hatte die Ausstellung in Kassel 2022 überschattet, was sich insbesondere an dem indonesischen Kuratorenteam ruangrupa festmachte: Antisemitische Kunstwerke, BDS-nahe Kuratoren und Künstlerinnen standen im Fokus – aber auch ein Krisenmanagement beziehungsweise der Umgang mit Antisemitismusvorwürfen sowie mit Antisemitismus, der von Ignoranz, Verharmlosung und Abwehr geprägt war.
In der Vorbereitung auf die documenta 16 sollte nun alles besser werden. Doch nach den Rücktritten von der israelischen Künstlerin Bracha Lichtenberg Ettinger und dem Kunstkritiker und Kurator Ranjit Hoskoté löst sich die Findungskommission nun komplett auf. Hoskoté hatte ein Statement unterzeichnet, das die israelfeindliche BDS unterstützt.
Documenta 16 in Kassel: Findungskommission tritt zurück
In ihrer Pressemitteilung erklärt die documenta diesen Schritt unter anderem mit dem Terror der Hamas: „Unter dem Eindruck der Terrorattacken der Hamas am 7. Oktober 2023 und dem zunehmenden Antisemitismus in Deutschland sowie den polarisierten Debatten darum, ist der Arbeitsprozess der Findungskommission für die Künstlerische Leitung der documenta 16 in den vergangenen Wochen immer mehr unter Druck geraten“, heißt es.
Nach dem Rücktritt von Ettinger und Hoskoté seien verschiedene Konsequenzen diskutiert worden, es sei auch erwogen worden, mit zwei neuen Mitgliedern weiterzuarbeiten. Doch die verbliebenen Mitglieder Simon Njami, Gong Yan, Kathrin Rhomberg und María Inés Rodríguez hätten sich „schließlich in einer äußerst schwierigen Entscheidungsfindung dazu entschlossen, ihrerseits an dem Findungsprozess nicht mehr teilhaben zu wollen“.
Documenta 16 stellt sich neu auf
Der Findungsprozess für die documenta 16 wird entsprechend vollständig neu aufgesetzt. Der Zeitpunkt des Neubeginns ist aktuell noch nicht entschieden.
Update, 10. Mai: Der Weg für das Aufstellen einer neuen Findungskommission für die documenta 16 ist frei, heißt es in einer Pressemitteilung der documenta und des Museums Fridericianum. Im Zuge einer Managementberatung wurden fünf Empfehlungen für den zukünftigen Ablauf der Ausstellung aufgestellt, von denen drei nun umgesetzt werden: Die Findungskommission wird beibehalten und weiterhin auf Vorschlag der Geschäftsführung aufgestellt. Ein sechsköpfiger wissenschaftlicher Beirat wird eingerichtet, dessen Vorsitzende als beratendes Mitglied ohne Stimmrecht in den Aufsichtsrat aufgenommen wird. Außerdem wird es fortan ein Management Board geben, dem die Abteilungsleitungen sowie die Künstlerische Leitung angehören.
Entgegen der Empfehlungen wird es keine zwei „Codes of Conduct“ geben, sondern nur einen, dem die documenta und das Museum Fridericianum als Trägergesellschaft unterliegen – der Künstlerischen Leitung wird kein Verhaltenskodex auferlegt. Stattdessen soll sie im Veranstaltungslauf frühzeitig ihr künstlerisches Konzept vorstellen und ihr Verständnis von der Achtung der Menschenwürde und dessen Wahrung darlegen. Zudem wird der Aufsichtsrat nicht verkleinert.
Kritik kommt vonseiten der ehemaligen Kasseler SPD-Bürgermeister Hans Eichel, Bertram Hilgen und Wolfram Bremeier. Sie warnten in einer gemeinsamen Stellungnahme vor einer zunehmenden Bürokratisierung der documenta. Es bestehe die Gefahr, dass jegliche Kreativität zu ersticken drohe, heißt es darin unter anderem.
Update, 18. November: Nachdem die ehemaligen Mitglieder der documenta-Findungskommission, Simon Njami, Gong Yan, Kathrin Rhomberg und María Inés Rodríguez, ihren Rücktritt erklärt haben, wenden diese sich nun in einem Brief an die documenta. Der „Letter of resignation“ ist an documenta-Chef Andreas Hoffmann gerichtet.
„Wenn Kunst den komplexen kulturellen, politischen und sozialen Realitäten unserer Gegenwart Rechnung tragen soll, braucht sie angemessene Bedingungen, die ihre vielfältigen Perspektiven, Wahrnehmungen und Diskurse zulassen“, heißt es in dem Schriftstück. Weiter werde daran gezweifelt, dass diese Voraussetzungen „für eine kommende documenta-Ausgabe in Deutschland derzeit gegeben“ seien – und dies nach der „unwidersprochenen medialen und öffentlichen Diskreditierung unseres Kollegen Ranjit Hoskote“.
„Gleichzeitig läuft dieses Bewusstsein für die besondere Verantwortung aber auch Gefahr, für Meinungspolitik missbraucht zu werden, um unerwünschte Ansätze und deren breite und offene Diskussion von vornherein zu unterdrücken. An die Stelle von Debatte und Diskussion treten so allzu leicht Vereinfachungen und Vorurteile.“ Es sei ein seit der documenta15 vorherrschendes „emotionales und intellektuelles Klima der Vereinfachung komplexer Realitäten und der daraus resultierenden restriktiven Begrenzungen“, was es „uns gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Krisen unserer Welt unmöglich macht, ein starkes und signalhaftes Ausstellungsprojekt zu konzipieren und damit eine verantwortungsvolle Fortführung des Auswahlprozesses zur Bestimmung eines kuratorischen Konzepts für die documenta16 zu ermöglichen“.
Man halte es für „respektlos gegenüber dem Erbe der documenta, sich einfach mit der aktuellen Situation zufrieden zu geben“. Das vollständige Schreiben wurde auf e-flux Notes veröffentlicht.
Erstmeldung: Nach der documenta 15 ist rund um die weltgrößte Schau zeitgenössischer Kunst nichts mehr wie es war. Der Antisemitismusskandal hatte die Ausstellung in Kassel 2022 überschattet, was sich insbesondere an dem indonesischen Kuratorenteam ruangrupa festmachte: Antisemitische Kunstwerke, BDS-nahe Kuratoren und Künstlerinnen standen im Fokus – aber auch ein Krisenmanagement beziehungsweise der Umgang mit Antisemitismusvorwürfen sowie mit Antisemitismus, der von Ignoranz, Verharmlosung und Abwehr geprägt war.
In der Vorbereitung auf die documenta 16 sollte nun alles besser werden. Doch nach den Rücktritten von der israelischen Künstlerin Bracha Lichtenberg Ettinger und dem Kunstkritiker und Kurator Ranjit Hoskoté löst sich die Findungskommission nun komplett auf. Hoskoté hatte ein Statement unterzeichnet, das die israelfeindliche BDS unterstützt.
In ihrer Pressemitteilung erklärt die documenta diesen Schritt unter anderem mit dem Terror der Hamas: „Unter dem Eindruck der Terrorattacken der Hamas am 7. Oktober 2023 und dem zunehmenden Antisemitismus in Deutschland sowie den polarisierten Debatten darum, ist der Arbeitsprozess der Findungskommission für die Künstlerische Leitung der documenta 16 in den vergangenen Wochen immer mehr unter Druck geraten“, heißt es.
Nach dem Rücktritt von Ettinger und Hoskoté seien verschiedene Konsequenzen diskutiert worden, es sei auch erwogen worden, mit zwei neuen Mitgliedern weiterzuarbeiten. Doch die verbliebenen Mitglieder Simon Njami, Gong Yan, Kathrin Rhomberg und María Inés Rodríguez hätten sich „schließlich in einer äußerst schwierigen Entscheidungsfindung dazu entschlossen, ihrerseits an dem Findungsprozess nicht mehr teilhaben zu wollen“.
Der Findungsprozess für die documenta 16 wird entsprechend vollständig neu aufgesetzt. Der Zeitpunkt des Neubeginns ist aktuell noch nicht entschieden.
4. Juli 2024, 09.47 Uhr
ktho/sic
Katja Thorwarth
Die gebürtige Frankfurterin studierte an der Goethe-Uni Soziologie, Politik und Sozialpsychologie. Ihre journalistischen Schwerpunkte sind Politik, politisches Feuilleton und Meinung. Seit März 2023 Leitung online beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Katja
Thorwarth >>
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