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Deutsches Jazzfestival Frankfurt 2023
Lokales und Globales zum 70. Geburtstag
Im Sendesaal des Hessischen Rundfunks, dem Mousonturm und den Clubs der Stadt findet Ende Oktober wieder das „Deutsche Jazzfestival“ statt. Gefeiert wird dabei auch der 70. Geburtstag des Klassikers an fünf Abenden.
Man muss die Feste feiern, wie sie fallen. 2019 ging das „50. Deutsche Jazzfestival“ über die Bühnen der Stadt, in diesem Jahr wird der Festival-Klassiker 70 Jahre alt. Beides Gründe, ein Ausrufezeichen zu setzen. Bevor sie jetzt reklamieren, dass die Rechnung nicht aufgeht: „Das älteste in Kontinuität stattfindende Jazzfestival der Welt“ (Wikipedia) fand in den 1960er- bis in die 1980er-Jahre hinein „nur“ alle zwei Jahre statt. Aber lassen wir mal die 54 außen vor und konzentrieren uns auf die runde 70. „Seit 70 Jahren präsentiert das ,Deutsche Jazzfestival Frankfurt’ innovative Formationen der deutschen Szene, internationale Top-Stars und einmalige Festival-Projekte, die das Publikum exklusiv nur hier erleben kann“, meldet sich Festivalleiter Frank Lauber zu Wort. „Mit diesem inhaltlichen Dreiklang sowie der Clubnacht am Freitagabend, die die gelebte Jazzkultur in Frankfurt widerspiegelt, möchten wir dieses Jubiläum gebührend feiern.“
Der Sendesaal im Funkhaus am Dorn- busch wird dabei traditionsgemäß drei Mal bespielt: am Mittwoch, Donnerstag und Samstag. Zwei Mal ist dabei der hauseigene Klangkörper am Start. Am 28.10. ist die Schlagzeugerin Terri Lyne Carrington Gast der hr-Bigband. In ihrem Buch „New Standards – 101 Lead Sheets by Women Composers“ und dem zugehörigen Album „New Standards Vol. 1“ hat sie sich Komponistinnen gewidmet, die zu Unrecht im Schatten berühmter Männer standen. Ihre Arbeit darf durchaus als Ermunterung für die Geschlechtsgenossinnen verstanden werden. „Ich hatte zum Beispiel lange das Gefühl, dass ich nur erfolgreich werden könnte, wenn ich wie ein Mann spielen würde“, erinnert sich Carrington. „Wir versuchen also alle herauszufinden, wie es klingen würde, wenn man das nicht im Kopf hätte, wenn sich die Komponistinnen musikalisch und künstlerisch einfach von einem authentischen Ort aus entwickeln könnten, der sich nicht wirklich um die Akzeptanz dieser von Männern dominierten Kultur sorgen müsste.“ Können sieb- zehn Männer unter der Leitung von Jim McNeely dem spezifisch Weiblichen in den Stücken nachspüren?
Deutsches Jazzfestival Frankfurt: Eine anspruchsvolle Aufgabe für die Bigband
Schon am Mittwoch tritt die hr-Bigband mit LIUN + The Science Fiction Band auf. Sängerin Lucia Cadotsch und Wanja Slavin (Syn- thesizer, Saxophon) haben sich die Musik in einer Waldhütte in Brandenburg einfallen lassen. „Sie mäandert zwischen dunklen, eindringlichen Beats und fragilen melodischen Konturen. Wanjas komplexe, vielschichtige Arrangements werden mit Lucias offener und durchsichtiger Stimme kontrastiert, die das Durcheinander durchbricht“, hieß es zur Veröffentlichung des Albums.
Eine anspruchsvolle Aufgabe für die Bigband. Am selben Abend bringt der Frankfurter Torsten de Winkel „The Art of Uncertainty“ in den Sendesaal. Dafür hat der Gitarrist und musi- kalische Grenzgänger, der zudem E-Sitar und Elektronik einsetzt, ein Quintett mit Karim Ziad (Schlagzeug, Gesang, Gimbri), Gwilym Simcock (Piano), Kike Perdomo (Saxofon, Flöte) und Jonathan Cuñado (Bass) zusammengestellt. Damit bringt er den Geist seines „Bimbache openART Festivals“ auf der Kanareninsel El Hierro („Eine kleine gelebte Utopie“, wie er über das interkulturelle Treffen sagt) und nicht zuletzt des Gnawa-Festivals in Essaouira, auf das er jüngst eingeladen war, an den Main. Da konnte de Winkel tiefer in die faszinierende Kultur eintauchen. „Eine profunde Erfahrung, die mir eine Ahnung davon vermittelt hat, wieviel Substanz, Wissen und Weisheit in dieser Tradition noch zu entdecken und zu erleben sind. Mir fehlen ausnahmsweise mal die Worte.“ Das ist ein Wort.
„Deutsches Jazzfestival“ wieder in den Clubs der Stadt zu Gast, etwa im Jazzkeller
Am Freitagabend ist das „Deutsche Jazzfestival“ wieder in den Clubs der Stadt zu Gast, so im Jazzkeller, der Milchsackfabrik, dem Ono2. Die Fabrik Sachsenhausen präsentiert sich in ihrem Ausweichquartier, dem Netzwerk Seilerei. Die Jazz Initiative geht in Dr. Hoch’s Konservatorium. An deren alter Adresse in der Eschersheimer Landstraße 2, das Domizil der Anstalt von 1899 bis 1943, wurden bereits 1928 die ersten Jazzklassen weltweit initiiert. Dann sind Jazz Montez mit von der Partie und lassen J.Lamotta und Àbáse im Kunstverein Familie Montez auftreten. An diesem Abend wird außer- dem der Release der neuen „Jazz Montez presents Vol II“-Compilation gefeiert, auf dem die beiden Acts des Abends vertreten sind. Zum Festivalfinale im Mousonturm kommen – längst schon eine Tradition – Künstler aus der Londoner Postjazzszene (jedes Kind muss einen Namen haben). Auch Dave Okumu steht mit seinem The 7 Generations für Musik, die „Jazz-Spirit und Improvisation mit tanzbaren Beats und Songstrukturen verbindet“.
Info
Deutsches Jazzfestival Frankfurt, Ffm, verschiedene Orte, 25.-29.10, alle Infos unter www.hr2.de/veranstaltungen
Der Sendesaal im Funkhaus am Dorn- busch wird dabei traditionsgemäß drei Mal bespielt: am Mittwoch, Donnerstag und Samstag. Zwei Mal ist dabei der hauseigene Klangkörper am Start. Am 28.10. ist die Schlagzeugerin Terri Lyne Carrington Gast der hr-Bigband. In ihrem Buch „New Standards – 101 Lead Sheets by Women Composers“ und dem zugehörigen Album „New Standards Vol. 1“ hat sie sich Komponistinnen gewidmet, die zu Unrecht im Schatten berühmter Männer standen. Ihre Arbeit darf durchaus als Ermunterung für die Geschlechtsgenossinnen verstanden werden. „Ich hatte zum Beispiel lange das Gefühl, dass ich nur erfolgreich werden könnte, wenn ich wie ein Mann spielen würde“, erinnert sich Carrington. „Wir versuchen also alle herauszufinden, wie es klingen würde, wenn man das nicht im Kopf hätte, wenn sich die Komponistinnen musikalisch und künstlerisch einfach von einem authentischen Ort aus entwickeln könnten, der sich nicht wirklich um die Akzeptanz dieser von Männern dominierten Kultur sorgen müsste.“ Können sieb- zehn Männer unter der Leitung von Jim McNeely dem spezifisch Weiblichen in den Stücken nachspüren?
Schon am Mittwoch tritt die hr-Bigband mit LIUN + The Science Fiction Band auf. Sängerin Lucia Cadotsch und Wanja Slavin (Syn- thesizer, Saxophon) haben sich die Musik in einer Waldhütte in Brandenburg einfallen lassen. „Sie mäandert zwischen dunklen, eindringlichen Beats und fragilen melodischen Konturen. Wanjas komplexe, vielschichtige Arrangements werden mit Lucias offener und durchsichtiger Stimme kontrastiert, die das Durcheinander durchbricht“, hieß es zur Veröffentlichung des Albums.
Eine anspruchsvolle Aufgabe für die Bigband. Am selben Abend bringt der Frankfurter Torsten de Winkel „The Art of Uncertainty“ in den Sendesaal. Dafür hat der Gitarrist und musi- kalische Grenzgänger, der zudem E-Sitar und Elektronik einsetzt, ein Quintett mit Karim Ziad (Schlagzeug, Gesang, Gimbri), Gwilym Simcock (Piano), Kike Perdomo (Saxofon, Flöte) und Jonathan Cuñado (Bass) zusammengestellt. Damit bringt er den Geist seines „Bimbache openART Festivals“ auf der Kanareninsel El Hierro („Eine kleine gelebte Utopie“, wie er über das interkulturelle Treffen sagt) und nicht zuletzt des Gnawa-Festivals in Essaouira, auf das er jüngst eingeladen war, an den Main. Da konnte de Winkel tiefer in die faszinierende Kultur eintauchen. „Eine profunde Erfahrung, die mir eine Ahnung davon vermittelt hat, wieviel Substanz, Wissen und Weisheit in dieser Tradition noch zu entdecken und zu erleben sind. Mir fehlen ausnahmsweise mal die Worte.“ Das ist ein Wort.
Am Freitagabend ist das „Deutsche Jazzfestival“ wieder in den Clubs der Stadt zu Gast, so im Jazzkeller, der Milchsackfabrik, dem Ono2. Die Fabrik Sachsenhausen präsentiert sich in ihrem Ausweichquartier, dem Netzwerk Seilerei. Die Jazz Initiative geht in Dr. Hoch’s Konservatorium. An deren alter Adresse in der Eschersheimer Landstraße 2, das Domizil der Anstalt von 1899 bis 1943, wurden bereits 1928 die ersten Jazzklassen weltweit initiiert. Dann sind Jazz Montez mit von der Partie und lassen J.Lamotta und Àbáse im Kunstverein Familie Montez auftreten. An diesem Abend wird außer- dem der Release der neuen „Jazz Montez presents Vol II“-Compilation gefeiert, auf dem die beiden Acts des Abends vertreten sind. Zum Festivalfinale im Mousonturm kommen – längst schon eine Tradition – Künstler aus der Londoner Postjazzszene (jedes Kind muss einen Namen haben). Auch Dave Okumu steht mit seinem The 7 Generations für Musik, die „Jazz-Spirit und Improvisation mit tanzbaren Beats und Songstrukturen verbindet“.
Deutsches Jazzfestival Frankfurt, Ffm, verschiedene Orte, 25.-29.10, alle Infos unter www.hr2.de/veranstaltungen
20. Oktober 2023, 11.20 Uhr
Detlef Kinsler
Detlef Kinsler
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt. Mehr von Detlef
Kinsler >>
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Text: Christoph Schröder / Foto: © Harald Schröder
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